Kategorie: Abgeschmeckt

Restaurants, Kneipen und Lebensmittel im Test

Det is Balin, wa?

Nach langer – eigentlich unbegründeter – Pause regte sich gestern mal wieder der Appetit auf Mexikanische Küche. Eine kurze Netzrecherche und wir erkoren übereinstimmend das Alcatraz (Bundesplatz 6) zum Versuchsobjekt. Und können es nach ausgiebigem Testessen uneingeschränkt weiterempfehlen: Gemütliche Ausstattung, angenehm gedämpftes Licht, nette Atmosphäre, durchweg leckeres Essen und freundliche Bedienung. »Unsere« war ein rustikal temperiertes Berliner Original und sorgte von Anfang an beim Servieren mit launigen Sprüchen für Stimmung.

Schließlich orderte ich abschließend noch ein Hefe im Kleinformat (nulldrei). Und ihr lautstarker Kommentar beim Servieren brachte den Anblick des zierlichen Weizenbierglases dann stimmungsvoll auf den Punkt: »Is det nich süß? Det is doch süß, wa? So wat süßet!«.

Jawoll. Isset.

Mox reveniam.*

Mei oh mei, über drei Monate ohne Eintrag. Tut mir wirklich leid. Nicht, dass in der Zwischenzeit nichts passiert wäre. Im Gegenteil. Aber manchmal sind Ereignisse eben so persönlich, dass sie unveröffentlicht bleiben müssen. Fakt ist: bis jetzt habe ich immer gerne gebloggt. Und ich mache regelmäßig weiter, sowie dem wieder so ist. Bis dahin gibt’s zumindest schon mal ein paar Restaurant-Tipps in Kurzform:

Hamburg:
Ristorante La Strada, Dorotheenstraße 182a – Gemütlicher Italiener im mittleren Preissegment mit fein komponierten Gerichten, z.B. hausgemachter Salsiccia und dem selten kredenzten, aber exorbitant leckeren Fürstenberg Hefeweizen.

Indonesisches Restaurant Fong Hee, Bramfelder Dorfplatz 25 – Das etwas angejahrte, gutbürgerliche Ambiente täuscht: Die vielfältige Speisekarte birgt zahllose Leckereien abseits üblicher Asia-Küche, z.B. frittierte Erdnussplätzchen mit Kaffir-Limettenblättern als Vorspeise.

Argentina House, Bramfelder Chaussee 302 – Kettenfreies Steakhaus mit sehr moderaten Preisen und einwandfreier Qualität. Einziges Manko: in der Beilagenkarte vermissen Liebhaber die Klassiker Potato Wedges und Cole Slaw Salad.

Berlin:
M.A.O.A. Modern Art Of Asia, Leipziger Platz 8 – Genial einfaches Konzept; Für rund 20 EUR gibt’s »all you can eat« vom üppigen Selbstbedienungs-Zutatenbüffet. Einfach eine der leckeren Marinaden auswählen, eine Schale mit einer individuellen Komposition der (rohen!) Köstlichkeiten aus der Auslage füllen und an der offenen Garküche abgeben. Nach wenigen Minuten wird das persönlich kreierte Gericht am Tisch serviert. Und dann einfach von vorn …

* Google knows … 😉

Prag I (Nachtrag)

28. Februar. Zum Geburtstag (morgen) darf ich mich dieses Jahr über das Geschenk einer Kurzreise nach Prag freuen. Was könnte besser geeignet sein, die leichte Melancholie angesichts einer »0« im Lebensalter gleichermaßen zu lindern wie zu kultivieren (ich sage nur: Kafka)? Voll im Einklang mit dem omnipräsenten Thema »Klimaschutz« reisen wir heuer mit dem Zug in die goldene Stadt. 12:39 ab Berlin Gesundbrunnen mit dem EuroCity 177, Fahrtzeit: 4 Stunden 42 Minuten, Endstation: Praha Holesovice, ein Nebenbahnhof ca. 5 km vom Stadtzentrum entfernt. Wie erwartet ist das Aufkommen an Pragreisenden an einem Mittwochmittag sehr übersichtlich und wir haben ein herrlich geräumiges Abteil in dem überraschend neuen und modern ausgestatteten Zug für uns ganz allein.

