Autor: ProstetnikVogonJeltz

Ganz großes Kino

Wann ist ein Film zu Ende? Klar: spätestens, wenn das Licht im Kino angeht. Trotzdem gab es früher in Filmklassikern die schöne Sitte, nach der Schlussszene einen eigens gestalteten »The End«-Titel einzublenden, ehe der Abspann begann.

Der in den Niederlanden ansässige Grafik-Designer und Typo-Fan Christian Annyas hat sich die Mühe gemacht, für hunderte Filme seit den Anfängen des Kinos die Standbilder der Start- und Endtitel der Werke zusammenzutragen und zu katalogisieren – schwarzweiß wie farbig, Klassiker wie B-Movies, puristisch wie kitschig. Was für eine famose Seite! Ich könnte einen ganzen Diaabend nur mit dem Betrachten dieser mit viel Liebe zum Detail, oft speziell für den jeweiligen Film typographierten Seiten verbringen.

Daneben hat der filmverliebte Designer eine Sammlung großartiger Filmtitelsequenzen der Designikone Saul Bass erstellt und auch das Blog des Gestalters ist eine wahre Fundgrube für Typofreunde und Retrofetischisten. Augenfutter galore.

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Screenshot source: The Movie Title Stills Collection, courtesy of Christian Annyas

Jenau so isset.

An diesem Schalter saß die nächste Mother Goose, diesmal in Form eines jungen Mannes mit olivener Haut und scharfen Wangenbartkanten. Er berlinerte mich sanft mit süßen Nichtigkeiten nieder, half mir meine morgentapsig verwurschtelten Reiseunterlagen zu sortieren und fragte mich nach meinen Sitzplatzpräferenzen. Wie in Kino und Wohnung schätze ich eine schöne Aussicht, deshalb wünschte ich mir: »Am Fenster, vor dem Flügel.« Mit großartiger Geste präsentierte er mir: »2A!« Spätestens jetzt war ich am Dauerlächeln.

Die Kaltmamsell schmust in famos formulierten Worten mit diversen Berlinern.
Eine Leseempfehlung.

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Photo: © former Flickr user cynthusia | Some rights reserved

Foyermeldung

Die Frau vor mir am Geldautomat braucht unglaublich lange, bis sie den Automaten für den nächsten Bargeldjunkie in der Schlange wieder freigibt. Aber nicht, weil der Bedienvorgang übermäßig Zeit bräuchte. Sondern, weil sie das entnommene Geld anschließend, noch am Automaten stehend, in ihrem grotesk riesigen Portemonnaie verstauen möchte, das sich in ihrer nicht minder gigantischen Handtasche befindet.

Und das dauert. Handtasche öffnen, reingehen, Lichtschalter suchen, Licht ist natürlich kaputt. Also im Dunkeln langsam hoch in den ersten Stock – kein Portemonnaie zu sehen. Treppe wieder runter, Erdgeschoss absuchen, Portemonnaie finden. Zu schwer, es alleine rauszutragen. Handy suchen, beste Freundin anrufen, Freundin nicht da. Runter in den Keller, Sackkarre suchen, endlich die Karre die Treppe zum Erdgeschoss hochwuchten, oben das Portemonnaie draufladen, mit der Sackkarre zurück in den Bankvorraum. Dort wartende Automatenkunden bitten, beim Abladen und Öffnen des Portemonnaies zu helfen, gezogenes Geld in die Börse sortieren. Und dann wieder retour: Portemonnaie mit Geld auf die Sackkarre, rein in die Handtasche, usw.

Männer sind da schneller. Anstehen, zack! vor den Automaten treten, Karte rein, PIN vergessen, dreimal auf Verdacht irgendwas eintippen, Karte weg, raus.

Geldautomat
Foto: © achimh | Some rights reserved

Update: Sehr schön wurde derselbe Gedanke filmisch umgesetzt von Martina Hill für ihre Comedysendung »Knallerfrauen«:

Nicht egal!

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Dass mich Fußball als Sportart nun mal nicht die Bohne interessiert und ich das auch ab und zu erwähne, mag dem einen oder anderen meiner Blogleser nicht entgangen sein. Aber dass es jetzt eine Bloginitiative gegen Homophobie im Fußball gibt, finde ich gut und unterstützenswert. Mehr davon! Wo bleiben Formel Eins, Handball, Rugby, Boxen, Leichtathletik …? Ach, und überhaupt – wieso nur Sport! Am besten wäre doch, einfach alle Bereiche miteinzubeziehen, in denen Homophobie jeden Tag stattfindet. Gibt’s ja schließlich und leider immer noch zur Genüge. Also:

homophobie-button

Update: Hier noch ein paar Links rund um das Thema
(ich nehme gerne weitere entgegen):

  • Eine sehr lesenswerter und grandios geschriebener Beitrag zur Aktion Libero im Freitagsspiel Blog: Ich ist etwas Anderes.
  • Über Twitter kursiert aktuell ein »Casting Call« an junge (österreichische) Schauspieler, die in einem Kurzfilm der Non-Profit-Initiative »Project Homophobia« mitspielen möchten.
  • Seit Sommer 2007 kursiert ein originelles, aus Frankreich stammendes Poster, das sich gegen Homophobie beim (Rugby-)Sport aussprach, im Netz.
  • Die australische Inititiative This is Oz fordert auf Instagram und Facebook jeden dazu auf, ein fotografisches Statement gegen Homophobie abzugeben. Tolle Idee! (Noch toller wäre natürlich eine deutsche oder gar europäische Version.)
  • Don’t Stand for Homophobic Bullying – ein gelungener Spot im Rahmen der Anti-Homophobie-Kampagne Stand Up! des irischen LGBT-Jugendnetzwerks BeLonG To.

