Autor: ProstetnikVogonJeltz

Gratinfluff

Normalerweise bin ich für »gute Vorsätze« zum Jahreswechsel eher nicht so zu haben, aber Anfang 2016 habe ich mal eine Ausnahme gemacht. Der Grund war, dass mich etwas an meinem täglichen Lebenswandel störte, das ich gerne neu justieren wollte. Das Wort »Essgewohnheiten« trifft es ziemlich gut, denn mit der Zeit schleichen sich oftmals – gerade während der Arbeitswoche tagsüber und abends – schlechte Gewohnheiten ein, die schnell zu nicht mehr hinterfragten Automatismen werden.

Und wenn man nicht mit einem »Schlankbleib-Gen« gesegnet ist, machen diese sich auch auf der Waage bemerkbar: Langweilige belegte Kettenbäckerbrötchen zum Frühstück oder als Mittagssnack. Täglich Kekse, Kuchen, Schokoriegel oder Gummibärchen als unbedacht nebenher verzehrte »Nervennahrung« im Büro. Cola oder andere Süßgetränke zum Durstlöschen. Abends der schnelle Anruf beim Bringdienst, um aus Bequemlichkeit mit Pizza, Burgern, Pommes oder Nudeln ohne großen Aufwand den Hunger zu stillen. Zu viel Industrienahrung, zu viel Zucker, zu viel Fett, zu viele »hohle« Kohlehydrate.

Deshalb steht bei mir seit Anfang Januar eine bewusstere Ernährung mit deutlich reduziertem Zucker- und Kohlehydratanteil und weniger industriell vorverarbeiteten Lebensmitteln auf dem Programm. Eine Folge davon: ich koche wieder mehr selbst. Dazu höre ich auf meine »somatische Intelligenz« und versuche, meinem Appetit und der Verträglichkeit des verzehrten Essens nachzuspüren. Der damit einhergehende moderate Gewichtsverlust (5 kg seit Neujahr) ist dabei ein willkommener Bonus.

Weshalb ich aber eigentlich diesen Blogbeitrag schreibe: Bei der Suche nach einem schmackhaften Ersatz für Béchamelsauce habe ich eine Low-Carb-Rezeptur entdeckt, von der ich so begeistert bin, dass ich sie hier gerne zum Nachkochen weiterempfehlen möchte. Nach dem Backen eines damit übergossenen Auflaufs entsteht eine wunderbar fluffige, an Soufflé erinnernde und würzig durchtränkte Masse, die zu vielen Gemüse-/Fisch-/Fleischaufläufen passt und durch weitere Zutaten (Tomatenmark, Kräuter, Gewürze) sicher auch noch raffiniert variiert werden kann. Hier ist sie:

Low-Carb-»Béchamel« mit Ei, Ricotta und Parmesan

Zutaten
(für eine große Auflaufform):

200 ml Gemüsebrühe
200 g Ricotta
150 ml Sahne
3 Eier
Schwarzer Pfeffer
1 Prise Muskatnuss
50 g frisch geriebener Parmesan

Einfach alle Zutaten in einem Messbecher mit einem Schneebesen gut miteinander verquirlen und über den Auflauf gießen und je nach weiteren Auflaufzutaten im Ofen bei 175 °C etwa 30–40 Minuten schön gebräunt überbacken. Auf dem Foto unten hatte ich in die Auflaufform mit Kochschinken umwickelte Lauchstangen gelegt und noch etwas geriebenen Gratinkäse zusätzlich obenauf gestreut.

Porreeauflauf mit Ei-Ricotta-»Béchamel«
Foto: formschub

Marinierter Räuchertofu

Bei meinem letzten Besuch im famosen chinesischen Retsaurant Da Jia Le in Berlin hatte ich das Vergnügen, aus der Speisekarte das »Kaltgericht« Nr. 29 – »Geräucherter Toufu mit Koriander« zu probieren und war aus mehrerlei Gründen begeistert. Zum einen hatte mich bislang kaum ein Gericht mit Tofu wirklich für diese Zutat begeistern können, außer vielleicht der zarte, an Eierstich erinnernde Seidentofu, der sich oft als Einlage in japanischer Miso-Suppe wiederfindet. Zum zweiten fügt das feine, aber nicht penetrante Raucharoma dem Tofu eine ganz eigene Note hinzu, die für sich genommen schon zum Experimentieren an weiteren Rezepten inspiriert. Und zum dritten war die servierte Marinade, die den Tofu und das Koriandergrün miteinander verband, ausgesprochen delikat und ließ mich sofort den Plan fassen, dieses Gericht in der heimischen Küche »nachzubauen«.

