Wir befinden uns im Check-In-Bereich des Flughafens einer deutschen Großstadt. Ein Passagier wartet in der Schlange vor einem Schalter der Billig-Fluglinie »Air Dumping« auf seine Abfertigung.
Serviceperson: Der Nächste, bitte!
Passagier (tritt vor zum Check-In-Schalter): Hallo. Ich möchte für den Flug nach Brimborien einchecken.
Serviceperson: Dann bräuchte ich bitte Ihren Pass oder Ausweis und Ihren ausgedruckten Online-Check-In-Beleg. Sie haben ihn doch ausgedruckt und bei sich? Ansonsten muss ich Ihnen 30 Euro Ausdruckgebühr in Rechnung stellen …
Passagier: Jaja, hab ich … (legt die Dokumente auf den Schalter)
Serviceperson (tippt): Möchten Sie Gepäck aufgeben? Oder reisen Sie nur mit Handgepäck?
Passagier: Ja, meinen Koffer hier, bitte.
Serviceperson (tippt): Sie haben ihn hoffentlich bei der Onlinebuchung eingecheckt? Wenn nicht, müssen Sie ihn jetzt einchecken, das kann teuer werden. Hier am Schalter fallen für 15 kg Gepäck 60 Euro und für 20 kg …
Passagier (unterbricht): Ja, habe ich. 15 kg. Hier. (stellt seinen Koffer auf das Fließband)
Serviceperson (tippt und fertigt beflissen den Koffer ab): Ihr Handgepäck darf höchstens 10 kg wiegen und muss in das Gestell dort passen (zeigt hinter den Passagier), ansonsten müssen Sie es aufgeben. Das kostet allerdings richtig extra!
Passagier: Jaja, nein, ich habe nur diese kleine Tasche …
Serviceperson (tippt): Fein. Wann haben Sie vor diesem Flug die letzte Mahlzeit zu sich genommen?
Passagier: Wie bitte?
Serviceperson: Ja nun, die eingenommenen Speisen der Fluggäste sind auch Gewicht, das läppert sich alles zusammen, wir kriegen unser Kerosin ja nun auch weiß Gott nicht geschenkt. Also?
Passagier (murmelt): Darf ja wohl nicht wahr sein, das. (Zur Serviceperson): Heute morgen, also … äh, vor drei Stunden, ein Milchbrötchen und eine Tasse Pfefferminztee. Mit etwas Butter … also – das Brötchen …
Serviceperson (tippt): Schon gut, das geht in Ordnung. Stuhlgang?
Passagier (entgeistert): Was???
Serviceperson: Ist ja nicht so, dass das nichts wiegt. Der menschliche Darm ist insgesamt fast acht Meter lang, da passt einiges rein. Insbesondere bei denjenigen, die zu Obstipation …
Passagier (unterbricht ungehalten): Ich verstehe schon. Gestern abend, vor dem Zubettgehen. Und vorhin war ich klein, falls Sie das auch interessiert.
Serviceperson (amüsiert): Sie Fuchs, das hätte ich jetzt als Nächstes gefragt.
Passagier: War’s das jetzt? Kann ich dann …
Serviceperson (streng): Einen Moment Geduld müssen Sie schon noch haben, ich bemühe mich hier ja wirklich, alles so schnell wie möglich zu organisieren, aber ich habe auch nur zwei Hände. Ihre Brille, bitte.
Passagier: Was ist denn jetzt noch mit meiner Brille?
Serviceperson: Sie glauben gar nicht, was uns der Trend mit diesen affigen Hipsterbrillen letztes Jahr gekostet hat. Klobige, dicke Horngestelle und dann womöglich noch die dicken Gläser mit sechs Dioptrien drin. Bei 130 Passagieren kommen da einige Kilo zusammen … das ist auch Gewicht. Darf ich? (hält die Hand auf)
Passagier (kopfschüttelnd): Ich glaube es nicht, aber in Gottes Namen … hier. (gibt ihr die Brille)
Serviceperson (legt die Brille auf eine kleine Tischwaage): 39 Gramm, haarscharf (lacht). Ab 40 Gramm hätte ich Ihnen 10 Euro Optikzuschlag berechnen müssen, Sie Glückspilz. (gibt ihm die Brille zurück)
Passagier (spöttisch): Na super. Noch was?
