Foto-WWWerkzeugkasten für die Hosentasche

Das Knipsen und Hochladen kurioser oder bemerkenswerter Alltagsschnappschüsse mit dem Smartphone zu Twitter, Facebook, Google plus oder ins eigene Blog ist inzwischen längst ein Massenhobby. Meist entstehen solche Fotos unter mehr als ungünstigen Bedingungen: mit wenig Zeit auf dem Weg von A nach B, aus fahrenden Verkehrsmitteln oder im Gehen fotografiert, unter schlechten Lichtverhältnissen, mit wackeliger Hand, aus ungünstigen Perspektiven oder mit unschönen Reflexionen, Schatten oder Störungen im Bild. Vielen Postern ist das egal, sie belassen es dabei und laden ihre Motive einfach so hoch oder bügeln mit Instapaper einen fancy Stylingfilter drüber, der solcherlei kaschiert.

Ich als Grafik-Designer hab es gern ein bisschen hübscher und möchte meine Bilder meist – ohne sie zu verfälschen – ein bisschen optimieren. Um so erstaunter bin ich, dass es unter den hunderttausenden Apps fürs iPhone bislang noch keine einzige gibt, deren Bildbearbeitungsfunktionen speziell auf die Korrektur solcher »Unterwegsbilder« zugeschnitten ist. Insbesondere die folgenden Funktionen sind aus meiner Sicht dafür am nützlichsten:

  • Perspektivkorrektur
  • Weißabgleich für Fotos in farbigem oder künstlichem Licht
  • Scharfzeichnung und Rauschentfernung
  • Korrektur von Tonwerten und Kontrasten, selektiv für Tiefen, Mitteltöne und Lichter
  • Rote-Augen-Filter für Personenaufnahmen mit Blitzlicht
  • Einfacher Retuschestempel zum Beseitigen von störenden Details
  • Resizing von Fotos auf gängige kleinere Formate (z.B. 640 x 480 px oder 800 x 600 px)
  • Styling-Filter (z.B. für Schwarzweiß-, Sepia-, Retro- oder Polaroid-Optik
  • Direktes Sharing-Interface zu Twitter, Facebook und Co.

Da es meines Wissens (noch) keine einzelne App gibt, die all das elegant bündelt, habe ich mir im Apple AppStore ein kleines Set an Apps zusammengestellt, mit denen ich einzeln sehr zufrieden bin und die diese Funktionen zumindest separat zur Verfügung stellen. Hier meine Empfehlungen für den anspruchsvollen Hosentaschenreporter:

  • Camera+ ergänzt die implementierte Kamera-App des iPhone um einige interessante Funktionen wie einen Bildstabilistator gegen Verwackeln, einen Auslösetimer oder Serienaufnahmen.
  • Mit FrontView (inzwischen nicht mehr erhältlich) kann man problemlos die perspektivischen Verzerrungen, z.B. bei Fotos von Plakaten, Gebäuden oder Schildern korrigieren (siehe Foto unten), auch eventuelle Verzerrungen in den Seitenproportionen lassen sich anschließend mit einem Fingertipp eliminieren.
  • Photogene² (inzwischen nicht mehr erhältlich) ist das bisher mächtigste Smartphone-Tool zur nachträglichen Bildbearbeitung, das ich kenne. Die Möglichkeiten zum Optimieren und Korrigieren von Fotos direkt auf dem iPhone sind großartig, das Interface extrem intuitiv. Alle testweise vorgenommenen Bearbeitungen lassen sich rückgängig machen. Enthalten sind Tools zum Zuschneiden, Drehen, Einstellungen für Helligkeit, Kontrast, Weißabgleich, Farbton, Schärfen, Entrauschen, jede Menge Stylingfilter, Rahmen, Rote-Augen-Filter, Retuschestempel und sogar ein Textwerkzeug zum Einfügen von Beschriftungen in Fotos. Zum Export sind Schnittstellen zu Twitter, Facebook, Flickr, Dropbox und Picasa enthalten, ebenso zum Transfer via FTP und E-Mail. Grandios!
  • Mit der App TiltShiftGen (inzwischen nicht mehr erhältlich), die ich hier im Blog bereits früher schon einmal anpries, kann man selbstgeknipsten Panoramen und Stilleben den aus Werbekampagnen bekannten »Modellbauwelt-Effekt« hinzufügen. Auch das kann an sich unspektakuläre Fotos deutlich aufwerten.

Update:

  • Nicht unbedingt Bildbearbeitung, aber dennoch nützlich, wenn man lediglich den Text von einem Schild, Plakat oder Zettel posten möchte, ohne das geknipste Bild hochzuladen: Die Zeichenerkennungs-App Mobile OCR Pro (inzwischen nicht mehr erhältlich) macht diesen Job sehr anständig. Ich habe den aus freier Hand abgelichteten A4-Ausdruck eines Briefes (nach einer Kontrastverstärkung mit der obengenannten App Photogene²) damit verarbeiten lassen und musste gerade mal an drei Stellen den erkannten Text nachbessern. Die App stellt den Text nach Erkennung für die Zwischenablage zur Verfügung, so dass man sie einfach in Postings, Blogeinträge oder E-Mails einfügen kann. Ebenfalls eine Empfehlung!

Wie immer freue ich mich natürlich auf weitere App-Tipps zum Thema in den Kommentaren …

FrontView
Ein Screenshot der App »FrontView« (links) und das entzerrte Foto (rechts)

4 Kommentare

  1. mir gefällt das unkorrigierte, „verzerrte” aber viel, viel, viel besser. das andere finde ich langweilig, öde, korrekt und blöd.

    1. Hier häufen sich also die Widerworte … Pah! * Haare divenhaft nach hinten werf *
      Ich finde, es kommt auf das Motiv an, manchmal ist der schräge Schnappschuss schöner, aber wenn ich z. B. eine tolle neue Schrift sehe und die frontal und im Detail mal als typographisches Fundstück präsentieren möchte, ist mir die nüchternere Abbildungsweise lieber.

  2. Nenn‘ mich Banause, ich mag das schraege Ding lieber 🙂 Und leider kein Tipp, sorry. just a random comment. Abgesehen davon: Tolles blog.

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