Trotz aller teilvegetarischen Ambitionen ist der Sommer für mich auch immer wieder der große Verführer dahingehend, mal wieder ein gutes Stück Fleisch zu verzehren und das – natürlich – gegrillt. In dem aktuellen Kurzurlaub kamen zwei weitere Versuchungskatalysatoren hinzu: zum einen überraschte uns der Vermieter mit einem nagelneuen, originalverpackten Luxusgrill mit Kohlebrikettwannenhöhenverstellung, Warmhalterost, Temperaturanzeige, Grillgutablage, integriertem Flaschenöffner (fällt marketingtechnisch vermutlich unter »Männerzubehör«) und etlichen Ventilationshebeln zum Regulieren von Feuer und Glut, zum anderen kamen wir bei einer Einkaufstour ins nächstgelegene supermarktbestückte Nachbardorf an einer kürzlich eröffneten Landfleischerei vorbei, deren Auslage mit Produkten aus eigener Viehhaltung lockte. Und so beschlossen wir, mit zwei rustikalen Nackensteaks, zwei Scheiben feinem Roastbeef und einem Paar »Currygriller« den in bester IKEA-Manier zuvor selbst zusammengeschraubten Grill einzuweihen.
Bei Nackensteaks geht es bei mir nicht ohne eine Marinade. Anders als sonst bin ich dabei jedoch extrem wenig experimentierfreudig, seit jeher lege ich diese in eine asiatisch inspirierte »Tunke« ein, deren Rezeptursprung irgendwo im Dunkel der elterlichen Grillhistorie liegt und die ich über die Jahre stetig perfektioniert habe, wobei das Rezept angenehm mengentolerant ist – will sagen: ob von einer Zutat etwas mehr oder weniger drankommt, wirkt sich auf das Ergebnis kaum aus, wichtig ist aber, dass keine Zutat vergessen wird. Auf dem Grill karamellisiert die leicht zuckerhaltige Mixtur zu einer köstlichen Kruste, die entfernt an die Lackierung einer Peking-Ente erinnert. Ich möchte meine Nackensteaks bitte niemals mit etwas anderem grillen.
Zutaten Mengenangaben pro zu marinierendes Steak, einfach entsprechend multiplizieren
1 EL Sojasauce 1 EL dunkler Balsamico 1 EL Sherry medium, Portwein oder Madeira 1 EL guter Tomatenketchup (Zuckergehalt nach Geschmack, je mehr Zucker die Marinade enthält, desto mehr ist zum Karamellisieren da …) 1 TL Tomatenmark 1 EL Öl (Raps, Olive, Sonnenblume, Erdnuss o.ä.) 1 Prise Salz und Pfeffer ½ TL Chinesisches Fünfgewürzpulver
Alle Zutaten in einer flachen Schüssel gut miteinander verrühren und die Steaks rundum gut damit einstreichen. Mindestens 1–2 Stunden ziehen lassen und ab auf den Grill. Es hilft, wenn der Grill nicht allzu heiß ist, da der Zucker in der Marinade ansonsten schnell verkohlt – dunkelknuspriges Karamellisieren ist hingegen absolut erwünscht.
Bonusrezept: Wachsbohnensalat mit Dill-Orangen-Sahne
Ein sommerliches Bohnensalatrezept für alle, die keine rohen Zwieben mögen.
Zutaten für 4 Portionen
3 Gläser/Dosen Wachsbohnen (Abtropfgewicht zusammen ca. 600 g) 200 ml Sahne 1 kleiner Bund Dill Saft einer kleinen Orange Saft einer kleinen Zitrone 1/2 TL frisch gemahlener grüner Pfeffer 1/2 TL frisch gemörserte Korianderkörner 1 EL Balsamico Salz
Die Bohnen in einem Sieb gut abtropfen lassen und in eine Salatschüssel geben. Den Dill von dicken Stielen und Stängeln befreien und das Grün fein hacken. Sahne, Balsamico, Zitronen-/Orangensaft und Gewürze zu einem Dressing verrühren, den Dill zugeben und mit Salz abschmecken. Das Dressing unter die Bohnen heben und den Salat im Kühlschrank mindestens 2 Stunden durchziehen lassen.
Ich liege rücklings auf einer Decke auf einer Wiese am Ufer der Havel und schaue nach oben. Drei Baumkronen rahmen meinen Blick auf den Himmel ein. Überhaupt sollten nur Baumkronen das Wort »Krone« benutzen dürfen, alle anderen Kronen sind lächerlich, unmajestätisch oder eitel (»Krone der Schöpfung«, hamwergelacht). Die Schaumkrone auf einem Bier oder einer Welle würde ich vielleicht noch durchgehen lassen, aber damit hat es sich auch ausgekront.
Der Himmel ist unglaublich blau, nur ganz feine Wolken beschleiern ihn, Schwalben ziehen weite Schleifen hoch oben, es weht ein leichter Wind und die Temperatur ist »genau richtig«. Dann ist es egal, ob das Thermometer dreiundzwanzig Grad zeigt oder achtundzwanzig, die Luft hat auf eine wunderbare Weise genau dieselbe gefühlte Wärme wie die eigene Haut, sie ist einfach nur ein temperaturloser Hauch, der leicht zwischen den Härchen auf Armen und Beinen hindurchweht, ohne jede andere Eigenschaft als genau dieses sommerliche Streicheln. »Schwedenwetter« ist mein Wort für so eine Konstellation und dazu gehört irgendwie auch, dass man dabei in der Nähe eines schönen Gewässers liegt (oder sitzt).