Die landschaftlich schöne Strecke, u.a. durchs Elbsandsteingebirge, lenkt den Blick immer wieder aus dem Fenster, die Zeit und die Zwischenhalte in Elsterwerda, Dresden-Neustadt, Dresden, Bad Schandau, Schöna, Decin und Usti nad Labem ziehen wie im Flug an uns vorbei (vielleicht auch unterstützt durch die je zwei leckeren Schwarzbiere »Kozel« aus dem nahegelegenen Speisewagen). Leicht verspätet erreichen wir gegen 17:40 den Zielbahnhof, von dem aus direkt eine Etage tiefer die U-Bahn ins Prager Stadtzentrum fährt. Eine Wochenkarte für das Prager Nahverkehrsnetz kostet ganze 280 Kronen (rund 10 EUR), so dass sich dies auch lohnt, obwohl wir nur fünf Tage hier bleiben.

Mit einmal Umsteigen sind wir eine knappe halbe Stunde später am U-Bahnhof Národní trida, fünf Gehminuten von unserem Cityappartement.
Was mich in der Prager Metro immer wieder fasziniert, ist die rasante Geschwindigkeit der Rolltreppen. Phlegmatiker, Senioren und Angsthasen haben hier keine Chance – außer »Augen zu und drauf«. Kein Vergleich mit dem gemütlichen Gleiten heimischer Automatikstiegen in Kaufhäusern und Bahnhöfen.

Erschreckend in ihrer Unauffälligkeit sind in einigen Metrostationen die messingfarbenen Schilder, die die Wasserstände in den U-Bahn-Stationen nach der Jahrhundertflut 2002 markieren. In der Station Malostranska z.B. befindet sich ein solches direkt auf Höhe des Zugangs zur etwa 20 Meter abwärts führenden Rolltreppe. Die Metrostation stand demnach nahezu vollständig unter Wasser. Das Erstaunlichste: nichts sonst deutet darauf hin, alles ist vollständig renoviert und wiederhergestellt.

Unsere kleine, aber feine Unterkunft liegt tatsächlich mitten im Herzen Prags, in einer unglaublich ruhigen, kopfsteingepflasterten Seitenstraße, hoch über den Dächern in der vierten Etage. Der herrliche Ausblick durch die dachschrägen Fenster lässt sich trotz der Abenddämmerung erahnen, hinter den zahllosen Giebeln ragen goldgelb bestrahlt der Veitsdom und das Nationaltheater empor.

Die Frage, was in Prag auf dem Speiseplan steht, stellt sich bestenfalls für Vegetarier. Fleischliebhaber müssen sich lediglich entscheiden, wo sie ihr Mahl einnehmen, denn die typischen Prager Gerichte serviert fast jedes einheimische Restaurant: Ente mit Rotkraut und Knödeln, Rinderlendenbraten mit Preiselbeeren, Schnitzel, Bratwurst und so weiter. Wir entscheiden uns heute für den bekannten Bierkeller U Glaubicu (Malostranske namesti 266) – und werden nicht enttäuscht. Die riesige halbe Ente ist kross und lecker, die fluffigen Knödel eignen sich prima zum Auftunken der würzigen Soße und der Rotkohl schmeckt wie bei Muddi. Vorweg gab’s übrigens eine kräftige Rindfleischsuppe mit Einlage, die tatsächlich sehr hausgemacht schmeckt – keine Spur von Brühwürfelaroma oder Konservenfleisch. Zum Runterspülen natürlich Bier, wozu sind wir in Prag? Die Marke, Velkopopovicky Kozel, kennen wir ja schon aus dem Zug.

Wie gut, dass nach den geschätzten 3000 Kalorien noch ein kleiner Walk zurück zum Appartement angesagt ist. Im kleinen, gemütlichen Wohnzimmer über den engen Gassen der Stadt geht der erste Tag unserer Reise zuende.