Insgesamt habe ich seither drei Versuche gestartet, dabei auch Räuchertofu von verschiedenen Herstellern ausprobiert und die Rezeptur mit meinem persönlichen Tofu-Favoriten nach eigenem Geschmack etwas ausgebaut und verfeinert. Die jetzige Version entfernt sich im Aroma ein wenig von dem ursprünglichen Restaurantgericht, sie ist etwas säuerlicher und frischer, aber ich finde das Rezept »finger licking good« und habe gerade eben wieder zwei Packungen Tofu damit zubereitet. Es lohnt sich, die 9 Zutaten dafür extra im Asiashop zu besorgen, denn die Marinade ist das Herzstück des Rezepts. Viel Spaß beim Ausprobieren!

Zutaten
für 1–2 Portionen:

1 Packung (200 g) Taifun Räuchertofu »Klassik«
1 Handvoll frisches Koriandergrün, gehackt

Für die Marinade:
3 EL gute Sojasauce (z.B. Kikkoman)
Saft einer halben Limette
1–2 TL chinesisches Fünfgewürzpulver
1 EL dunkles (geräuchertes) Sesamöl
1 EL helles (naturbelassenes) Sesamöl
1 TL geriebener frischer Ingwer
3 TL Ahornsirup, ersatzweise normaler Zucker
1 EL alter, nicht zu saurer Balsamico
nach Geschmack 1 TL Chiliöl oder 1 Msp. Cayennepfeffer

Alle Marinadenzutaten in einer flachen Schüssel gut miteinander verrühren. Den Tofu in feine Streifen schneiden (ca. 30 x 5 x 5 mm, etwa wie die Wurststreifen in Fleischsalat) und unter die Marinade heben. Das Koriandergrün obenauf geben und alles mindestens eine Stunde im Kühlschrank gut durchziehen lassen. Etwa 20 Minuten vor dem Verzehr aus dem Kühlschrank nehmen, wenn es nicht zu kalt ist, schmeckt es aromatischer.

Marinierter Räuchertofu
Foto und Rezept: © formschub

Sign oder nicht sign

»No«
Foto: © sboneham on flickr | Licensed under CC BY

Als kleine Hommage an das schöne Gedicht »Senf drauf« von Max Goldt und inspiriert vom täglichen, ach was, stündlichen Aufschäumen des Internets zu aktuellen Themen und Diskursen kredenze ich heute mal wieder ein paar selbstgetextete Verse:

Der Briefkasten voll Werbemist?
Das Wetter dauernd nass und trist?
Start ’ne Petition!

Benzin kostet schon wieder mehr?
Der Kühlschrank ist andauernd leer?
Start ’ne Petition!

Im Radio nur Schlagerdreck?
Merkel nervt, die soll bloß weg?
Start ’ne Petition!

Das geht schnell und kostet nix.
Schau, schon fünfzigtausend Klicks!
Jetzt müssen »die da oben« sehn:
so kann es nicht weitergehn!

Klaus Kleber trägt ne Scheiß-Krawatte?
Zu wenig Schaum im Caffe Latte?
Start ’ne Petition!

Penner stör’n das Straßenbild?
Zu wenig Titten in der BILD?
Start ’ne Petition!

Kinderlärm von nebenan?
Verspätung mit der Deutschen Bahn?
Start ’ne Petition!

Das macht Druck und geht ganz fix.
Geil, schon hunderttausend Klicks!
Jetzt zeigen wir es den Eliten,
das lassen wir uns nicht mehr bieten!

Du denkst, dies ist ein Scheißgedicht?
Was ich schreib’, gefällt dir nicht?
Start ’ne Petition!

Heimat, das sind Menschen.

Hallo, mein Name ist Thomas, ich bin jetzt 48 Jahre alt und kenne keinen Ort, kein Dorf, keine Stadt, die ich als meine »Heimat« bezeichnen würde.