Gerade war ich schwimmen, in der Havel. Das Wasser ist zwar noch ein wenig frisch, aber mit einem beherzten Eintauchen kalibriert sich der Körper schnell in der nassen Umgebung. Etliche kleine Fische huschen durch das erstaunlich klare Wasser, auf den ersten Blick sind sie kaum vom sauberen sandigen Grund zu unterscheiden. Wenn man ganz still hält, kommen sie in kleinen Wellen aus Neugier und Zurückschrecken immer näher, manchmal berühren sie fast meine Hände oder Füße. Zwischendurch durchstupsen sie immer mal die Wasseroberfläche, um sich einen obenauf treibenden Insektensnack einzuverleiben.
Schon mehrfach war ich hier in diesem Ort, in dem kleinen, gelb gestrichenen Häuschen, zwei Gehminuten vom Flussufer entfernt. Ich werde mich hüten, den Namen des Dörfchens auszuplaudern, es sind in diesem Jahr schon deutlich mehr Urlauber hier als in den vergangenen Jahren, Corona sei’s gedankt. Ich freue mich natürlich für die Ladenbesitzer, Ferienvermieter und Gastronomen, andererseits ist es gerade die spärliche Schar an Urlaubern, die einen der vielen Reize dieser Gegend ausmacht. Ich brauche keine Handtuchparzelle inmitten einer Horde von Ostseestrandtouristen, für mich gehört Abstand zu anderen Menschen seit jeher zu dem, was ich im Urlaub und im Alltag nicht missen möchte. Abstand und Stille.
Stille gibt es hier auch reichlich. Man spürt sie am stärksten, wenn man gerade aus der wimmeligen Großstadt eingetroffen ist, dann ist der Gegensatz zum Gewohnheitslärm am stärksten. Nach ein paar Tagen hört man die Stille nur noch, wenn sie durchbrochen wird, von einer vorbeibrummenden Hummel, einem klappernden Storch – von denen es hier viele gibt – oder von einem geselligen Heiterkeitsausbruch auf einer umliegenden Biergartenterrasse. Stille kann natürlich durchbrochen werden, aber sie muss nicht. Ich zumindest habe sie gerne in meiner Nähe und mag es, wenn sie mich begleitet. Es scheint Menschen zu geben, die sie nicht ertragen, die sich und andere stetig beschallen müssen, mit Musik aus Kopfhörern und Lautsprechern, mit Unterhaltungen, dem Lärm ihrer Maschinen und Gerätschaften, dem künstlich lautfrisierten Knattern von Motorrädern oder anderem Tumult. Ich bin dankbar für Tage wie heute, an denen mir solcherlei fern bleibt.
Ich liege hier auf dem Rücken am Fluss inmitten der Stille und der Sommer umspinnt mich mit einem Kokon aus flunkernder Friedlichkeit, die für einen Nachmittag alles vergessen macht, was die Welt da draußen beutelt. Es fühlt sich an, als gäbe es hinter diesem perfekten himmelblauen Tag kein Corona, keinen Klimawandel, kein Mikroplastik, kein Artensterben, keine größenwahnsinnigen »regierenden« Irren, keinen aufkeimenden neuen Faschismus, keine Überbevölkerung, keine Gewalt und keine Diskriminierung.
Ich weiß natürlich, dass dieser Tag mir nicht die Wahrheit sagt. Aber manchmal ist es einfach unbezahlbar, sich ganz bewusst auch mal einen Moment lang anlügen zu lassen.
Endlich habe nun auch ich mir mal die hochgelobte Serie »The Handmaid’s Tale« nach dem Roman von Margaret Atwood zur Ansicht vorgenommen. Vor einigen Monaten hatte ich bereits die Verfilmung »Die Geschichte der Dienerin« von Volker Schlöndorff aus dem Jahr 1990 gesehen, aber die Serie hat natürlich ungleich mehr Zeit zum Erzählen der Handlung und für die Zeichnung der Charaktere zur Verfügung – und sehr wahrscheinlich auch ein größeres Produktionsbudget.
Was der Darstellung der düsteren Geschichte aus meiner Sicht sehr zugute kommt, sind die zahlreichen Rückblenden – Alltagsszenen aus einer Zeit, die von der unseren (von Corona mal abgesehen) eigentlich kaum zu unterscheiden ist. Die rasend schnelle Transformation dieser »ganz normalen Demokratie« in eine christlich-fundamentalistische, patriarchalische Diktatur erscheint um so gruseliger im Lichte tendenziell nicht unähnlicher brandaktueller Situationen rund um den Globus, sei es in den USA unter Trump, in Brasilien mit Bolsonaro, in Polen (wo den aktuellen heutigen Wahlergebnissen zufolge die dortige PIS-Regierung vier weitere Jahre lang die Uhren zurückdrehen darf) oder in der Türkei, die sich ebenfalls immer weiter von einer Demokratie hin zu einer Autokratie bewegt.
Ich bin nun mitten in der ersten Staffel der Serie, die laut Episodenguide ähnlich enden wird wie die Literaturvorlage. Die bereits erschienene zweite und dritte Staffel wird wohl somit die Geschichte abseits des Buches fortsetzen. Ich bin gespannt, wie dies geschehen wird und ob es auf einem ähnlich hohen Niveau gelingt und funktioniert. Immerhin, so liest man, hat Margaret Atwood die erste Serienstaffel sowie deren Fortsetzungen als »Consulting Producer« begleitet, hat einen sekundenkurzen Cameo-Auftritt in der Pilotfolge und im Herbst 2019 erschien ihre eigene Fortsetzung der Geschichte (»Die Zeuginnen«) in Buchform. Diese wiederum spielt fünfzehn Jahre nach der Handlung des ersten Romans und somit auch nach Abschluss der bisherigen Handlung der Serie.