Paris III (Nachtrag)

Heute ist Museumstag. Passt gut zum trüben, grauen Wetter. Ohne Regen, immerhin. Nach Frühstück und Netzrecherchen bezüglich Adressen, Öffnungszeiten und Programm machen wir uns auf den Weg. A ins Musikinstrumentenmuseum der Cité de la Musique und B (ich) ins Louvre. Eigentlich interessieren mich eher moderne und zeitgenössische Kunst, aber Größe, Architektur, Bedeutung und Kollektion des Louvre sind schon eine Klasse für sich: Über 300.000 Kunstwerke aus 2.500 Jahren Kunstgeschichte, davon allein 35.000 Gemälde, auf mehr als 60.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche. Die gläserne Eingangspyramide. Der »Gastauftritt« als Originalschauplatz in der Verfilmung von »The Da Vinci Code«. Die Mona Lisa. Die Venus von Milo. Allez!

Innerlich schon aufs Schlangestehen gefasst, werde ich im Foyer angenehm überrascht. Nach wenigen Minuten bin ich im Besitz eines Tickets und auf dem Weg in die Ausstellungsräume. Ich lasse die gigantischen Säle, Galerien und Flure insgesamt auf mich wirken und schaue nur näher an, was mir auffällt, mich berührt oder mir schlicht gefällt. Nach rund zweieinhalb Stunden habe ich meine Dosis Kultur für diesen Tag absorbiert – und mein persönliches Lieblingsgemälde gekürt: »Magdalena-Bay, vue prise de la presqu’île des tombeaux, au nord du Spitzberg; effet d’aurore boréale« von François Auguste Biard (1789–1882). Eiskalt, blau und grausam schön.

Unsere Wiedervereinigung nach den getrennten Museumsbesuchen begießen wir im Pub »Le Frog and Rosbif« (116, Rue St. Denis) mit einem hausgebrauten Guinness-Imitat namens »Dark de Triomphe«. Schmeckt deutlich besser, als der Kalauer androht.

Der nächste Programmpunkt ist ein kleines Konzert auf einer der größten Kirchenorgeln Frankreichs in der nahegelegenen Kathedrale von St. Eustache. Der Eintritt ist frei, die Musik himmlisch, die Akustik unbezahlbar. Eine kleine Entdeckung am Rande ist ein wunderschön schlichter Seitenaltar, gestaltet von Keith Haring. Wir gehen, den Orgelklang noch im Ohr. Es ist Abend.

Sonntag ist offenbar für viele Pariser Restaurants der obligatorische Ruhetag. Daher stehen wir bei einigen empfohlenen Adressen prompt vor verschlossener Tür und erkunden das Umfeld nach Alternativen. Fündig werden wir im »Pathya« (222, Rue de Championnet), ein einladendes chinesisch-thailändisches Lokal mit einer appetitanregend umfangreichen Karte und überraschend zivilen Preisen. Die Portionen (Reis zum Hauptgericht nur auf Wunsch) sind nicht üppig, aber ausreichend, der Service freundlich und schnell, die bestellten Gerichte sind lecker und aromatisch gewürzt. Dazu ein fruchtig-runder Bordeaux – kann man nichts sagen fürs Geld. Das Dessert folgt heute mit etwas zeitlichem Abstand, eine kleine improvisierte Käseplatte aus dem Kühlschrank unseres Appartements. Dazu Sofa, Wein und Zweisamkeit. Der Ausklang dieses Kurzurlaubs.

Merci et au revoir, Paris!

Paris II (Nachtrag)

Das Schöne an Kurzurlauben ist – finde ich – dass die Zeit so schön langsam vergeht. Ausschlafen bis halb zehn, gemütlich aufstehen, Frühstück machen (Fuck All Inclusive – Selbstverpflegung rules!), ausgiebigst frühstücken, spontan den weiteren Tagesplan schmieden. Keine Hektik. Keine Termine. Kein anderes Bier.

A propos Frühstück – delikate Entdeckung: Ein vor Ort gekauftes Glas vermeintlicher Schwarzkirschkonfitüre entpuppt sich bei näherem Hinsehen als ein speziell zur Kombination mit Schafskäse (sic!) kreierter Fruchtaufstrich. Und rein zufällig haben wir den benannten »Tomme de Brebis« auf dem Tisch. Und probieren. Schafscamembert mit Kirschmarmelade. Klingt ein bisschen nach Notlösung bei Ebbe im Kühlschrank – schmeckt aber sen-sa-tio-nell. Iswahr.

