Für ein paar Tage durfte ich es mal wieder tun – einen privaten Kurztrip (in geschätzter Begleitung) in die britische Hauptstadt unternehmen. Das Wetter dort war trüb und kalt, aber trocken, so dass meiner Lieblingsbeschäftigung, dem Erkunden der Stadt per pedes und Tube, nichts im Wege stand. Eigentlich war ich willens, ein wenig zu shoppen, doch zur Form- und Farbgebung der aktuellen Herrenoberbekleidung und Schuhmode im Angebot der aufgesuchten Geschäfte fand ich diesmal keinen rechten Zugang (teils auch nicht zur Preisgestaltung, aber das kennt man ja von London). Zudem bot das graue Wetter wenig fotogenes Licht für schöne Schnappschüsse, weshalb auch das Fotografieren nahezu unterblieb.
Fündig wurden meine Konsumsensoren in der Haushaltswarenabteilung des legendären Warenhauses Harrods, wo ich für meine ganz in grün ausgestattete Küche einen farblich passenden Zwiebelhacker der Firma Zeal und einen patenten Wechselsparschäler von Joseph Joseph erstand. Kochwerkzeug, und noch dazu so schönes, kann ich eigentlich immer gebrauchen.
A propos Küche: Essen und Trinken mussten wir natürlich auch auf unserer Reise. Von vergangenen Aufenthalten in London gab es zwar noch genug »Stammlokale« (z.B. Browns), die wir auch diesmal wieder hochzufrieden besuchten, aber auch ein paar neue Adressen beeindruckten uns nachhaltig:
Die mit drei Niederlassungen in der Stadt vertretene Pub-Kette The Draft House, die sich der Vielfalt globaler Bierkultur verschrieben hat und in einem sehr geschmackvollen Ambiente je Filiale etwa 20 Fassbiere und 30 Flaschenbiere aus aller Welt ausschenkt (wir besuchten diejenige am südlichen Ende der Tower Bridge). Für Bierfreunde auf jeden Fall ein lohnenswerter Ort!
Die zweite Entdeckung war das karibische Restaurant Mango Room, nicht ganz so zentral, aber dafür nur wenige Meter entfernt von der Tube-Station Camden Town gelegen und somit bequem mit der schwarzen Northern Line erreichbar. Und wieder einmal wurde das Vorurteil widerlegt, es gäbe in London keine hervorragenden und trotzdem preiswerten Restaurants. In dem nicht zu großen, gemütlich eingerichteten Lokal hat man durch die verglaste Fassade einen schönen Ausblick auf die belebte Kentish Town Road. Der Service war freundlich und hoch aufmerksam und das Essen war delikat – denn wenn ein Fan gebratener Entenbrust nach dem Genuss der Roast Honey and Ginger Duck Breast with Sweet Potato Crisps and Juniper Berries Jus diese zur besten jemals genossenen kürt, dann will das schon was heißen. Ich entschied mich für die Platter of Sea Bass, Grilled Tiger Prawns and Scallops with Papaya Sambale and Fried Cassava und wurde ebenfalls nicht enttäuscht. Besonders angetan war ich von den frittierten dicken Stäbchen Cassava (Maniok), so ganz anders als Pommes Frites: leichter, fluffiger, trotzdem knusprig und ausgesprochen lecker. Wurde sofort auf der To-Nachkoch-Liste vermerkt.
Damit London schließlich nicht gleich wieder kulinarisch verblasst, kamen ins Heimgepäck zum Schluss noch zwei kleine, typisch britische Melton Mowbray Pork Pies zum Aufbacken aus der unvergleichlichen Harrods Food Hall. Soeben, vor dem Verfassen dieses Blogbeitrags habe ich sie genossen – und damit sofort meinen Wunsch wiederbelebt, eine dieser köstlichen Pasteten einmal selbst zuzubereiten. Schon beim letzten London-Besuch hatte ich mir zu diesem Zweck ein opulentes Kochbuch gekauft, aus dem ersichtlich wurde, dass man sich für die Zubereitung entweder einen Tag Urlaub nehmen oder ein halbes Wochenende aufbringen muss – auch wenn das unten eingebundene, sehr anschauliche Video den Herstellungsprozess in nur 10 Minuten zu zeigen vermag. Das ist wahres Slow Food.
Ach, London, Du schmeckst mir jedes Mal wieder.
Oh wie schön! Doch erst gestern habe ich gemerkt, wie lange ich schon zuhause bin in dem Wissen, wie hervorragend man in London und südlich davon essen kann. Ein Arbeitskollege ließ im Nebensatz fallen, „aber das Essen kann man in England ja eh vergessen“ und ich schaute ihn so fassungslos an als hätte er behauptet, in Italien scheine ja eh nie die Sonne. Ich hatte tatsächlich vergessen, dass es dieses Vorurteil gibt.
Für mich selbst existiert das Vorurteil nach einem runden Dutzend England-/Schottlandurlauben inzwischen auch nicht mehr. Aber wie heißt es so schön: „Keep spreading the word” …