Trotz aller Düsternis jedoch findet sich auch in dystopischen Geschichten manchmal Platz für etwas Humor. Sei es, dass dieser vom Schöpfer selbst bereits so vorgesehen ist, wie etwa in Terry Gilliams großartigem Meisterwerk »Brazil«, oder er durch eigene Assoziationen beim Zuschauer bzw. Leser entsteht. Ich zum Beispiel musste im Verlauf der Serie zunehmend schmunzeln, und zwar jedesmal, wenn sich die Serienfiguren bei ihren Begegnungen die immer gleichen leergeleierten, staatlich verordneten Begrüßungsfloskeln zuwerfen. Ich hätte da längst schon den Drang nach etwas Abwechslung verspürt, geeignete andere Floskeln gibt es ja genug und einige davon habe ich mal zu einer kleinen Cartoonserie aufbereitet (die ersten beiden sind die Original-Begrüßungsformeln).
Viel Spaß – und mögen wir immer gut auf unsere schöne Demokratie aufpassen.
Während – oder vielleicht auch aufgrund – des Corona-»Lockdowns« ab März/April 2020 habe ich mein Blog und das Bloggen wiederentdeckt. Zwischendurch lag das arme Ding sehr lange brach. Es gab immer schon mal kleinere »Lücken« von 2–3 Monaten (2007), von 2008 bis 2014 war ich recht regelmäßig aktiv, aber ab 2015 ging’s dann bergab. Es war mir lange gar nicht bewusst, warum eigentlich – ich war weder dauerhaft im Stress bzw. hatte keine Zeit noch hätte es mir an Themen oder Ideen gemangelt. Inzwischen habe ich eine Vermutung, aber davon erzähle ich gleich …
Backup-Fuck-up.
Während der langen Blogpause kam hinzu, dass sich Malware Zugang zu meinem Webhosting-Account verschaffen konnte und mein Provider aufgrunddessen die Domain kurzerhand offline nahm. Ich hatte zwar noch Zugang zu allen Daten auf dem Server und diverse rudimentäre, ältere Backups, aber im Prinzip gab es keine aktuelle und vollständige Kopie des Blogs vor der Abschaltung. Mit sehr kompetenter und netter Unterstützung von Thomas Renger (@dentaku) konnte ich im Herbst 2018 einen großen Teil meiner gesicherten alten Daten mit einer komplett neuen WordPress-Installation neu aufsetzen. Es gingen dabei leider etliche Kommentare verloren, aber die Blogbeiträge, Links und Bilder ließen sich rekonstruieren (sowas nennt man dann wohl »Web-Archäologie«). Mit frischem Kennwörtern, Schutz-Plugins und Updates kommt es nun hoffentlich nicht nochmal zu so einem »Blackout«.
Schädlinksbekämpfung.
Im Frühjahr folgte jetzt der zweite Schritt des »Refreshs«: ich implementierte ein »Recent Tweets«- und ein Cookie-Banner-Plugin, nahm etwas grafische Kosmetik vor, aktualisierte die Datenschutzerklärung und entfernte flattr- und Facebook-Like-Buttons, stattdessen können jetzt mit einem Klick datenschutzkonforme social-media-unabhängige Likes am Ende jedes Beitrags hinterlassen werden. Doch eine große Aufgabe (siehe Tweet zu Beginn dieses Beitrags) stand mir noch bevor: die Revision aller jemals geposteten Links. Es hatten sich insgesamt über 3.300 seit 2006 in allen Postings angesammelt. Glücklicherweise gibt es zum Auffinden ebenfalls ein hilfreiches Plugin, dennoch war das Ergebnis ernüchternd: etwa 300 Links wurden als »broken« klassifiziert, nochmal 180 weitere als »kritisch« (Timeout, Server Error, 403 Forbidden o.ä.). Fazit: »das Internet vergisst nichts« ist ein Mythos, im Gegenteil: es hat ein erschütternd löchriges und schnelllebiges Gedächtnis.
Vieles ließ sich »reparieren«, z.B. die Einbindung von YouTube-Videos, geänderte Links zu Unternehmens- oder Produkt-Websites, zu Bild- und Kartenmaterial oder Protokolländerungen von http zu https. Manches war irreparabel, aber verzichtbar, dann habe ich Links entfernt und dies in den Blogartikeln vermerkt. Tote Links, die essenziell für den Kontext des Blogartikels waren, erscheinen nun durchgestrichen, so dass man immerhin noch sieht, dass und unter welchem Namen dort einst ein Link existierte. Gut 1.500 Links wurden vom Plugin als »umgeleitet« gekennzeichnet, hier habe ich bislang nur Stichproben geprüft, diese Kategorie scheint insgesamt aber die unkritischste zu sein. Ich registriere ohnehin wenige Besucher, die im Archiv stöbern und ältere Beiträge lesen (obwohl es sich lohnt 😉), aber man hält ja auch gemeinhin jene Zimmer der Wohnung einigermaßen in Ordnung, die ein Besucher womöglich unerwartet betritt. Ergo: Frühjahrsputz erledigt!
Lang. Kurz. Kurz, kurz, kurz. Lang.