Getoverit
Photo: © kafka4prez | Some rights reserved

Für F̷Weinschmecker

Da sag noch einer, Sonntag morgens faul im Bett liegen und ins Internet gucken sei Zeitverschwendung. Denn ohne diese Matratzenexkursion wäre mir am vergangenen Sonntag eine höchst begrüßenswerte Schlemmerveranstaltung völlig entgangen:
Als Teil der Eventserie Besonders-Hamburg lud die Veranstalterin Johanna Pröbstl zum »Besonderslecker«-Markt in eine Halle auf dem Gelände des Museums für Arbeit ein. Hier präsentierten von 11:00 bis 19:00 Uhr rund drei Dutzend in Hamburg beheimatete Läden, Manufakturen und Unternehmer ihr Angebot rund um Küche, Kochen, Trinken und Essen. Die 4,– Euro Eintritt waren ein fairer Preis für den Einlass zu der kleinen, aber feinen Foodschau, zumal darin ein Gratisexemplar eines von mehreren ausliegenden Wohn- oder Kochmagazinen enthalten war.

Nach zwei gemächlichen Rundgängen durch die Location (einer zum Gucken und Probieren, einer zum Kaufen) waren unsere Taschen gut mit einer erlesenen Ausbeute gefüllt: Feine Karamell- und Schoko-Brotaufstriche und Tafelschokoladen von Schokovida und Kakao Kontor Hamburg, ein Williams-Christ Birnenbrand von Vergiss Berlin, ein Glas Zucchini-Chutney von »Muttis Streichobst« und je eins mit Rote-Bete-, Wildkräuter- und Kürbis-Pesto von »biowerk Feinkost« und »Die Feinen Wilden«. Lecker!

Eine der für mich interessantesten Ideen kam von der Gewürzmanufaktur 1001 Gewürze: ein Sortiment aus zehn fein durchkomponierten Gewürzmischungen, welche die Aromen bestimmter Weine »ergänzen und zitieren«. In Kooperation mit dem Hamburger Weinhändler Rindchen’s Weinkontor entstanden spezielle Aroma-Gewürzcuvées für Rot- und Weißweine: Cabernet-Sauvignon, Merlot, Pinot Noir, Shiraz (die »Roten«) und Chardonnay, Sauvignon Blanc, Riesling (die »Weißen«). Schon das Öffnen und Riechen der Weißblechdöschen bereitet Genuss – die gelungenen Assoziationen an die Weinaromen mischen sich mit spontanen Rezept- und Zutatenideen für Wild, Rotkohl, Salatdressings, Schmorgerichte, Gemüse, Risotti … wobei die runden Kompositionen ihre Tiefe auch ungewöhnlichen Ingredienzen wie Kakaobohnensplittern, Sumach, Paradieskörnern, Schwarzen Johannisbeeren, Akaziensamen oder Langpfeffer verdanken. Sehr inspirierend!

Lobenswert auch, dass diese schöne Veranstaltung mal abseits der »angesagten« Viertel wie Eppendorf, Ottensen oder Altona im vielfach unterschätzten Barmbek stattfand. Und das sage ich nicht nur, weil ich da um die Ecke wohne. Am 25. März 2012 findet sie zum nächsten Mal statt – am besten jetzt schon mal im Schlemmerkalender notieren.

Hier noch ein Link: Besonderslecker bei Facebook.

Weingewuerz
Foto: © formschub

Cowsourcing

Aus der Reihe »Twitterer fragen, Follower antworten«, heute: In Hamburg auf der Suche nach dem perfekten Rindersteak. Gerne Bio, vorzugsweise regional – so rief ich in meine Timeline hinein. Geantwortet haben @ottoerich, @frolleinanna, @meta_morfoss, @maekuz und @Sciarazz (mit einem nachgereichten zweiten Tipp).

Getestet habe ich nach dem Besuch aller verfügbaren Websites – aus dem Bauch heraus (hihi) – zunächst die Filiale der 1836 gegründeten Fleischerei Beisser am Klosterstern. Unten meine Beute: eins von zwei »dry aged Club Steaks« vom rotbunten Schleswig-Holsteiner Niederungsrind. Ambitioniert bepreist, aber erstens gönne ich mir sowas höchst selten und zweitens kriegt man dafür auch exzellente Qualität fürs Geld – beim fachmännischen Braten in der schweren schwedischen Gußeisenpfanne mit anschließender Medium-Ofengarung bei 80 °C spritzte nix, trat kaum Saft aus, schrumpfte nix zusammen und anschließend zerging das Fleisch geradezu auf der Zunge. Ein Genuss!

Allen Tippgebern noch einmal herzlichen Dank, ich habe alle Adressen gebookmarkt und setze die Tests bei nächster Gelegenheit fort.

Steak
Foto: © formschub