Ich kenne Leute in meiner Familie, meinem Freundeskreis, unter Kollegen, bei denen dies anders ist – und ich vermute, das hängt sehr damit zusammen, wie und wo man aufgewachsen ist. Ich glaube, Heimat ist ein Gefühl, das sich durch das lange Verweilen an einem Ort (z.B. dem der Geburt oder Kindheit) verfestigt und durch häufige Ortswechsel, wie etwa Reisen oder Umzüge, auflöst. Ich lebe jetzt seit über zwanzig Jahren in Hamburg, weil ich hier einen tollen Job habe, weil ich die Stadt mag, weil das »Naturell« ihrer Bewohner dem meinen sehr ähnlich ist und weil ich hier Freunde habe.

Ja, ich fühle mich hier zu Hause. Aber ich könnte genausogut in Berlin, Leipzig, Stockholm, London, Amsterdam, Dublin oder Kopenhagen leben, um nur einige Städte zu nennen, die mir auch sehr gut gefallen.

Das Gefühl, keine geographische Heimat zu haben, hat seinen Ursprung in meiner Kindheit. Meine Großeltern kommen aus dem Südharz, aber auch sie wurden teilweise durch die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs dorthin verschlagen. Meine Eltern wurden zwar dort geboren, aber noch bevor ich das Licht der Welt erblickte, zogen sie (mit mir als Fötus im »Gepäck«) bereits das erste Mal um und so sollte ich im März 1967 rund 200 km vom Ort meiner Empfängnis geboren werden: in Friedberg, nördlich von Frankfurt/Main, wo mein Vater sein Studium absolvierte. Ich erinnere mich nicht mehr an meine ersten Lebensjahre in Hessen, ich habe nur Fotos von mir als pausbäckiges Kleinkind, die in jener Zeit aufgenommen wurden, aber meine Mutter erzählte mir, ich hätte im Zuge meiner sprachlichen Prägung sehr schnell das nachgestellte »Gell?« angenommen und als Kleinkind so quasi schon etwas vom hessischen Lokalkolorit assimiliert.

Der nächste Umzug, es muss um 1970 herum gewesen sein, führte uns zurück an den Rand des Harzes, nach Seesen, wo mein Vater seinen ersten Job nach dem Studium annahm. An diese Zeit habe ich tatsächlich rudimentäre Erinnerungen. Eines der Nachbarskinder, mit denen ich spielte, hieß Holger und von den Kinderspielen auf dem Innenhof trage ich noch heute ein »Souvenir« in Form einer haarlosen Narbe am Hinterkopf bei mir – ich war bei einer nicht sonderlich schlauen Variante des Fangenspielens – mit einer Spieldecke über dem Kopf – die Kellertreppe hinuntergefallen.

1972. Schon wieder umziehen. Diesmal nach Himmelsthür bei Hildesheim. Ich erinnere mich an Heckenrosen vor dem Haus, einen Spielkameraden namens Dirk, an Rosinenbrötchen vom umliegenden Bäcker. Da war ich fünf – und bekam eine Schwester.

1974 suchte mein Vater gezielt nach einer Anstellung im Ausland. Deutsche Ingenieure waren gesuchte Fachkräfte in aller Welt, die bei Bau- und Maschinenbautätigkeiten in vielen Regionen ihre Kenntnisse einbrachten und diese Jobs wurden gut bezahlt. Für die Kinder der »Auswanderer« stellten manche großen Firmen sogar eigene Kindergärten und Schulen auf die Beine. Und so hieß es 1975 erneut: umziehen! Diesmal übers Mittelmeer, ins französischsprachige Algerien, nahe der Stadt Constantine, die schon damals mehrere 100.000 Einwohner zählte. Es gab zwar ein eigens für die Facharbeiter der Firma errichtetes Wohngebiet, doch dieses war keineswegs wie ein Ghetto umzäunt.