Während der kompletten Link-Durchsicht aller Blogeinträge gelangte ich aber auch zu der anfangs erwähnten Vermutung, warum mir das Bloggen zwischenzeitlich so sehr »abhanden kam«: es ist eine Mischung aus »Twitter ist schuld« und »mir fällt nichts ein für einen längeren Beitrag«. Vom Zeitpunkt meines Blogdebüts im Oktober 2006 bis etwa 2011 hatte ich keinerlei Hemmungen, sogenanntes »Microblogging« mit Bildern und/oder Beiträgen bis etwa 140 Zeichen (dem Twitter-Limit bis November 2017) auch hier im Blog zu betreiben – hier mal drei Beispiele: eins, zwei, drei. Nach 2011 verlagerte sich wohl unbewusst mein Schwerpunkt für solchen »Kleincontent« fast ausschließlich auf Twitter – hier im Blog erschienen nur noch Beiträge mit längeren Texten, wie etwa Rezepte, Erlebnisberichte oder selbst verfasste Kurzprosa.
Diese Erkenntnis weckte in mir die Absicht, künftig auch hier öfter mal wieder »Kleinkram« zu posten, anstatt solche Contenthäppchen immer und ausschließlich Twitter zuzuschieben. Ergänzend gibt es dafür ab sofort (auch für alle älteren Kurzbeiträge!) die neue Blogkategorie »Häppchenkost«. Denn einen weiteren Dornröschenschlaf meines Blogs möchte ich – zumindest nach meiner derzeitigen Stimmung – erstmal bis auf weiteres vermeiden. We’ll see …
Ich finde den Gedanken toll, dass bestimmt jeder von uns eine Narbe an seinem Körper hat und darüber eine bekloppte Geschichte erzählen kann. Ich hab z.B. als Kind mit meiner Schwester "werfen und ausweichen" gespielt und sie warf plötzlich eine kleine Metallschippe. Kopftreffer.
Nur durch Zufall wurde ich gestern via RT auf diesen Tweet aufmerksam, aber er brachte einen Gedanken, den ich kürzlich ebenfalls hatte, wieder zurück an die Oberfläche. Im Dezember letzten Jahres stieß ich auf das famose Fotoprojekt »Behind The Scars«, bei dem Menschen allen Alters und Geschlechts die Geschichten zu ihren Narben erzählen. Wie wäre es wohl, dachte ich, wenn man diese Idee auf die Twitter- und Blogosphäre übertrüge und etwas ausführlicher als in nur 280 Zeichen – womöglich sogar bebildert – die Geschichten erführe, die Blogleser, Follower und Followees zu ihren Narben berichten könnten? Ich weiß nicht, ob der schöne Brauch des »Blogstöckchens« noch gepflegt wird, aber ich möchte es hiermit gerne versuchen und alle dazu anregen, unter #narbengeschichten von den Begleitumständen ihrer bedeutsamsten Narben zu erzählen.
»This is what it means to be human. We are all just canvases for our scars.« (Jodi Picoult)
Ein wundervolles Fotoprojekt: Menschen erzählen die Geschichten zu ihren Narben.https://t.co/suMT7WpDxE
Zur größten Narbe an meinem Körper gibt es sogar schon einen Blogeintrag, deshalb wähle ich für heute aus meinen sechs vorhandenen Narben eine andere, an deren Ursache ich mich noch erinnere. Es ist eine der ältesten, sie befindet sich an meinem rechten Ringfinger, direkt neben dem obersten Gelenk. Ich trage sie mit mir, seit ich sechs Jahre alt war.
Zu dieser Zeit lebte unsere Familie gerade in Algerien, wo mein Vater von 1973 an für zwei Jahre als Gießereiingenieur für das Industrieunternehmen DIAG arbeitete. Für mich stand im Jahr 1973 mit sechs Jahren die Einschulung an und für alle Eltern schulpflichtiger Kinder gab es in der Nähe unseres Wohnortes die von diesem Unternehmen betriebene Deutsche Schule DIAG, Constantine. Dort besuchte ich die erste und teilweise zweite Klasse, ehe die Familie 1975 wieder zurück nach Deutschland umsiedelte.
Der Schulbus für die überschaubare Zahl an Schülern war ein graublauer VW Bulli mit dem in weiß auf den Seitentüren angebrachten, markanten Logo der Firma DIAG. Jeden Morgen machte der Bus im firmeneigenen »Siedlungscamp« am Stadtrand die Runde, sammelte die Schüler aller Klassen ein und lieferte sie auf dem Schulhof zum Unterricht ab. Nach Ende der vierten Stunde und nach Ende der sechsten Stunde holte der Bulli dann die Kinder nach ihrem jeweiligen Schulschluss wieder ab.
Am »Narbentag« hätte ich eigentlich länger als vier Stunden Unterricht gehabt und wartete in der Klasse auf den Beginn der folgenden Unterrichts, als plötzlich verkündet wurde, dass die folgende(n) Stunden ausfielen. Schnell packte ich meine Sachen zusammen und rannte aus der Schule, denn vielleicht konnte ich ja den Schulbulli noch kriegen, der jeden Moment abfahren müsste. Ich hatte Glück (zunächst), denn der Bus stand noch abfahrbereit auf dem Schulhof, die Seitentür war geöffnet und ich beeilte mich, um ihn noch rechtzeitig zu erreichen. Im selben Moment, als ich am Bus ankam und einsteigen wollte, schloss einer der mitfahrenden Schüler, der mich nicht bemerkte, von innen mit Schwung die Schiebetür des Busses und der Ringfinger meiner Hand, mit der ich zum Einsteigen just in diesem Moment an den Türholm gegriffen hatte, geriet in den Schließmechanismus.