Weiter mit der Tagesplanung: Wir entscheiden uns für einen Stadtbummel mit Zwischenstopp bei zwei der größten Pariser CD-/DVD-Shops FNAC und Virgin Megastore (Update: beide inzwischen geschlossen). Trotz der Riesenauswahl packt mich vor den DVD-Regalen ein wenig die Ernüchterung, weil fast alle Filmtitel auf französisch kaum Ähnlichkeit mit dem Originaltitel haben. So heißt z.B. »Der Weiße Hai« (OT Jaws) auf französisch »Les Dents de la Mer« (Die Zähne des Meeres). Einen bestimmten Film zu finden, ist da eher Glückssache. Da es allerdings ohnehin kaum DVDs mit deutschem Ton oder Untertiteln gibt, beschließe ich: »L’avarice, c’est chaud!« (Geiz ist geil) und kaufe nichts.

Nach einigem Fußmarsch meldet sich Durst. Unser Reiseführer überrascht mit der Information, dass auch hier in Paris ein paar englische Pubs Fuß gefasst haben. Wir kehren ein ins gemütliche »Mc Bride’s« (54, Rue St. Denis) und freuen uns, dass es den Euro gibt. Denn so hat der für je 0,5 l Cider und Guinness anfallende Betrag von 13,50 EUR wenigstens noch einen günstigen Klang.

An einem normalen Nicht-Urlaubs-Samstag wäre es nach all dem jetzt schon mindestens abends halb acht. Da es aber tatsächlich erst kurz nach fünf ist, will ich die legendäre Lebensmitteletage der Galeries Lafayette nun doch einmal mit eigenen Augen sehen. Tja. Warum bloß bin ich lediglich mit Handgepäck hier, ich Idiot? Wenigstens einen leeren kleinen Schrankkoffer hätte ich mitnehmen sollen. Gegen dieses Angebot an Spezereien aus aller Welt kommt selbst das Berliner KaDeWe nur mit Mühe an. Allein die Menge an Senfsorten übertrifft schon die Zahl der mir bekannten Würste. Contenance!

Es gelingt mir, die anbrandenden Appetitwellen auf das nahende Abendbrot umzulenken und wir begeben uns, wieder gemeinsam, ins »Pub Saint Lazare« (10, Rue du Rome). Für nur 34 EUR p.P. wird hier ein dreigängiges Menü inklusive einer halben Flasche Wein angeboten. Die einzelnen Gänge können dabei aus einer ansehnlichen Liste frei zusammengestellt werden. Ich entscheide mich für Entenleberpastete auf Brot an Feigenconfit, Entrecôte mit Roquefortsauce an Grilltomate plus Ofenkartoffel und Crème Brûlée als Dessert. Chapeau! Das komplette Menü begeistert durch feine, raffinierte Details. Das Brot ist herrlich ofenwarm und harmoniert perfekt mit dem kühlen Schmelz der Leberpastete, die Ofenkartoffeln sind mit Walnußöl benetzt und die Grilltomate ist mit einem Spritzer Estragonessig gewürzt. Das Knacken der Karamelkruste auf der samtweichen Crème Brûlée fordert die letzten Kraftreserven. Ein Espresso noch, und dann: Gute Nacht!

Travestie für Carnivore

Es hat lange gedauert, bis ich die vegetarische Küche für mich entdeckt habe. Oma und Opa mütterlicherseits besaßen eine eigene Fleischerei, so dass Fleisch und Wurst ein untrennbarer Teil meiner frühesten Geschmackserinnerungen sind. Opa kaufte zwar die Rinderhälften auswärts ein, aber die Schweine lebten noch direkt hinterm Haus im Stall (auch draußen), labten sich an Futter mit eingemischten Essensresten und wurden selbst geschlachtet und frisch verarbeitet. Der Geschmack war unvergleichlich, ich habe später selten Wurst und Fleisch probiert, das so echt und lecker schmeckte. Auf dem Teller meiner Kindheit gaben sich ansonsten die mit mütterlicher Liebe zubereiteten Klassiker der Siebziger ein Stelldichein: Gulasch, Frikassee, Kasseler, Frikadellen, Eintöpfe, Rouladen, Kohlrouladen, Fischstäbchen. Das Vegetarischste neben den Beilagen (Bonduelle!) waren Kartoffelpuffer, Eierkuchen und Milchreis.