Unsere Nachbarn waren Algerier, in deren Haus waren wir gelegentlich spontan zu Gast. Meine Eltern erzählten uns oft, wie fasziniert die Nachbarn und auch andere Einheimische von den weißblonden Haaren waren, die meine Schwester und ich zu dieser Zeit hatten. Von Algerien habe ich noch Erinnerungen an den Geschmack des selbstgebackenen Fladenbrotes der Nachbarsfamilie, an einen kleinen Bach jenseits der Straße, in dem Süßwasserkrabben, Frösche und Kaulquappen lebten, an Ausflüge in die Sahara, an Datteln, frisch von der Palme gepflückt und gegessen und an das Einkaufen in den wuseligen Basaren der Stadt, wo es nach Hammelfleisch, Brot, Abwasser und Gewürzen roch und an unsere junge Haushaltshilfe, Fatima, die außerhalb des Hauses immer schwarz verschleiert sein musste, und an ihre mit Henna rot gefärbten Handflächen.

Schon in der ersten Klasse hatte ich Französischunterricht, Madame Adas hieß meine Lehrerin und einer meiner besten Freunde hieß Ulrich. Es zerriss mir das Herz, als seine Eltern wieder aus der Nachbarschaft fortzogen mussten, zurück nach Deutschland oder in ein anderes Land, keine Ahnung. Mit 6 ist man noch zu jung für eine Brieffreundschaft, aber ich weiß noch: ich habe geweint.

Zurück nach Deutschland kamen wir 1975, es war wieder in der Nähe von Hildesheim. Eine neue Schule, neue Freunde, eine neue Wohnung. Auch einige meiner Mitschüler hatten offenbar Umzüge hinter sich, da waren zum Beispiel Mario aus Italien und zwei türkische Jungs, zweieiige Zwillinge, ihre Namen weiß ich nicht mehr. Zwei Jahre lang besuchte ich eine ganz normale Grundschule in Deutschland. Dann abermals: umziehen!

1977 nahm mein Vater erneut einen Job im Ausland an. Wieder Afrika, diesmal allerdings viel näher am Äquator. Nigeria hieß unser neues Ziel. Hier gab es eine übergreifende Deutsche Schule für die Kinder zugewanderter Arbeiter, aber es waren auch einige einheimische Kinder in den Klassen, meine Mathelehrerin war mit einem Nigerianer verheiratet, die Frau eines Kollegen meines Vaters und Nachbarn in unserem Wohnhaus, war Äthiopierin, ihre Kinder, Rodney und Colette, unsere Spielkameraden. Im Garten wuchsen Zuckerrohr, Papayas und Bananen, wenn wir als weiße Exoten zum Einkaufen oder bei Wochenendausflügen in ausschließlich von Schwarzen bewohnte Orte kamen, strömten oft Scharen von Kindern herbei und riefen »Oibo! Dash me!« (Weiße! Schenkt mir was!). Dass viele Einheimische nicht viel Geld hatten und die ausländischen Arbeiter im Vergleich merklich wohlhabender waren, äußerte sich nicht nur in diesen kleinen Aufläufen, sondern auch in gelegentlichen Überfällen und Einbrüchen auf Weiße bzw. in deren Wohnungen. Auch Bekannten unserer Familie passierte dies, wir aber hatten Glück.

Ich vermisste oft ganz banale Lebensmittel, die in Deutschland jeden Tag verfügbar waren: Mortadella, Schnittkäse oder Äpfel (dazu gibt es auch schon einen früheren Blogeintrag). Meine Oma ging derweil in Deutschland alle 14 Tage für mich zum Kiosk und kaufte für mich das neue YPS-Heft. Nur zweimal im Jahr maximal hatten wir einen freien Heimflug auf Firmenkosten nach Deutschland, die große Kiste YPS, die dann auf mich wartete, war jedesmal ein großes Highlight. Ich schloss neue Freundschaften, ging hier zwei Jahre zur Schule. 1979 zogen wir zurück nach Deutschland.

Das nächste Auslandziel war schon geplant: Venezuela. Anfang der Achtziger sollte es losgehen, der Arbeitsvertrag meines Vaters war schon unterzeichnet. Dann die Diagnose aus heiterem Himmel: Krebs. Kaum ein Jahr später war mein Vater tot, mit nur 37 Jahren. Ich war 14. Von nun an blieben wir eine lange Zeit in Deutschland.