Ich sehe vor meinem geistigen Auge danach nur noch das Bild rotbraun verfärbter Haut um die heilende Wunde, irgendjemand musste sie nach dem Vorfall mit Jod desinfiziert haben. Aber an mehr erinnere ich mich nicht. Ich hatte Glück, der Finger hätte vermutlich auch ohne weiteres noch stärker verletzt oder gar abgetrennt werden können. Die an jenem Tag ausgefallenen Schulstunden kamen mir aber wohl trotz des glimpflichen Ausgangs deutlich weniger zugute, als ich mir zunächst erhofft hatte.
Es liegt im Wesen von Narben, dass sie oft mit Blut und Schmerzen verbunden sind, aber das muss nicht heißen, dass es nicht auch andere Geschichten geben kann, die vielleicht sogar heitere oder skurrile Begleitumstände haben. Und selbst die schmerzvollen und düsteren Erfahrungen mit unseren Narben haben alle etwas Positives gemein: wir haben sie überlebt.
Ich werfe das Stöckchen hiermit in die Blogosphäre und würde mich sehr freuen über eine rege Teilnahme – für einen thematisch gebündelten Zugang könnt Ihr gerne hier in den Kommentaren oder bei Twitter (#narbengeschichten) auf Eure Erlebnisberichte verlinken.
Update: Stöckchenfänger
Ich freu mich, die ersten Blogger haben sich beteiligt! Wer dort weiterlesen mag, lasse sich hier hinüberleiten:
Im Blog »Weerke« berichtet Andre von einer Rodelnarbe aus seiner Kindheit
Oft entstehen meine »eigenen« Rezeptideen, indem ich mehrere existierende Rezepte miteinander kombiniere oder aus einem vorhandenen Rezept heraus improvisiere. Dieser Salat ist eine komplett eigene Kreation. Klingt im ersten Moment etwas seltsam, Obst und Fisch miteinander zu kombinieren, aber ich bin vom Ergebnis ziemlich überzeugt und deshalb gebe ich es gerne weiter.
Zutaten für 2–3 Personen
ca. 6 Plattpfirsiche (auch Berg-, Wild- oder Weinbergpfirsiche genannt) 2 Dosen Thunfisch in Wasser 8–10 EL Olivenöl Saft einer halben Zitrone, evtl. etwas mehr 1 TL getrocknete italienische Kräutermischung (Thymian, Rosmarin, Oregano, Basilikum, Majoran, z.B. diese hier) Salz Orangenpfeffer aus der Mühle (ersatzweise schwarzer Pfeffer) alter (eher süßlicher) Balsamico grob geriebener Parmesan
Pfirsiche entkernen und in ca. 1 x 1 cm große Stücke würfeln, Thunfisch sehr gut abtropfen und mit einer Gabel zerzupfen. In einer Schüssel vermischen und mit einem angerührten Dressing aus Olivenöl, Kräutern, Salz, Pfeffer und Zitronensaft vermischen. Gut durchmengen und abschmecken – die Säure der Zitrone sollte spürbar sein, sie betont die Frische der Pfirsiche.
Auf Tellern anrichten und mit altem Balsamico und geriebenem Parmesan bestreuen.
Es ist kurz nach zwei nachmittags. Heute ist bei mir in der Küche seit den Morgenstunden mindestens einer von zwei Backöfen in Betrieb. Um 8:30 habe ich den »großen« Ofen auf 250 °C vorgeheizt, um mein wöchentlich fälliges Brot darin zu backen, zur gleichen Zeit kam der kleine Heißluftofen in der Mikrowelle dazu, um darin für mehrere Stunden bei 50 °C einen selbst fermentierten Tee zu trocknen. Die Küche ist also gerade ordentlich aufgeheizt. An kühleren Tagen mag das angenehm sein, bei der aktuellen Hitzewelle wären ein paar Grad weniger durchaus willkommen. So wie gestern Abend, zum Beispiel. Mangels Kochlust am heißen Herd, aber bei nichtsdestotrotz vorhandenem Appetit, wurde spontan ein Okroschkazubereitungsbeschluss gefasst. Ein was?
Die kalte iberische Gemüsesuppe Gazpacho kennt wohl inzwischen jeder, man kann sie preiswert aus saisonalem sommerlichem Gemüse selbst zubereiten oder in der schickverpackten Literflasche für ein paar Euro mehr fix und fertig in Bioqualität kaufen, das bleibt jedem selbst überlassen. Weniger bekannt als Gazpacho ist ihre russische Kusine Okroschka – eine leichte und eher grüne kalte Suppe, die an heißen Tagen ebenfalls sehr erfrischt. Wie bei Gazpacho gibt es dafür unzählige Rezeptvarianten, ich habe mir online ein vielversprechend klingendes ausgesucht und es, an meinen Geschmack angepasst, variiert:
Okroschka
Zutaten für 2–4 Personen (ergibt etwa 5 große Teller)
2 große festkochende Kartoffeln 3 Eier 1 Bund Frühlingszwiebeln 1 Sträußchen Dill (ca. 8–10 Stängel) 5–6 große Radieschen 1 große Salatgurke 250 g Fleischwurst 1 Becher (500 g) Buttermilch 1 Becher (500 g) Kefir Salz 1 EL Thai-Fischsauce 300–400 ml sehr kaltes Wasser oder Mineralwasser mit Kohlensäure nach Geschmack etwas Essig, Zitronen- oder Limettensaft
Zubereitung Zuerst – am besten einige Stunden vor der eigentlichen Zubereitung – in einem ausreichend großen Topf etwas leicht gesalzenes Wasser aufsetzen und mit den zwei Kartoffeln darin zum Kochen bringen. Nach etwa 20–25 Minuten die angepickten Eier ebenfalls ins kochende Wasser legen und für 9–10 Minuten mitkochen. Die Eier abschrecken und zusammen mit den Kartoffeln abkühlen lassen, beides gern auch vor der Verwendung noch für eine Zeitlang in den Kühlschrank legen.
