Bücherfragebogen [♂] – 18

18 Das Buch mit dem schönsten Cover, das du besitzt
Da fällt es mir wieder schwer, mich zu entscheiden. Die Literatur in meinen Bücherregalen kommt meist vergleichsweise schmucklos daher, aber diese beiden Schmökerbände lassen sich optisch nicht lumpen. In kirschrotes Leinen gebunden, mit einem aufkaschierten Fotodruck versehen und in tiefgeprägten silbernen Lettern beschriftet, präsentiert sich »Das Alice B. Toklas Kochbuch«.

Dabei stapelt der Titel ein wenig tief, denn es ist viel mehr als ein Kochbuch. Bei Alice B. Toklas und ihrer Lebensgefährtin, der Schriftstellerin Gertrude Stein, gaben sich von 1909 bis 1946 in Paris die bekanntesten Künstler und Literaten jener Zeit die Klinke in die Hand: Picasso, Matisse, Hemingway – und es wurde nach Herzenslust gekocht und getafelt. Kalorien waren kaum mehr als ein weit entferntes Fremdwort, es gab Austern, Hummer, Trüffeln, man schmolz pfundweise Butter, rührte Zucker in Sahne, buk feine Quiches und reichhaltige Tartes, doch nie plump und schwer, sondern stets mit aller Raffinesse, die die französische Küche zu bieten vermag. Den illustren Gästen der beiden Damen entsprechend enthält das Buch nicht nur Rezepte, sondern auch Aufnahmen aus dem privaten Fotoalbum, Geschichten, Anekdoten und Reiseberichte.

Das Buch wurde seit 1954 in verschiedenen Ausgaben verlegt, in der amerikanischen Originalausgabe fehlte allerdings ein Rezept, das erst in einer späteren britischen Version – und auch in dieser deutschen – abgedruckt wurde: ein auf zermörserten Trockenfrüchten, Gewürzen und Nusskernen basierendes Haschischkonfekt (»Kann jeder an einem Regentag schnell zusammenhauen«), das die Autorin als »unterhaltsame Erfrischung für die Damen vom Bridgeclub« empfiehlt. Mon dieu!

Der zweite Prunkband enthält größtenteils Fotos. Sehr, sehr, sehr bunte Fotos. Es ist die zuckersüß-kitschige, bisweilen ziemlich frivole Werkschau »Pierre et Gilles, Sämtliche Werke 1976 – 1996« aus dem für aufwendige Kunstpublikationen bekannten Taschen-Verlag. Die plastikglatte Perfektion und Liebe zum Detail in den Bildwelten Pierre et Gilles’ ist unerschöpflich. Zahllose Musiker, Schauspieler, Künstler, Fotomodelle und Freunde nahmen vor der Kamera des schwulen Duos Platz und ließen sich in den fantastischsten Kulissen und Posen fotografieren. Ein üppiger Bildband, der bei jedem Anschauen neue visuelle Delikatessen offenbart. Entprechend glamourös ist das Opus gestaltet: in den perlmuttgelben Schutzumschlag ist ein waffelartiges Rapportmuster geprägt und den Titel ziert als goldglänzendes Matrosentattoo ein Selbstportrait des Künstlerpaares. Zusätzlich sind die Buchseiten außen im Goldschnitt verziert. Mehr Glitter geht kaum. Und das ist auch gut so.

Der komplette Fragebogen im Überblick.

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Foto: © formschub