Kategorie: Haar in der Suppe

Alles, was schlechte Laune macht

Killerfilme verbieten!

Da schaut man sich nichtsahnend »Spion in Spitzenhöschen« an, eine sogenannte »Komödie«, die in Deutschland seit Jahrzehnten – auch in die Hände von Minderjährigen – schamlos über den Ladentisch wandert, und stößt dann unvermittelt auf völlig inakzeptable Aufforderungen zu sinnloser Gewalt. Wo bleibt die Politik? Ich bin erschüttert.

Shoot for fun
Szenenfoto: © Warner Home Video (Zeitindex 00:38′:02″)

Wer knackt den Kot?

Wieder mal Werbung, die ich nicht verstehe. Wenn auch nur im Detail. Der oberflächliche Betrachter dieses Citylight-Aushängsels am Hamburger Dammtor mag mutmaßen, es handele sich ganz straight um ein Außenwerbemittel, welches eine außergewöhnliche Ballung von IT-Kompetenz in Niedersachsen propagiert, belegt durch den aktuellen Veranstaltungstermin der CeBIT Hannover. So weit, so gut.

Doch bei näherem Hinsehen fällt dem aufmerksamen wartenden Zugpassagier der vermeintlich fehlerhafte Fleck unterhalb der Headline ins Auge (grüner Pfeil). Dieser entpuppt sich im Closeup mitnichten als Fehler, sondern als eine hübsch auf einem Strohbouquet drapierte Ansammlung von Stoffwechselendprodukten der Spezies Equidae (vulgo: Pferdeäpfel). Was man auch erst mal erkennen muss, da der Haufen derart verschämt winzig wiedergegeben ist, dass er eher der Losung eines Rammlers gleicht. Ich frag mal ganz offen: Was macht die Reittierkacke auf dem IT-Plakat?

Ja, ich habe den Abbinder mit Pferdebezug am Fuß des Plakates gelesen. Aber das macht mich weder schmunzeln noch verstehen. Sind Computer scheiße? Machen Pferde in Niedersachsen überall hin, sogar auf Plakate? Ist die Messe kacke und man sollte lieber zu Hause bleiben? Oder ist das ein geheimer Marketingkotcode und man kann richtig was gewinnen, wenn man drauf kommt? Gerne würde ich noch weiter rätseln, aber, ach, da kommt mein Zug. Shit!

Nachtrag: Niedersachsen informiert über die Kampagne. Stichworte: Jung von Matt, Marketingpreis, Prise Humor. Na dann …

Kotplakat

Flüchtige Weihnachten

Internet ist ja echt ne tolle Sache. E-Mail auch. Alles ist immer sofort rund um die Uhr augenblicklich allgegenwärtig hier da überall oder wo man es braucht. Aber manchmal finde ich »Real Life« irgendwie schöner. Weihnachten zum Beispiel.

Dies war das erste Jahr, in dem der Anteil eingehender (geschäftlicher) Weihnachts-E-Mails den »echter« Karten überstieg. Und obwohl sich darin zuhauf Links zu witzigen Weihnachtskalendern, Videoclips oder Gewinnspielen fanden, ließen mich die meisten Mails seltsam gleichgültig zurück. Getippt, geklickt, versendet. An mich und ’zig Empfänger im Wimpernschlag. Schönen @vent und fröhliche wwweihnachten allen.

Doch möchte ich wirklich Weihnachtsgrüße »im Anhang« vorfinden oder achtzeilige E-Mail-Vertraulichkeitsdisclaimer unter einem lieblos zwischen den Textzeilen klemmenden Weihnachts-JPG sehen? Wenn gute Wünsche von Herzen kommen, sollten Sie dem Empfänger Wertschätzung zeigen. Eine Unterschrift mit Kuli oder Füllhalter, und sei es in einer von 1000 Karten, ist mir mehr wert als ein »@« im Absender. Es muss ja gar nicht exklusiv, witzig oder kostspielig sein (Finzanzkrise, ick hör dir trapsen) – auch über ein samtiges Papier, schöne Typographie und den Geruch frischer Druckfarbe kann ich mich als alter Printhase freuen. Da bin ich ganz offline und steh auch dazu.

Also, seid schön brav und schickt nächstes Jahr wieder mehr Karten.

Kalter Kaffee

Seit 1993 bringt der italienische Espressohersteller Lavazza alljährlich einen kunstvollen, großformatigen Fotokalender heraus. Die Crema der internationalen Fotografie durfte dafür bereits die Produktwelt des bekannten Kaffees inszenieren – Helmut Newton, Ellen von Unwerth, David LaChapelle oder Jean-Baptiste Mondino.

Für 2009 sollte nun Lichtbildikone Annie Leibowitz dem braunen Elixier huldigen. Doch zumindest meine Erwartungen wurden enttäuscht. »I’ve been photoshopped!« schreit jedes Kalenderblatt, die Motive wirken auf mich ebenso leblos wie überladen und spätestens der Teller Spaghetti, der im September/Oktober serviert wird, geht gar nicht mehr. Dann lieber Tee statt Espresso.

2005 war der nicht ganz so prominente holländische Fotograf Erwin Olaf für die Umsetzung des Kalenders verantwortlich. Auch seine Lavazza-Bildwelten sind sicher Geschmackssache, aber sein z.T. grenzwertig-morbides Web-Portfolio finde ich atemberaubend.