Die Frühlingszwiebeln (Weiß und Grün) in sehr feine Ringe schneiden, den Dill (ohne dicke Stiele) fein hacken. Beides in einen großen Topf oder eine Schüssel geben und mit einem Kartoffelstampfer für mehr Aroma etwas mürbe stampfen. Dann die restlichen Zutaten in kleine Würfel (ca. 5 x 5 mm) schneiden: die geputzten Radieschen, die geschälte und entkernte Gurke, die gepellten Eier. Die Würfel aus den gepellten Kartoffeln und der Fleischwurst können etwas größer geschnitten sein. Alles zusammen in den Topf geben, mit 4–5 Prisen Salz würzen und gut durchmengen.
Zum Schluss die Buttermilch, Kefir und Fischsauce hinzugeben, mit dem Wasser aufgießen und mit weiterem Salz und ggf. Essig/Zitronen-/Limettensaft abschmecken. Wenn Platz für den Topf ist, kann die Suppe vor dem Servieren auch noch eine halbe Stunde im Kühlschrank durchziehen. Dazu passt leicht angetoastetes dunkles Roggenbrot.
Es lohnt sich übrigens, im Bereich der osteuropäischen, skandinavischen und orientalischen Küche nach weiteren Rezepten für kalte Suppen zu suchen. Es gibt eine persische Variante mit Joghurt, Gurke, Walnüssen, Kräutern und Rosinen, in Litauen kommt gerne mal Rote Bete mit hinein, in Georgien nimmt man frische Kräuter und es gibt Varianten mit Spinat und Sauerampfer oder nur Sauerampfer (den kann man derzeit prima selbst wild ernten).
Vielleicht gibt es ja sogar im Rezepteschatz eine mir bislang unbekannte »urdeutsche« Variante einer kalten Suppe – vielleicht mit Bier als Grundlage, mit Sauerkraut(saft), auf Rübenbasis oder mit Salatblättern. Wer Links zu solchen und weiteren sommerfrischen Suppenrezepten hat, kann sie gerne im Kommentarbereich posten.
Update: Das Thema »kalte Suppen« ist so ergiebig, dass ich hier gern ein paar appetitliche, raffinierte oder ungewöhnliche Links poste, die ich inzwischen beim weiteren Stöbern im Netz entdeckt habe:
Hummus (arabisch حمص hummus, DMG ḥummuṣ, hebräisch חומוס ‚xumus, deutsch ›Kichererbse‹) ist eine orientalische Spezialität, die aus pürierten Kichererbsen oder Ackerbohnen, Sesam-Mus (Tahina), Olivenöl, Zitronensaft, Salz und Gewürzen wie Knoblauch und gelegentlich Kreuzkümmel hergestellt wird.
Kaizen (改善, gesprochen mit stimmhaftem S; jap. kai »Veränderung, Wandel«, zen »zum Besseren«; »Veränderung zum Besseren« […]) bezeichnet sowohl eine japanische Lebens- und Arbeitsphilosophie als auch ein methodisches Konzept, in deren Zentrum das Streben nach kontinuierlicher und unendlicher Verbesserung steht. Die Verbesserung erfolgt in einer schrittweisen, punktuellen Perfektionierung oder Optimierung eines Produktes oder Prozesses.
Wann ich das erste Mal Hummus probiert habe, weiß ich noch ganz genau. Es war im Jahr 1996, mein Umzug nach Hamburg lag gut ein Jahr zurück und es hatte sich Verwandtschaft für einen mehrtägigen Besuch in meinem neuen Wohnort angekündigt: die Oma mit einer guten Freundin und dazu ein Onkel wollten die Sehenswürdigkeiten der Elbmetropole unter meiner Anleitung erleben. Es galt also, für den Besuch ein ausreichendes Programm mit »Bespaßungen« auszuarbeiten und dazu gehörten natürlich auch diverse Restaurantbesuche. »Italiener« und »Griechen« gab es mittlerweile auch bei Oma und Onkel im Harz, es sollte also schon etwas Besonderes sein. Und außer in ein japanisches (Oma: »Was? Roher Fisch?«) und ein karibisches Restaurant führte uns meine kulinarische Neugier damals auch ins »Saliba«, ein hoch gelobtes syrisches Restaurant, das damals und noch bis 2010 in einer märchenhaft-orientalisch ausgestatteten Location in Hamburg-Bahrenfeld ansässig war.
Die spektakuläre syrische Vorspeisenplatte dort, »Mazza – die Karawane der Köstlichkeiten« genannt, schlug bei den Besuchern ein wie eine Bombe – und auch ich hatte so etwas zuvor noch nicht gesehen oder gegessen. Gut zwei Dutzend kleiner Porzellanschälchen platzierten die Kellner auf dem weißgedeckten Tisch, und dann konnte jeder von allem probieren. Es gab u.a. eingelegte Karotten mit Rosenwasser, Kichererbsenbällchen (Falafel), Petersiliensalat (Tabouleh), Auberginenpüree (Moutabal) – und Hummus, fein-cremig mit nussiger Sesamnote und feinem Kreuzkümmelaroma. Ich war frisch verliebt.
Ein historischer Moment, kurz vor dem ersten Hummusgenuss: mit Oma (v.l.) im Saliba.
