Ich weile gerade in meinem Osterurlaub an der Mosel und heute habe ich zum ersten Mal einen Tisch unter falschem Namen in einem Restaurant reserviert. Und das unbeabsichtigt. Klingt komisch – ist aber so. Seitdem verspüre ich einen Hauch des Gefühls, das Agenten oder Ganoven in Filmen haben, wenn sie undercover in Hotels einchecken oder Grenzkontrollen passieren. Trotzdem werde ich heute Abend lediglich ganz manierlich essen, ich werde mich nicht nervös umschauen und ich werde auch kein Halfter mit einer Schusswaffe unter dem Hoodie tragen.
Wie kam es dazu? Mein Nachname nervt mich. Eigentlich ist er im Prinzip ganz okay, aber er fängt genau dann an, mich zu nerven, wenn ich ihn zum am Telefon oder bei einer ersten Begegnung einer bislang fremden Person nennen muss – insbesondere in Situationen, wo mein Gegenüber den Namen aufschreiben oder sich merken muss. Denn dieser Nachname hat zwei Eigenarten, die unweigerlich zu immer denselben drei Reaktionen führen und ich bin ihrer hochgradig überdrüssig. Die erste Rückfrage bezieht sich fast immer auf die korrekte Schreibweise des Namens, denn man kann »Pfeiffer« sowohl nur mit »f« in der Mitte schreiben als auch mit »ff«. Sowie ich dann bestätige, dass es sich um die Schreibweise mit »ff« handelt, erfolgt die zweite Rückmeldung. Und jedesmal, je-des-mal, ist die Person, die mir dann gegenübersteht, anscheinend felsenfest davon überzeugt, dass sie die erste und einzige ist, der das jemals aufgefallen ist: »Wie in dem Heinz-Rühmann-Film? ›Die Feuerzangenbowle‹? Hehe!«. Und ich kann dann nur matt nicken oder »jaja« sagen, vielleicht finde ich die Kraft für ein homöopathisches Lächeln. Ich kann es den Leuten nicht verübeln und sie sagen ja auch nichts Falsches. Aber, um eine andere ausgeleierte Redewendung zu bemühen, hätte ich für jedes einzelne Mal, wo ich diese Bemerkung entgegennahm, einen Euro oder eine Mark bekommen, wäre ich heute ein signifikant wohlhabenderer Mensch. Doch nun kommt noch die dritte Anmerkung, die dann oft folgt. Nicht immer, aber mit verlässlicher Regelmäßigkeit – und sie entstammt genau demselben Film. Meist besteht sie aus einem mehr oder weniger ausführlichen Zitat jener Szene, in der sich der falsche Schüler Johann Pfeiffer erstmals seinem Lehrer vorstellt:
»Sie heißen?«
»Johann Pfeiffer.«
»Mit einem f oder mit zwei?«
»Mit drei, Herr Professor.«
»Mit drei f?«
»Eins vor dem Ei, zwei hinterm Ei.«
Der einfachste Weg, meine Zermürbung ob dieser sich ständig wiederholenden Anspielung zu minimieren, liegt für mich seit etwa 15 Jahren darin, zumindest bei Reservierungen in Restaurants, bei telefonischen Abholvereinbarungen und ähnlichen Gelegenheiten, wo prinzipiell nur die Angabe eines Nachnamens ausreicht, lediglich meinen Vornamen zu nennen, denn er taugt gleichermaßen als Nachname: Thomas. Ich hatte in der 5. Klasse einen Mitschüler mit dem Nachnamen Thomas und es gibt auch den bekannten »Raumpatrouille-Orion«-Filmmusikkomponisten Peter Thomas. Wenn ich also auf die Frage nach dem Namen für die Registrierung/Reservierung o.ä. mit »Thomas« antworte, muss ich nicht flunkern (denn es ist ja mein Name) geht alles wunderbar einfach, fast immer ohne Rückfragen und garantiert ohne Rühmannreferenzen und Eierscherze vonstatten. Okay, manchmal fragt jemand »mit h oder ohne h?« oder ich muss nach einem Stutzmoment sagen »Wie der Vorname«, aber das passiert selten. Zeit gespart, Klarheit begünstigt, Geduldsfaden geschont – win-win.
Heute jedoch fragte die Restaurantmitarbeiterin im Anschluss an die Aufnahme des vermeintlichen Nachnamens »… und der Vorname, bitte?«. Ups. Nun brauchte ich ganz dringend eine Antwort und nannte den erstbesten Vornamen, der mir einfiel: »Frank«. Ich habe aktuell keine Freunde, Bekannten, Verwandten, Vorgesetzten oder Kollegen, die so heißen, aber vielleicht war es eine spontane Assoziation zu dem bekannten Telefonservice »Frank geht ran«, der ebenfalls oft zur Anwendung kommt, wenn jemand nicht persönlich angesprochen werden möchte. Im Moment ist das für mich die plausibelste Erklärung für meine spontane Wahl.
Wenn also heute Abend von Euch auch jemand in Trier-Olewig in einer beliebten Braugaststätte zu Abend isst und mich dort trotz meines Inkognitos »Frank Thomas« identifizieren möchte: Vielleicht bin ich der mit der Sonnenbrille und dem tief ins Gesicht gezogenen Hut.
Wenn ich meinen Nachnamen nenne, werde ich häufig gefragt, ob ich verwandt bin mit dem allseits beliebten FDP-Politiker aus Schleswig-Holstein, worauf hin ich stets antworte: Nein, und wenn, würde ich es nicht zugeben.
Oder wenn ich sage, dass ich in Bielefeld geboren bin: „Bielefeld? Ich dachte das gibt es nicht.“ Sooo lustig immer wieder.