Was geblieben ist von diesen vielen, oft schmerzhaften, aber auch unglaublich bereichernden Ortwechseln und Umzügen, ist die Gewissheit, dass ich überall leben könnte, wohin mich Menschen begleiten oder wo ich auf Menschen treffe, die ich mag, an denen mir etwas liegt, die mir verbunden sind, die mir Nähe geben. Heimat ist kein Ort, es ist ein Gefühl, eine Konstellation aus Geborgenheit, Zuversicht, Wohlbefinden und Freundschaft, vielleicht auch Liebe. Und es sind immer Menschen. Ohne sie kann kein Ort eine Heimat sein.

Heute lebe ich in Hamburg, dem »Tor zur Welt«. Ich finde es gut, dass dieses Tor zu beiden Seiten hin geöffnet ist, dass in meinem Viertel, in Barmbek, Geschäfte und Menschen aus zahllosen Ländern ansässig sind und dass ich in der Stadt auf Touristen und Einwohner aus allen Kontinenten treffe. Es spielt keine Rolle, ob sie hierhergezogen sind, hier geboren wurden, als Touristen zu Besuch, nur auf Zeit, des Jobs wegen oder aus Herzensangelegenheiten, ob sie bald wieder fortziehen oder Geflüchtete sind. Ich finde es selbstverständlich, dass meine Bekannten und Freunde Namen wie George, Nese oder Ario tragen und dass ich in meinem Job bisher unter anderem Serkan, Mehran, Monique, Jo, Poul Erik, Ngoc Minh und Ufuk begegnet bin. Diese Vielfalt ist ein unendlicher Reichtum – und ich möchte nie wieder so arm sein, wie diejenigen, die sich ihr verweigern.

Ich unterstütze die Initiative #BloggerFuerFluechtlinge und würde mich freuen, wenn auch einige meiner Blogleser sich mit einer Spende am Fundraising des Projekts beteiligen.

Blogger für Flüchtlinge

Wer auf seiner Seite ebenfalls ein Banner der Aktion einbinden möchte, kommt per Klick auf das Bild zum Blog tollabea.de, wo diese schöne visuelle Umsetzung entstand und in vielen Varianten frei zum Download bereitsteht.

»Pesto Mojo Verde«

Bei Besuchen in diversen Tapas-Restaurants ebenso wie bei meinen bislang zwei Urlaubsreisen auf die schöne Kanaren-Insel La Palma kam ich an der Spezialität »Papas Arrugadas con Mojo« nicht vorbei. Für dieses »Arme-Leute-Essen« werden ausgesucht kleine Kartoffeln in stark mit Meersalz versetztem Wasser so lange gekocht bzw. anschließend noch im abgegossenen Topf abgedampft, dass die Schale eine runzlige Struktur bekommt und mit einer Schicht aus kristallinem Salz bedeckt ist.

Die dazu gereichte(n) Sauce(n), »Mojo« genannt, gibt es in »rojo« (rot) und »verde«, sie werden kalt püriert, bestehen aus Olivenöl, Knoblauch, Paprika, Kräutern und Gewürzen, können in verschiedenen Schärfegraden angerührt werden und sind eigentlich iberische Verwandte der berühmten Frankfurter »Grie Soss« bzw. des italienischen Pesto. Der Unterschied zu Pesto besteht im Wesentlichen im Fehlen des Nuss- und Käseanteils (Pinienkerne, Parmesan) – und da dachte ich mir heute: Wieso probiere ich nicht mal aus, wie eine Mojo schmeckt, das man mit passenden Zutaten der spanisch-kanarischen Küche zu einem »echten« Pesto ergänzt?

Hier mein Rezept für den – wie ich finde – sehr gelungenen ersten Versuch:

Zutaten
(als Dip für 3–4 Personen)

150–200 ml gutes Olivenöl
1 Bund glatte Petersilie, gewaschen und entstielt
1 Bund Koriandergrün, gewaschen und entstielt
8 kleine milde grüne »Bratpaprika«, entkernt, entstielt und halbiert
1 kleine Knoblauchzehe
80–100 g gereiften, etwas härteren Manchego-Käse, fein gerieben
100 g geschälte (blanchierte) Mandeln
Saft einer kleinen Zitrone
1 Zweig Thymian
1 TL Tabasco (nach Geschmack und gewünschter Schärfe)
1/2 TL Kreuzkümmel
1 Prise Zucker
Salz und Pfeffer

Die Kräuter mit dem Öl, der Paprika, Mandeln, Zitronensaft und Gewürzen im Mixer auf höchster Stufe zu einer feinen Masse pürieren und mit Salz, Zucker und Pfeffer abschmecken. Dabei nicht zu viel Salz nehmen, denn der Käse enthält ja auch welches. Die pürierte Masse in eine Schüssel umfüllen und den geriebenen Käse unterheben. Im Kühlschrank einige Stunden gut durchziehen lassen.