Serviceperson (tippt): Zwei winzige Kleinigkeiten. Würden Sie bitte noch kurz den Inhalt Ihrer Hosen- und Jackentaschen hier in die Waagschale legen? Sie glauben gar nicht, was manche Leute alles am Handgepäck vorbeischmuggeln … ich könnte Ihnen da Geschichten erzählen …
Passagier: Nee, das nicht auch noch. Unser Interview hier reicht mir auch so! (knallt die Sachen auf die Waage)
Serviceperson: Nanana, nicht so ungehalten. Ich war doch die ganze Zeit freundlich zu Ihnen, ich mache hier schließlich auch nur meinen Job. Sie wollen doch nicht, dass ich meine Kollegen von der Flughafensicherheit rufe? (liest die Anzeige der Waage ab und tippt) 320 Gramm, das macht dann noch einmal 6 Euro Pocket-Upgrade …
Passagier (schnaubt leise): Pocket-Upgrade …
Serviceperson (tippt): Na also. Und nicht, dass Sie denken, wir achten nur bei unseren Passagieren auf sowas. Unsere Piloten zum Beispiel bekommen eine besondere Diät, jedes Pfund auf den Rippen kostet wertvollen Treibstoff. Und in den Aufenthaltsräumen für das Begleitpersonal mischen wir der Atemluft ein Quentchen Helium bei, selbst das macht sich auf Langstreckenflügen bemerkbar … dürfte ich Ihren Becher kurz sehen?
Passagier: Bitte?
Serviceperson: Laut Absatz 44.1 b unserer Beförderungsbedingungen sind die Passagiere verpflichtet, für die On-Board-Verpflegung mit Getränken ein eigenes, sauberes Trinkgefäß mitzuführen und nach dem Flug wieder mit sich zu nehmen. Wir sind schließlich eine Airline und kein Fünf-Sterne-Restaurant. Trotzdem bieten wir unseren Kunden natürlich an Bord ein reichhaltiges Angebot an Heiß- und Kaltgetränken ab 8 Euro, Bier, Wein und Spirituosen sind natürlich zuschlagpflichtig.
Passagier (leise, lethargisch): Zuschlag … zuschlagen … jaaa! Äh – ich habe keinen Becher …
Serviceperson (heiter): Das macht ü-ber-haupt nichts. Sie können an Bord Polypropylen-Mugs mit unserem Airline-Logo für nur 5 Euro käuflich erwerben. Den müssen Sie allerdings am Zielort mit von Bord nehmen, sonst wird er Ihrem Platz zugeordnet und kostenpflichtig an Ihre Heimatadresse geschickt. Schließlich haben Sie ja dafür bezahlt!
Passagier (beherrscht): Bezahlt. Ja. Bezahlt. Ich habe das Gefühl, das ist das Einzige, was ich seit zehn Minuten tue: bezahlen. Dies kostet extra, das kostet extra, hier ein Aufschlag, da eine Gebühr. Ist ja unglaublich! Und Sie nennen sich »Billig-Airline«, ich fasse es nicht! Ein Wunder, dass unser Gespräch hier kostenlos ist.
Serviceperson: Sagen Sie das nicht, es gibt Überlegungen … aber wir sollten wirklich zum Ende kommen, auch, weil Sie so ungehalten sind. Was glauben Sie denn, warum wir unsere Flüge so günstig anbieten können? Weil wir uns jeden Service quasi vom Munde absparen! Hocheffizient ist das. Hier, Ihre Bordkarte. Ich wünsche Ihnen einen guten Flug. Trotz allem.
Passagier: (grummelt und entfernt sich vom Schalter)
Flughafenlautsprecher (gongt): Achtung, eine Durchsage für die Passagiere des Fluges WTF 327 nach Brimborien. Aufgrund technischer Probleme mit der Maschine am Flughafen des letzten Landepunktes wird sich die Bereitstellung der Maschine auf unbestimmte Zeit verzögern. Wir bitten die Passagiere, sich in der Passenger Lounge von Air Dumping einzufinden, wo sie gegen eine geringe Eintritts- und Verpflegungsgebühr …
(der Rest der Ansage geht im Lärm eines tobenden Passagiers unter, der versucht, mit seinem Handgepäck laut schreiend den Lautsprecher von der Decke der Abflughalle zu werfen und augenblicklich in ein Handgemenge mit zwei vierschrötigen Sicherheitsleuten verwickelt wird)
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