Kurztrip

Ja, ich oute mich: ich bin ein leidenschaftlicher Packungstextleser. Beim Frühstück oder Abendbrot die Kurzprosa auf Milchtüten, Cerealienschachteln oder Streichkäsebechern zu lesen, finde ich ebenso unterhaltsam wie informativ – und ich spare durch den Verzicht auf teure Presseerzeugnisse auch noch bares Geld. Die dort auch beworbenen kostenlosen Verbraucherhotlines habe ich – um Gerüchten entgegenzutreten – allerdings nie angerufen.

Dass Schriftsteller, um kreativ sein zu können, Alkohol oder Drogen hinzuziehen, ist spätestens seit Hemingway, Bukowski und Burroughs bekannt. Doch ich vermute, gerade die konzentrierte Kürze von Etikettentexten fordert auch von den Verfassern solch kreativer Juwelen oftmals diesen selbstzerstörerischen Tribut. Hier ein Zitat aus einem jüngst erschienenen Werk, veröffentlicht auf einer Weichspülerflasche (1,5 l):

Hoch in den tibetischen Bergen liegt die zeitlose Schönheit des antiken Königreiches Shangri-La. Zwischen schneebedeckten Gipfeln und klaren Bergseen begibt man sich auf eine sinnliche Reise durch die geheimnisvolle Duftwelt des Himalayas. Verwöhnen sie ihre Sinne mit [Produktname] Shangri-La, das sie in diese geheimnisvolle, unbekannte Duftwelt entführt.

Brillant. Ich habe zwar weder daran gerochen noch davon gekostet. Aber es scheint zu wirken.

Weiterführende Literatur:

  • ten Berge, J.: Breakdown or breakthrough? A history of European research into drugs and creativity. Journal of Creative Behavior 33(4), 257-276 (1999).
  • Ludwig, A. M.: Alcohol input and creative output. British Journal of Addiction, 85, 953-963, 1990.

Drogen
Foto: © Wonnsche / PIXELIO

Ein Kommentar

  1. Wenn man bedenkt, dass zu Flower-Power Zeiten man noch etwas rauchen musste, um solche Bilder vor Augen zu haben…

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