Dazu gibt’s heute bei uns die erwähnten »Papas Arrugadas«, Quark und geräucherte Lachsfilets.

Beim nächsten Mal werde ich ausprobieren, wie sich der Geschmack verändert, wenn die Bratpaprika tatsächlich vorher gebraten und die Mandeln in einer Pfanne leicht angeröstet werden. Ich vermute, dadurch wird das Pesto etwas weniger grün und frisch, sondern durch die Röstnoten etwas kräftiger und herzhafter.

¡Que aproveche!

Pesto Mojo Verde
Foto: © formschub

Fakten, Fakten, Faktos

Vor rund sechs Jahren hatte ich hier einen Blogartikel über die Hausschrift »Faktos« des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV) verfasst. Da ich immer bemüht bin, bei Berichten die verdienten Urheber zu nennen, hatte ich dies mittels Netzrecherche auch hier unternommen – musste jedoch nun aufgrund eines freundlichen E-Mail-Hinweises des Designerkollegen Philip Lammert feststellen, dass die im Netz am häufigsten genannte Quelle nicht zwangsläufig die »rechtmäßige« ist. Das möchte ich hiermit korrigieren.

Philip hatte recherchiert, dass statt des zunächst genannten Schriftsetzers Dieter Steffmann der amerikanische Designer Cory Maylett aus Salt Lake City der verantwortliche Schriftgestalter ist. Die »Faktos« findet sich sowohl auf seiner Bēhance-Seite als auch auf seiner Website wieder, allerdings ohne Angaben zum Entstehungszeitraum oder Link zum kostenlosen oder käuflichen Herunterladen der Schrift.

Ich habe daraufhin Kontakt mit Cory Maylett aufgenommen und ihn dahingehend befragt und erhielt eine sehr freundliche Antwort inklusive eines extra aufgrund meiner Nachfrage eingerichteten Links zum Gratis-Download des Original-Fonts, dem man seine 24 Jahre, wie ich finde, nach wie vor nicht ansieht. Hier ein Auszug aus der E-Mail des Schriftgestalters:

Hi Thomas,

Thank you for tracking me down. Yes, I’m the designer of Faktos, and yes, others have pirated it, called it their own, produced new variants and illegally posted copies on the Internet. I designed and released the font in Postscript Type 1 format way back in 1991. Due to the many pirated versions floating around, I no longer expect any reimbursement for using Faktos, but hardly a month goes by that I don’t see it used somewhere. I haven’t even made it available on my website for several years.

Your note, though, prompted me to set up a download page and post newly compiled TrueType and OpenType versions of the font there.
The direct address is http://maylett.net/faktos.

For what it’s worth, I hadn’t opened the font file for, probably, 15 years until today.
(…)
The character set isn’t as large as it should be, and there are many refinements I’d make if I were building it today. Perhaps someday I’ll get around to doing just that. In the mean time, the only official (and legal) version of the font can be downloaded from the link above.

Thanks again for the note. I greatly appreciate you wanting your blog link to lead to the right place.

Cory Maylett

Ich freue mich ebenso über den netten Hinweis von Philip wie über die Antwort von Cory Maylett und möchte hiermit allen interessierten Lesern die Möglichkeit zum Download der Original-Schrift weiterreichen. Wer je viel Arbeit in die Entwicklung oder Kreation einer Idee, eines Textes, eines Designs oder anderer kreativer Leistungen gesteckt hat, weiß, welchen Wert die Nennung und Würdigung der Urheber für deren Arbeit und für sie selbst hat, selbst wenn – wie hier – nicht einmal Geld für die Nutzung ihres »Produkts« gefordert wird. Sie verdienen es einfach.

U-Bahnhof Hamburg Jungfernstieg
Foto: © Ingolf on flickr | Licensed under Creative Commons