Erwin Olaf Door
Ein Motiv Erwin Olafs aus der Serie »Paradise Portraits« am Eingang der Vrije Academie, Werkplaats voor beeldende Kunsten, Den Haag
Photo: © roel1943 | Some rights reserved

Marketingquark meets Budenzauber

Allüberall in der Stadt wird aufgestellt, gebaut und gehämmert. Denn pünktlich zum ersten Advent wollen unzählige Weihnachtsmärkte errichtet, beleuchtet und betannengrünt sein. Auffällig: der Trend weg von rustikalen, erzgebirgigen Fachwerkbutzen hin zu mondänen Tütengiebelpavillons aus dezent-elfenbeinfarbener Plane. So auch an der alsterseitigen Chichimeile des Hamburger Jungfernstiegs. Die Schilder an den Ständen verheißen packende Offerten: »Jägerzimmer«, »Olivenholz« und »Headwear« etwa – Knecht Ruprecht birgt manche Überraschung im Sack.

Ein so exclusives Event schlicht mit »Weihnachtsmarkt« zu betiteln, wäre da ein grober Fauxpas. Nein, ein zeitgemäßes Eventkonzept muss her, das die adventliche Budenphalanx mit einem adäquaten Motto parfümiert. Und hier ist es: »Weltstadtweihnachten meets Winterzauber«. Internationalität, Metropolenambiente, Festlichkeit, Niveau und Emotionalität, vereint in einer uniquen Tagline, die den Benefit impactstark penetriert. Da wird mir gleich ganz weihnachtlich.

Weihnachtsmarkt

Solidaritätstirade

Frau Gröner bloggt über Ruhestörung in der Oper und spricht mir damit voll aus der Seele. Das Thema ist nahtlos übertragbar auf Kino, Ballett oder Theater und ein Grund, warum ich mir Filme prinzipiell nur noch auf DVD anschaue. Das längere Warten auf den Erscheinungstermin ist ein mehr als angemessener Preis für den ungetrübten Aufführungsgenuss ohne tumb-lärmende, mit ADS und Ignoranz geschlagene Trolle im Publikum. Leider gibt’s die meisten Bühnenaufführungen nicht nach vier Monaten zum Ausleihen in der Videothek.

Die Palette der Nervperformances im Publikum übertrifft übrigens oft den Einfallsreichtum der inszenierenden Regisseure: Kinder auf dem Nebensitz, die während der Vorstellung pfundweise Fruchtgummi mampfen, um dann ihren artifiziell aromatisierten Mageninhalt neben meinen Schuhen zu erbrechen. Oder launige Kinocliquen, die es offenbar für originell halten, einen Picknickkorb zwischen sich zu platzieren (so klang es jedenfalls im Dunkeln) und daraus in knatternde Alufolie gewickelte Schnittchen und dutzendweise ploppende Flensflaschen zu entnehmen, Schlemmergrunzen und Prostgegröhle inklusive. Da fällt das unaufhörliche Kommentargemurmel eines Begleiters an seine Sitznachbarin (Simultanübersetzer für ausländische Operngäste: eine Geschäftsidee mit Zukunft?) schon fast in die harmlosere Kategorie. Schön auch die Anekdote meiner Schwester über eine nölende Gang pubertierender Deppen, die nach etwa 30 Minuten in diesem Film mit Jodie Foster lautstarkes Unverständnis darüber abzusondern begannen, warum der für Scheiße befundene Streifen eigentlich »Fightplan« hieße, wo doch weder Krieg noch Kickboxen zum Plot gehörten. Naja. Ein L wie Lesen kann man schon mal übersehen.

Oft dachte ich schon, wie nett es doch wäre, wenn man die aus dem Flugzeug bekannte Technik der individuellen Tonversorgung am Platz auf Theater und Lichtspielhäuser übertrüge. Einfach den schalldichten In-Ear-Kopfhörer in die Armlehne stöpseln und willkommen, Kunstgenuss. Doch genau genommen wäre das auch nichts anderes als elektronische Kapitulation. Doch was bleibt, außer Tadeln, Wüten, Fliehen? Weitergehendes verbieten Gesetz und Erziehung. Oscar Wilde hatte schon recht, als er sagte: »Having had a good upbringing nowadays is a great disadvantage as it excludes you from so many things.«

Ich fühle mit Ihnen, Frau Gröner.

Preisverdächtig

»Die Deutsche Bahn erhöht ab 14. Dezember ihre Ticketpreise in der zweiten Klasse um durchschnittlich 3,9 Prozent. Als wesentliche Gründe dafür gab Vorstandsmitglied Karl-Friedrich Rausch gestiegene Energie- und Personalkosten an. Seinen Angaben zufolge steigen die Preise für die BahnCard im Durchschnitt um 3,6 Prozent.«

(Quelle: tagesschau.de vom 29.08.2008)

Im Kontext dazu untenstehend die Textbotschaften des brandneuen Bahn-Werbespots für das »Dauer-Spezial«-Angebot (mit Zugbindung und offenbar ohnehin kaum zu bekommen). Zwei Botschaften, perfektes Timing, perfekte Glaubwürdigkeit.

Bahnpreise_Spot