Kategorie: Außer Haus

Unterwegs in Stadt und Land, im Urlaub und auf Reisen

Schweden (IV)

Spätestens seit meinen Urlauben in der Nähe des dänischen Hafenstädtchens Ebeltoft und auf Bornholm bin ich ein Fan der dänischen (und auch schwedischen) Sill-Fischsalate. Milde, ungesäuerte, zarte Heringshappen in köstlichen, würzigen Saucen und Tunken, am besten hausgemacht direkt in den kleinen Fischläden am Hafen gekauft.

Hier im Landesinneren Schwedens bleibt zum Fischkauf nur der lokale Supermarkt, in dessen Kühlregal es lediglich industrielle Glasware mit Sillzubereitungen gibt. Doch direkt daneben lockte vakuumverpackt der »pure« Sill zum Selbsteinlegen und inspirierte mich zu den folgenden vier improvisierten Rezepten, die offensichtlich recht gut gelangen, denn von den zubereiteten 700 g Fisch ist kaum noch was übrig. Smaklig måltid!

Mango-Curry-Sill

Zutaten
ca. 200 g Sill (milder, gewässerter Salzhering, in mundgerechte Stücke geschnitten)

Für die Sauce:

6 EL Crème Fraîche
2 EL Mayonnaise
100 g frische Mango, gewürfelt
1 EL mildes Currypulver
Salz, schwarzer Pfeffer
1 TL Zitronensaft
nach Geschmack etwas entkernte, fein gehackte rote Chilischote

Die Zutaten für die Sauce im Mixer fein pürieren und abschmecken. Dabei den verbliebenen Salzgehalt des gewässerten Herings mit berücksichtigen. Die Sillstücke unter die Sauce heben und 1/2 bis 1 Tag durchziehen lassen.

Senf-Dill-Sill

Zutaten
ca. 200 g Sill

Für die Sauce:

2 EL Dijon-Senf
2 EL süßer grober Senf
3 EL Crème Fraîche
1 EL Mayonnaise
2 TL schwarze Senfkörner
1/2 Zwiebel, fein gewürfelt
etwas Madeira
Olivenöl
Salz, schwarzer Pfeffer
1 TL Zitronensaft
1 EL frischer Dill, fein gehackt

Schwarze Senfkörner im Olivenöl erhitzen, bis sie anfangen zu springen. Auf Küchentuch etwas abtropfen und abkühlen lassen. Die Zwiebelwürfel in Olivenöl goldgelb anschmoren, mit Madeira ablöschen, noch einige Minuten bei schwacher Hitze weichdünsten lassen und zum Abkühlen vom Herd nehmen. In einer Schüssel Senf, Mayonnaise, Crème Fraîche, Zitronensaft und Dill zu einer glatten Sauce verrühren. Abgekühlte Zwiebelwürfel und schwarze Senfkörner unterrühren und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Dabei den verbliebenen Salzgehalt des gewässerten Herings mit berücksichtigen. Die Sillstücke unter die Sauce heben und 1/2 bis 1 Tag durchziehen lassen.

Tomaten-Gewürz-Sill

Zutaten
ca. 200 g Sill

Für die Sauce:

1/2 Zwiebel, fein gewürfelt
100–150 ml Rotwein
2–3 EL konzentriertes Tomatenmark
1 Tomate, entkernt und fein gewürfelt
ca. 1/4 TL Nelkenpulver
ca. 1/4 TL Piment
Olivenöl
Salz, schwarzer Pfeffer
1 TL brauner Zucker oder Honig
2 TL Balsamico

Die Zwiebelwürfel in Olivenöl goldgelb anschmoren, mit Rotwein ablöschen und noch einige Minuten bei schwacher Hitze weichdünsten lassen. Tomatenmark, Tomate, Nelken, Zucker/Honig und Piment zugeben und die Sauce bei schwacher Hitze 10–15 Minuten weiterköcheln lassen. Eventuell mit etwas Wasser verdünnen. Nach dem Abkühlen die Sauce im Mixer pürieren und mit Salz, Pfeffer und Balsamico abschmecken. Dabei den verbliebenen Salzgehalt des gewässerten Herings mit berücksichtigen. Die Sillstücke unter die Sauce heben und 1/2 bis 1 Tag durchziehen lassen.

Zitronen-Dill-Sill

Zutaten
ca. 200 g Sill

Für die Sauce:

6 EL Crème Fraîche
2 EL Mayonnaise
1 EL frischer Dill, fein gehackt
1 TL Rosa Pfefferkörner, grob gemörsert
Salz, schwarzer Pfeffer
2 TL Zitronensaft
1 Msp. abgeriebene unbehandelte Zitronenschale

Die Zutaten für die Sauce gut verrühren und abschmecken. Dabei den verbliebenen Salzgehalt des gewässerten Herings mit berücksichtigen. Die Sillstücke unter die Sauce heben und 1/2 bis 1 Tag durchziehen lassen.

Schlicht und ergreifend

Ein kleines kulinarisches Telegramm vom Dinner des gestrigen Abends, eingenommen im Restaurant »Das Weiße Haus«:
Serviert wurde das drei- bzw. viergängige »Überraschungsmenü« (die Benennung der Speisen erfolgt nach meiner persönlichen Erinnerung).

