Der Deutsche liebt sein Automobil. Es bietet ihm Unabhängigkeit, Freiheit und modernes Lebensgefühl. Und glücklicherweise ist die prototypische und zukunftsgerichtete deutsche Stadt auch perfekt auf das Auto zugeschnitten. Mehrspurige, breite Straßen, unzählige Ampeln, tausende Verkehrsschilder, geräumige Kreuzungen, großzügige Brücken, üppige Unterführungen, gut ausgebaute Tunnel und ausgedehnte Stadtautobahnen machen aus Deutschlands Städten und Metropolen pulsierende Zentren urbaner automobiler Kultur. Reichlich verfügbarer gebührenpflichtiger sowie kostenloser Parkraum rundet das Angebot für Pkw-Nutzer ab – und wem das nicht reicht, der kann erfinderisch werden, denn für den findigen Automobilisten bieten sich darüber hinaus Dutzende weiterer Gelegenheiten auf Gehwegen, Radstreifen, in Einfahrten, Feuerwehrzufahrten und Ladezonen, um den geliebten Pkw abzustellen.
Diese Möglichkeiten zum Abstellen des Autos sind in unseren dicht besiedelten Städten essenziell. Denn ein Pkw steht pro Tag im Schnitt 23 von 24 Stunden ungenutzt herum. Genau dieses Missverhältnis aber bereitet vielen Menschen, die auf ein Auto angewiesen sind, in Zeiten steigender Preise und grassierender Inflation große Sorgen. Sie müssen Kredite für die Anschaffung des Wagens aufnehmen oder hohe Leasingraten bezahlen. Die Kaufpreise für Neu- und Gebrauchtwagen steigen kontinuierlich. Kostete etwa ein VW Golf I im Jahr 1974 noch rund 8.000,– DM, werden inzwischen für einen Golf VIII schon fast 30.000,– € fällig. Doch nicht alles an diesem Preisanstieg kann der reinen Teuerung angelastet werden, denn die Fahrzeuge wurden auch über alle Klassen hinweg seit Jahrzehnten immer größer, leistungsstärker, komfortabler und sicherer: bessere Motoren, hochwertigere Ausstattung, komplexe Elektronik und Produktionsqualität »made in Germany« haben eben ihren Preis. Dazu kommen noch die Betriebskosten – sei es für Wartung und Reparatur, Spritkosten, Versicherung, Mitgliedschaft im Automobilclub, Reifenwechsel oder Zubehörteile.
Davon sind inzwischen zahlreiche Menschen überfordert. Sie sehen es weder ein noch können sie es finanziell stemmen, sich ein kraftvoll motorisiertes, fahrbereites, zeitgemäßes und sicheres Fahrzeug anzuschaffen, nur um es dann den Großteil des Tages am Straßenrand oder in der Garage herumstehen zu lassen. Doch nun verspricht ein großer deutscher Autokonzern Abhilfe. Gemeinsam mit Markt- und Trendforschern, Designern, Ingenieuren und Technikern wurde jetzt ein innovatives, zukunftsweisendes Konzept entwickelt, das großes Einsparpotenzial für alle Autofreunde birgt, die mit dem Kosten-Nutzen-Verhältnis bisheriger Pkw hadern oder an der Finanzierung zu knabbern haben: Das »Nownomobil« kommt!
Was ist das? Nun, es ist ein modern und komfortabel ausgestattetes Auto normaler Pkw-Größe, bei dem konsequent auf alle technischen Komponenten verzichtet wurde, die es während der statistisch zu erwartenden Standzeit auf seiner zugewiesenen Parkfläche schlicht nicht benötigt. Bei einem Nownomobil stellen sich beispielsweise von Anfang an nicht die Fragen »Diesel oder Benziner?«, »Verbrenner, Hybrid oder Elektro?«, denn es besitzt weder Motor, Tank oder Getriebe noch Räder, Reifen oder einen Airbag. Im Innenraum konnte durch den Verzicht auf Lenkrad, Rückspiegel und Armaturenbrett ein angenehm geräumiges und komfortables Ambiente geschaffen werden. Bei der Innenausstattung wurde an nichts gespart: je nach Ausstattung sind bequeme und ergonomische Sitze für zwei bis sechs Passagiere, wahlweise bezogen mit weichem Leder oder pflegeleichtem Stoff, erhältlich. Die leistungsfähige Klimatisierung sorgt auch beim Stand während heißer Sommer für angenehme Temperaturen und an kalten Wintertagen für wohlige Wärme. Alle Seitenfenster sind motorgesteuert versenkbar, so dass auch ein frischer Luftzug jederzeit hereinströmen darf. An trüben Tagen oder nachts kann eine angenehme indirekte Beleuchtung aktiviert werden, es gibt lichtstarke, auf die Sitzplätze fokussierte LED-Leseleuchten und das moderne Multimedia-Entertainmentsystem bietet allen Insassen einen Audio- und Videogenuss der Spitzenklasse – denn da der Wagen ohnehin steht und es auch keinen klassischen »Fahrer« gibt, können alle bedenkenlos jederzeit aufs Display schauen! Die Stromversorgung des Nownomobil wird entweder durch einen tragbaren Akku in einem leicht zu entnehmenden Gehäuse oder, in der heimischen Garage, durch einen Kabelanschluss an eine haushaltsübliche Schukosteckdose gewährleistet. Im geräumigen Kofferraum ist genug Platz für Proviant, Spiele und anderes Gepäck und im optional temperierbaren Handschuhfach lassen sich etliche kleinere Gegenstände für den spontanen Bedarf verstauen.
Auch von außen kann sich das Nownomobil sehen lassen: die stromlinienförmige Formgebung und die großflächigen Panoramafenster vermitteln Eleganz, Hochwertigkeit und Prestige. So muss sich der abgestellte elegante Schlitten nicht im geringsten neben seinen daneben geparkten rollenden Konkurrenten verstecken. In der Palette von insgesamt elf erhältlichen Lackierungen, davon sieben geschmackvolle Basistöne und vier trendstarke Effektfarben, ist für jeden Autofreund von Klassik bis Avantgarde etwas dabei.
Das beste ist jedoch der Preis: Durch den konsequenten Verzicht auf alle sonst für »Mobilität« verschwendeten Komponenten beginnt der UVP für das Nownomobil bereits bei sagenhaften 6.500,– EUR. Die Luxusvariante mit extra Kofferraumvolumen und motorisch bedienbarem Sonnendach schlägt mit knapp 11.000,– EUR zu Buche. Der Hersteller verspricht sich von seinem Vorstoß in diese Marktlücke einen echten Erfolg bei kostenbewussten Autokunden. Auf Wunsch kann der geplante Stellplatz für das Nownomobil bereits bei der Bestellung angegeben werden und bei Auslieferung erfolgen dann Transport und Abladung direkt bis zur gewünschten Parkfläche. In wenigen Tagen soll bundesweit ein Werbespot auf allen medialen Kanälen die Aufmerksamkeit potenzieller Käufer wecken. Als Kampagnen-Soundtrack fungiert ein Klassiker im neuen Gewand: »I’m still standing«, 1983 geschrieben von Elton John und nun eigens als zeitgemäße Cover-Aufnahme komplett neu produziert und stimmgewaltig ins Jahr 2023 katapultiert von Sarah Connor.
Die ersten 3.000 Käufer erhalten im Rahmen einer Marketingaktion zur Einführung des wegweisenden neuen Produkts für 24 Monate ein »Deutschlandticket« gratis.
Denn eine Stunde am Tag will man ja schließlich ab und zu doch mal irgendwohin.