In den Achtzigern machten die »Ökos« erste Geschäfte auf. Ich hab’s immer mal wieder probiert, mich dort vollwertig-vegetarisch begeistern zu lassen, aber entdeckte in den Regalen lange Zeit nur genussfremde, bröckelige und fade Produkte (auch Fleischimitate), deren Geschmack in umgekehrt proportionalen Verhältnis zum Sendungsbewusstsein ihrer Fürsprecher stand.

Die Entdeckung der indischen Küche (Chicago, 1992) hingegen war eine Offenbarung. Endlich vegetarisches Essen ohne Öko-Nimbus, faszinierend neue Aromen und Zubereitungen, die das »fehlende« Fleisch gar nicht erst vermissen ließen. Und das war der Punkt: Die Form- und Geschmackstravestie, mit der Tofu, Seitan und Co. als vegetarisches Hack, Würstchen und Bratlinge verzweifelt versuchten, im aroma- und gewürzgetränkten Kleid den Fleischfresser zu verführen, machte mich nie wirklich an. Wenn Lebensmittel einander imitieren, hat das für mich immer etwas von »Ersatz« – wie bei Muckefuck oder Kaffeeweißer. Wenn sie hingegen ihre wahren Stärken ausspielen können, dann wird’s auch kulinarisch interessant.

Heute gehören Biomärkte und vegetarisches Essen (neben Fleisch) ganz selbstverständlich zu den festen Komponenten meiner leiblichen Versorgung. Die modernen Ökoprodukte sind zu ausgereiften und leckeren Alternativen geworden. Und da habe ich doch tatsächlich jüngst einen kleinen vegetarischen Snack im Fleischkostüm entdeckt, mit dem ich mich ab und zu auf einen Pausenflirt einlasse: »Wheaty Spacebar Hanf«. Schmeckt und kaut sich wie ein leicht geräuchertes, etwas zähes Bockwürstchen.
Na, geht doch.

Hanfriegel

Edinburgh II (Nachtrag)

So frühstückt der Schotte im Hotel: Kaffee, Buttertoast mit Marmelade (Orange), Oatmeal-Cracker mit Käse, sautierte Champignons und Cherrytomaten, gebratene Würstchen, Bacon, Rührei, Orangensaft. Eine okaye Mahlzeit zu Beginn des zweiten Urlaubstages, der trüb und regnerisch beginnt.

Erster Programmpunkt: Umzug in das neue, eigentliche Domizil für den Rest unseres Aufenthalts: ein Apartment in Edinburghs »New Town«, wenige Straßenzüge vom Hotel entfernt. Was für ein Unterschied! Mehr Platz! Ein eigenes Wohnzimmer! Ein Himmelbett! Und einer der rührigsten und nettesten Gastgeber unserer bisherigen Urlaubslaufbahn, der uns bereits kurz nach Eintreffen mit etwa zwanzig Adressen seiner persönlichen Lieblingslokale, -cafés, -pubs und -geschäfte versorgt und deren Koordinaten eigenhändig im Stadtplan eines Touristenbreviers markiert. Ergo: Aufbruch. Vier Tage bleiben uns noch, für alle Empfehlungen schon jetzt viel zu kurz.

Während der Stadterkundung Zwischenstopp im Plaisir du Chocolat. Ohne Worte. Hundertfünfzig Sorten frisch gebrühter Tee. Konfekt. Trinkschokolade in lukullischsten Varietäten und Torten, für die dieses Wort eigentlich eine Beleidigung ist. Wer Schokolade liebt, wird hier bei Ladenschluß flehen, bleiben zu dürfen. Wer Kalorien zählt, sollte sich vorher mit der Exponentialdarstellung großer Zahlen vertraut machen.