  • Amuse Gueule: gekräutertes Weißbrot mit Rucola-Crème-Fraîche
  • Vorspeise: Mariniertes Carpaccio mit Rucolasalat und Kapuzinerkresseblüte
  • Zwischengang: Bandnudeln in Pfifferlings-Sahnesauce mit Baconstückchen
  • Hauptgericht: Gebratene Entenbrust mit grünem Spargel, Zuckerschoten und Babymöhren an Couscous auf Kirsch-Gewürzsauce
  • Dessert: Dunkle Mousse au Chocolat auf Schokobiskuit mit Knusperhippe und Bananen-Safran-Sorbet (das Dessert lag leider jenseits meiner Kapazität)

Die Inneneinrichtung des eher kleinen Restaurants ist hell, nordisch-schlicht und gemütlich, der Service freundlich, dezent und aufmerksam, das Essen durchweg sehr gut. Alle Zutaten waren exzellent zubereitet und das Zusammenspiel der Aromen gut ausbalanciert, hier und da konnte mit dem in kleinen Schälchen bereitstehenden groben Salz und Pfeffer den persönlichen Vorlieben etwas nachgeholfen werden. Ein kleines Extra-Gaumenhighlight war die vom Nebenteller probierte, in Vanillesud pochierte, gehäutete Cherrytomate, die dort als Deko neben dem servierten Zanderfilet zu unrecht eine Nebenrolle spielte. Eine innovative Aroma-Idee, die ich bestimmt mal in ein eigenes Rezept überführe.

Geführt wird das Restaurant, seit Tim Mälzer sich dort zurückzog, von dem verbliebenen Ex-Partner Christian Senkel. Die Presse schreibt: »Nach Tim Mälzers Rückzug bekommt man wieder leichter einen Tisch.« Diesen Umstand sollte ausnutzen, wer gute, aber nicht teure Gastronomie zu schätzen weiß.

Das Weisse Haus

Amrum (IV)

Boje

Sonne und Wind. Die Luft schmeckt nach Salz. Mit dem Rad durch die Dünen, es rauscht in den Ohren, nur die sich überschlagenden Vogelschreie dringen hindurch. Am Strand weiter zu Fuß, hier ist die Brise noch schärfer. Die meisten Naturwanderer kommen uns entgegen, Frühaufsteher kehren eben eher zurück. Am nördlichsten Punkt der Insel wechseln wir für den Rückweg über auf die Westseite der Landzunge.

Hier legt der Wind noch einmal zu, mit jedem Schritt durch den weichen, nachgebenden Sand, frontal gegen den stetigen Luftstrom, wird der Spaziergang zum merklichen Kraftakt. Wir wandern über einen Teppich aus Muscheln und Steinen, spüren das Knirschen und Splittern unter den Sohlen, aber um es zu hören, ist der Wind viel zu laut. Einfach gehen, auch mal ohne zu reden. Der helle Sand gleißt unter der Sonne, einige flüchtige Schleier wehen wie lebendig über die breite Strandebene. Ab und zu verdunkeln Wolken die Sonne, aber es bleibt trocken. Friesenwetter. Am Horizont hüpfen vereinzelt dunkle Silhouetten auf der Wasserlinie hin und her: Wind- und Kitesurfer, für sie ist das stürmische Wetter ein Segen.

Buntgewürfelt, verstreut kommen im Grünbeige der Landschaft Anzeichen für das Ende des Rundweges in Sicht: Strandkörbe, Surfbretter, ein verwitterter Kiosk. Der Wind läßt uns los, wird hinter der Düne zum Säuseln, zerzaust nur noch die Haare. Der Kopf ist frei.

Amrum (III)

Regenbogen

Ich merke, dass ich im Urlaub »angekommen« bin, wenn ich Zugang zu den Dingen hinter den Dingen erhalte. Das Bedürfnis, Sehenswertes zu besichtigen oder bestimmte Orte aufzusuchen, tritt plötzlich zurück hinter dem Gefühl, ganz gelassen jeden Moment zu genießen und einfach nur dort zu sein, wo man gerade ist. Das Reiseziel ist dann auf einmal mehr als eine fremde, bunte Kulisse, die besichtigt und ausgekundschaftet wird. Und dann ist es auch völlig okay, wenn der Tag nicht aus Plänen, Zielen und Ereignissen besteht, sondern nur ganz easy vor sich hinpassieren kann.

So war es heute. Ein heftiger Wolkenbruch während der Radtour wird dann eben in einem Unterstand überbrückt, die Einkehr in einen Strandkiosk am Rande des südlichen Kniepsandes kann sich mit Reden, Schauen, Sonnen und Sitzen auf Stunden erstrecken, ein kleiner Grillimbiss wird durch einen Plausch mit der Frittierfachkraft belebt und der Fotoapparat wird ohne Reue den ganzen Tag nicht benutzt.

Das »Ual Öömrang Wiartshüs«, wo wir gestern abend zu Gast waren, liegt nur fünf Minuten entfernt vom Hotel. Und es war gut. Warum also nicht wieder? Und nach dem erneut köstlichen Essen lässt sich die Chefin auf eine Zigarette am Nebentisch in der sich leerenden Gaststube nieder, spendiert einen Wacholderschnaps, raucht dem wohlverdienten Feierabend entgegen und erzählt so offen und freundlich von ihrem Gasthaus und aus ihrem Leben, als ob wir schon seit Jahren bei ihr einkehren würden.

Schön hier.