Seither hatte ich immer mal wieder meiner Hummusleidenschaft gefrönt, nicht nur wiederholt bei Saliba, sondern auch in anderen orientalischen, syrischen oder libanesischen Lokalen: in Hamburg bislang bei Riads, Beiti, Mazza und Neni, in Berlin bei Qadmous, Kanaan, Mani und Casalot. Den Hummusvogel abgeschossen hat allerdings ein hervorragendes kleines palästinensisches Restaurant in Leipzig: das Shady. Der unglaublich sympathische gleichnamige Chefkoch und Inhaber bietet einfach das allerbeste Hummus an, das ich kenne. So fein und fast sahnig, sesamnussig-köstlich, ich könnte mir ganze Schüsseln davon einverleiben. Das ist seither für mich die Messlatte, auch bei meinen (weiter unten geschilderten) Versuchen, selbst welches zuzubereiten.
Das Hummus im »Shady« in Leipzig ist einfach göttlich. Äh, ich meine natürlich: allahich.
— Edel sei der Mensch, hilfreich und woke. (Goethe) (@formschub) November 21, 2014
Inzwischen gibt es Hummus auch in vielen Supermärkten abgepackt im Kühlregal zu kaufen, es ist vom unbekannten exotischen Gericht zum gesunden Trendsnack geworden – es gibt sogar Listen mit Locationtipps speziell für Hummusliebhaber. Leider haben die meisten abgepackten Hummi (Hummusse? Hummen? Hummae?) mit der Qualität in Restaurants nicht viel gemein, das liegt oft schon an der (zu) langen Liste an Zutaten und Zusätzen, wie Verdickungsmittel, Stabilisatoren oder Konservierungsstoffen. Abgepackter, fertiger Hummus, allem voran der beige Mörtel, der in vielen arabischen Supermärkten unter diesem Etikett in Dosen verkauft wird, ist in der Mehrzahl der Fälle deutlich zu sauer. Klar, (Zitronen)säure ist ein Konservierungsmittel, aber wenn sie alles andere totschlägt, ist das zu konservierende Mus trotzdem bereits schlecht, schon bevor es verdirbt.
Fertighummus kann darüber hinaus viel bei der Konsistenz falsch machen, oft ist es zu fest, zu körnig, mehlig oder leicht schleimig. Es kann zu viel Knoblauch enthalten, oder zu viele Gewürze, es kann nach Sägemehl schmecken oder einfach nur muffig. Mein Fazit: je »haltbarer« verpackt Fertighummus (in Dosen oder Gläsern) angeboten wird, desto eher würde ich sagen: besser Finger weg!
Würg. Das schlechteste Fertig-Hummus, das ich je aß. Schmeckt nach Muff, alten Schrankfächern und Sägemehl. pic.twitter.com/pnhJFitele
— Edel sei der Mensch, hilfreich und woke. (Goethe) (@formschub) October 19, 2013
Bessere bis gute Erfahrungen hatte ich mit Hummus aus dem Kühlregal, das frischer zubereitet und daher auch mit deutlich kürzerer Haltbarkeit angeboten wird. Geschmacklich positiv zu erwähnen sind u.a. das Fertighummus der Restaurantmarke NENI am Tisch und das Hummus der Marke Garden Gourmet(Update: dieses Produkt aus dem umstrittenen Hause Nestlé ist inzwischen nicht mehr auf dem Markt).
Will man wirklich alle Inhaltsstoffe und Zutaten, die Würzung und die Konsistenz selbst bestimmen und steuern, dann bleibt nur eins: selbermachen. Auch das habe ich inzwischen dutzendfach probiert.
Aber was braucht man zum Hummusmachen? Auf jeden Fall Kichererbsen, ohne sie geht es nicht. Bei meinen Selbstmachversuchen startete ich – der »Convenience« halber – zunächst mit Kichererbsen aus der Dose. Ich bilde mir aber im Vergleich ein, dass man das Metall der Dose bis ins fertige Hummus hinein schmecken kann, deshalb stieg ich ziemlich bald um auf Kichererbsen aus dem Glas, die es mittlerweile sogar in Bio-Qualität günstig im Supermarkt gibt.
Bei den weiteren Zutaten scheiden sich die Geister. Es gibt Rezepte noch und nöcher im Netz, manchmal verraten sogar für ihr Hummus gerühmte Restaurants wie das Berliner »Kanaan« ihr Rezept dafür, aber DAS Hummusrezept ist schwer zu finden. Olivenöl rein – yay or nay? Wieviel Knoblauch, wenn überhaupt? Wieviel Salz? Mehrere Gewürze oder nur Kreuzkümmel? Zitronensaft ja, aber in welcher Menge? Zum Verdünnen pures Wasser oder »Aquafaba«(das aufgefangene Kochwasser bzw. der Konservensud der Kichererbsen)? Viele Fragen, viele Meinungen. Ich selbst hatte bei meinen Versuchen immer wieder Fehler bei der Zubereitung gemacht oder war mit dem Ergebnis nicht zufrieden, mein Hummus war nicht cremig genug (zu kurz püriert oder die Kichererbsen nicht weich genug gekocht), es schmeckte ein Gewürz oder eine Zutat zu stark heraus (zu viel Knoblauch, zu viel Kreuzkümmel, zu viel Zitrone) oder der Tahin-Geschmack war nicht optimal (zu bitter, zu stumpf, zu ölig, falsches Fabrikat). Alleine kam ich nicht weiter.