Das Dinner nehmen wir (später!) nach einem bestätigenden Blick auf die Karte im empfohlenen Restaurant Browns ein, direkt an der belebten George Street (131–133). Großzügige, altehrwürdige Räume, hoch und stuckverziert, modern möbliert und dezent beleuchtet. Die Akustik in dem großen Gastraum ist zwar etwas lauter, aber stört weder bei der Konversation noch beim Essen. Und das ist auch gut so. Geteilte Vorspeise: Warme Ziegenkäse-Crostini mit Nüssen und karamelisierten Birnenspalten an einem Salatbukett. Eine tolle Kombination, die zum Nachkochen und zu eigenen Varationen anregt! Dann die Hauptgänge. Von Rustikaler Noblesse: Gebratene Kalbsleber auf Kartoffel-Wirsingpüree und – etwas exotischer – Lachssteak unter der Senf-Kräuter-Kruste mit Kartoffeln und Meeresspargel. Dazu Leffe und Staropramen vom Fass. Fleisch und Fisch sind auf den Punkt gegart, Würzung und Saucen gekonnt komponiert. Eine gute Adresse!

Zurück im gemütlichen Kokon unseres temporären Zuhauses macht ein tagsüber erworbenes Sortiment an Whisky-Miniaturen (Scotch natürlich!) eine spätabendliche Verkostung leider unumgänglich …

Edinburgh I (Nachtrag)

Fünf Tage in Schottlands Hauptstadt. Kurzurlaub zu zweit. Flug ab Hamburg mit British Airways, Flugzeit anderthalb Stunden. Schön, mal wieder hier zu sein – der letzte Schottlandurlaub davor ist schon fast nicht mehr wahr. Mit dem Taxi in die Innenstadt zur vorläufigen ersten Unterkunft, ehe unser eigentliches Quartier bezugsfertig ist, aber dazu später mehr. Für die erste Übernachtung logieren wir im Hotel Walton, kaum fünf Fußminuten von Edinburghs Zentrum. The rooms: tiny, but cosy, indeed.

Da es erst später Nachmittag ist, halten wir uns mit der Inspektion des Hotelambientes nur wenige Minuten auf, dann lockt uns die Neugier auf ein echt schottisches Bier in einen Pub-Tipp unseres vor Ort erstandenen Reiseführers, Kay’s Bar, 39 Jamaica Street West. Freundlich und hilfsbereit seien die Schotten, sagt man. Stimmt! Denn als wir uns nicht sofort für eins der etwa zehn frischzapfbaren, uns völlig unbekannten lokalen Biere entscheiden können, bietet uns der zwirbelbärtige Pubkeeper nach kurzer Eingrenzung der groben Geschmackspräferenz (»strong and malty«) tatsächlich vier kleine Gläser mit je einem Schluck zum Probieren an. Dafür: Daumen hoch – ebenso wie für das schottentypisch zimmerwarm eingeschenkte »Heavy Ale« unserer Wahl, das wir in einer winzigen Sitznische des gemütlichen Pubs nippen und das angenehm, aber ungewöhlich muskatellersüß die Geschmacksnerven streichelt. – Cheers!

Wieder draußen, erwartet uns Regen. Schottland eben. Da Bier nur bedingt sättigt, befragen wir die Reiseunterlagen nach Empfehlungen umliegender Restaurants. Zwei davon inspizieren wir, lediglich einigermaßen benetzt, dann spült uns der anhaltende Niederschlag in das anheimelnd beleuchtete Nargile, 73 Hanover Street. Der türkische Besitzer persönlich empfängt uns im noch fast leeren Restaurant. Ein Tisch für zwei ohne Reservierung? Erst ernstes Kopfschütteln, dann eine Pause und breites Grinsen. What a naughty little beggar! Als Vorspeise wählen wir ein Mezze-Potpourri: Rote-Bete-Salat, warme marinierte Hähnchenkeulen, geschnetzeltes Lamm, Hummus und verschiedene vegetarische Miniaturen. Alles fein gewürzt und überaus delikat. Begleitet von einem fruchtig-leichten, türkischen Rotwein, setzt sich der Genuss mit dem nächsten Gang genauso köstlich fort: Gegrillte Hähnchenrouladen mit Krebsfleisch-Füllung (sic!) in einer Zitronen-Kapern-Sauce bzw. Lammfleisch, Auberginenpüree und Pitawürfel in einer sämig-würzigen Tomaten-Butter-Sauce. Exzellent!

Wir beschließen das Dinner – und dieses Kapitel – mit einem ungesüßten türkischen Mokka (Kardamom-gewürzt) und kugeln durch die nassen, nachtbeleuchteten Straßen Edinburghs zurück in unser kleines Hotelzimmer.