Am 15. Juni 2020 fragte ich Twitter:
Was ist Euer Gelinggeheimnis für perfektes selbstgemachtes Hummus? • Trockene Kichererbsen statt Dosen-/Glasware? • langes Einweichen/Kochen (bei Trockenware)? • viel/wenig Knoblauch? • viel/wenig Tahin? • bestimmte Gewürze? • Art/Dauer des Pürierens? • sonstiges?
— Edel sei der Mensch, hilfreich und woke. (Goethe) (@formschub) June 15, 2020
Der beste Tipp unter den vielen (sehr hilfreichen) Replys kam vom User @giardino in Form eines Links zu einem Hummus-Artikel im Blog »Ringelmiez«. Die drei dort notierten »drei Geheimtipps für perfekten Hummus« haben mich meinem Hummustraum deutlich näher gebracht.
Insbesondere der Ringelmiez-Tipp Nr. 2, »Kichererbsen schälen«, bringt qualitativ unglaublich viel, aber macht auch händisch unfassbar viel Arbeit. Für das Schälen von ursprünglich 250 g selbst gekochten Kichererbsen – jede Erbse einzeln zwischen Daumen und Zeigefinger aus dem glasigen Häutchen rausdrücken – brauchte ich etwa eine Dreiviertelstunde, im Volksmund eine »Arbeit für einen, der Vater und Mutter erschlagen hat«. Die Mühe lohnt sich zwar, aber es geht noch viel einfacher!
Leider hatte ich gestern Abend schon ungeschälte Kichererbsen eingeweicht, die ich nicht wegwerfen wollte und ich habe gerade ein halbes Pfund gekochte Kichererbsen einzeln von Hand geschält und jetzt können‘se mich wegbringen. pic.twitter.com/dbtdRt4IYq
— Edel sei der Mensch, hilfreich und woke. (Goethe) (@formschub) June 16, 2020
Unter dem Namen »Chana Dhal« gibt es in indischen Supermärkten, Asia-Supermärkten oder großen Reformhäusern/Biomärkten fertig geschälte, halbierte Kichererbsen zu kaufen. Das ist für mich, nach meinem jüngsten Versuch, der perfekte Rohstoff für das ultimative selbstgemachte Hummus!
Die beiden anderen Ringelmiez-Tipps (Kichererbsen selber einweichen und kochen sowie die Reihenfolge des Mischens der Zutaten) sind ebenso hilfreich, und ich habe dazu noch eine besondere Würzung ausprobiert, nämlich das »Hummus Gewürz« des deutschen Food-Start-ups »Just Spices«. Es bringt eine schöne, für mich perfekt ausbalancierte Gewürznote in das fertige Hummus. Und last not least habe ich inzwischen von der libanesischen Marke Al Yaman auch das beste Tahin-Sesammus für mich gefunden, es ist eine Empfehlung des Kochbuchautors und Kochs Yotam Ottolenghi und man kann es in vielen Online-Shops zu einem fairen Preis bestellen.
Fürs erste bin ich damit am Ziel des für mich derzeit besten Do-It-Yourself-Hummus-Rezepts angekommen. Was noch bleibt, ist, vor meiner nächsten Reise nach Leipzig zu Shady eine Portion zuzubereiten und sie heimlich im Restaurant mit dem dort bestellten Hummus zu vergleichen. Und danach finden sich bestimmt wieder einige Verbesserungsschritte, die ich nach der »Kaizen«-Philosophie auf dem Weg zu einem NOCH besseren Hummus-Ergebnis weitergehen könnte. Mal sehen.
Hummus
Zutaten für eine große Portion (3–4 Personen)
250 g getrocknete, geschälte Kichererbsen (Chana Dal) 2 EL Backpulver 1 Knoblauchzehe, geschält und grob gehackt 3 Prisen Hummusgewürz (»Just Spices«) 7 EL gutes Tahin (Al Yaman) 2 Prisen Salz 14 EL (150–200 ml) des Kichererbsen-Kochwassers Saft einer Zitrone
Zubereitung Kichererbsen in einem Sieb abspülen und in einer Schüssel oder einem Topf mit 1 EL Backpulver und gut mit Wasser bedeckt, für mindestens 12 Stunden einweichen lassen. Anschließend das Einweichwasser weggießen, die Kichererbsen in einem Topf gut 3 cm mit Wasser bedecken, erneut 1 EL Backpulver hinzufügen und auf kleiner Flamme für 1½–2 Stunden sehr weich kochen (Achtung: das kann währenddessen stark schäumen!). Die Kichererbsen sind gut, wenn sie sich zwischen Daumen und Zeigefinger leicht zerdrücken lassen. In einem Sieb abgießen (1 große Tasse Kochwasser auffangen!) und nochmals evtl. anhaftenden Schaum abspülen.
In einem Mixer den Zitronensaft, Tahin und 5–6 EL des Kochwassers zu einer cremigen Masse mischen. Die gekochten Kichererbsen, Knoblauch, Salz und Hummus-Gewürz zugeben und ca. 2–4 Minuten auf höchster Stufe pürieren. Durch löffelweise Zugabe von weiterem Kochwasser die Konsistenz bis zur gewünschten Cremigkeit steuern. (Tipp: Hummus dickt beim »Durchziehen« noch etwas ein. Es ist also okay, wenn es direkt nach dem Pürieren eine Idee zu flüssig erscheint – das gibt sich während der Ziehzeit!)
Einige Stunden oder über Nacht im Kühlschrank durchziehen lassen. Mit gutem Olivenöl beträufeln und wahlweise mit Za’atar, Sesamkörnern, gerösteten Pinienkernen oder Sumach bestreut servieren.
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