Eben gerade stellte @claudine in meiner Twitter-Timeline eine interessante Frage an ihre :
Eure Meinung ist gefragt: die absoluten »don’t do it« von Firmen auf twitter?
Mit diesem Thema beschäftige ich mich derzeit aus eigenem Interesse, da ich für Agentur, die ich mit zwei Partnern Anfang des Jahres gegründet habe, auch einen (noch jungen) Twitteraccount angelegt habe. Da stellt sich natürlich die Frage: was twittert man da? Und was/wie besser nicht?
Ich habe Claudine 10 Punkte genannt, die mich ganz persönlich an gewerblichen Twitterern nerven und die ich als Business-Twitterer auf jeden Fall versuchen würde, zu vermeiden:
1. Nur senden
Es gibt kaum etwas Langweiligeres als Accounts, die einen Tweet nach dem anderen raushauen und so tun, als seien sie völlig alleine bei Twitter. Da wird nicht gefragt, auf keinen Follower reagiert, ein häppchenweiser Monolog heruntergeleiert – ohne Interesse an dem, was im Netz und bei Twitter eigentlich zählt: die Menschen. Langweilig wie eine Bahnsteigansage.
2. Desinteresse an Dialog suggerieren
Auch der Inhalt der Tweets kann abschottend wirken. Wer sich selbst nur zelebriert, ohne Feedback anzuregen, Lobhudeleien über Marke und Business als einzigen Content anbietet, also als reine Reklameschleuder agiert, kann auch Funkwerbung buchen. Das »Please don’t disturb«-Schild am Türchen des Twitteraccounts.
3. Auf Fragen nicht/schleppend reagieren
Ganz schlimm wird es, wenn Follower von sich aus etwas fragen, und der Firmentwitterer partout nicht aus dem Quark kommt. Bei E-Mails gilt eine Antwortfrist von 24 Stunden als gerade noch akzeptabel, bei Twitter würde ich diese gut und gern vierteln. Eine gewisse Wartezeit ist nicht unklug, da ggf. andere Follower des Unternehmens als Community agieren und dem Fragenden ihrerseits kompetente Antworten bieten. Das kann das Unternehmen aufgreifen und so einen fruchtbaren Gruppendialog anregen und mitführen. Aber spät oder gar nicht antworten geht gar nicht.
4. Kritik negieren/ignorieren
Follower sind kein Lobvieh, sie haben auch Probleme. Produkte gehen kaputt, enttäuschen Erwartungen oder werfen Fragen auf. Gewerbliche Twitterer, die dies abwiegeln, schneiden sich ins eigene Fleisch. Eine Antwort, die mich in Geschäften und bei Hotlines nach Schilderung von Problemen regelmäßig in Rage bringt, ist »Das kann eigentlich nicht sein«. Wer Kritik nicht ernst nimmt und als Chance zur Verbesserung bergeift, nimmt seine Kunden nicht ernst. Und wenn die dann weglaufen, ist das kein Schmollen, sondern verständlich.
5. Zu oft twittern
Hier geht es mir wie mit Newslettern. Einmal pro Woche ist gerade noch okay, alle zwei bis drei Tage ist schnell die Nervschwelle erreicht. Da stellen sich mir die Fragen »Wieso packen die ihre gesammelten News nicht in weniger E-Mails?« oder »Befürchten die, dass ihre Kunden gleich eine Insolvenz vermuten, wenn mal drei Tage kein Newsletter kommt?«. Also bitte nicht alle 20 Minuten einen Tweet abschicken, das ist so penetrant wie an der Haustür Sturm klingeln.
6. Zu selten twittern
Das Gegenteil ist genauso kritisch. Verwaist anmutende Twitteraccounts, durch die man im Geiste schon digitale Tumbleweeds kugeln sieht, lassen vermuten, das Unternehmen sei entweder desinteressiert oder mit dem Kanal inhaltlich bzw. personell überfordert. Manchmal mag diese Vermutung sogar die Wahrheit sein. Wer als Unternehmer einen Twitteraccount anlegt, muss sich klar darüber sein, das dies engagierte Pflege, Zeit und personelle Ressourcen erfordert. Der große Name an der Tür oder ein tolles Produkt reichen noch lange nicht, um Follower länger bei der Stange zu halten.
7. Pausenlos dieselben selbstbezogenen Tweets wiederholen
Unverständnis befällt mich, wenn ich manche meiner Neufollower-Accounts anklicke und dort gebetsmühlenartig immer wieder dieselben drei bis vier Tweets lese: »Unser neues Produkt XXX ist ab sofort erhältlich!«, »Gehe jetzt zu YouTube/Facebook etc. und vote für das Video unseres neuen Produkts XXX!«. Wie Bart und Lisa Simpson auf der Rückbank des Wagens, die ohne Unterlass krakeelen »Sind wir bald da? Sind wir bald da? Sind wir bald da? Sind wir bald da? …« Steter Tropfen höhlt hier nicht den Stein, sondern das Hirn. Und weckt schnell Fluchtimpulse.
8. Humorlos twittern
»Verschenke ein Lächeln, und Du bekommst eins zurück.« Sollte eigentlich so sein, ist es aber leider nicht immer. Denn genau so befremdlich wie Unternehmen, die nicht auf Kritik reagieren, sind jene, die keinen Spaß verstehen. Twitter wird von spontanen geistreichen bis groben Frotzeleien im Sekundentakt angetrieben – für mich einer der großen Anreize dieses faszinierend lebendigen Social Networks. Firmen, die diesem Treiben hilflos, verständnislos oder sogar ablehnend gegenübertreten, haben hier entweder nichts verloren oder keine große Zukunft.
9. Orthographisch schlampig twittern
Schnellebigkeit verführt zu Hast und Hast fördert Flüchtigkeitsfehler. Jeder Tweet, und sei er noch so »BREAKING!«, sollte vor dem Absenden noch einmal korrekturgelesen werden. Idealerweise, nachdem er von einem Autor verfasst wurde, welcher der deutschen Sprache in Stil und Orthographie hinreichend mächtig ist. Wer als Unternehmen oder Marke die vielbeschworenen »Praktikanten« (ich sage lieber Hilfskräfte) ohne Aufsicht oder kompetente Einarbeitung schlampig runtergeschrubbte Tweets raushauen lässt oder selber auf die Schnelle lieb- und stillose Meldungen einstreut, denen man anmerkt, dass sie nur lästige Pflichtübungen sind, darf nicht glauben, dass dies von den Followern als Wertschätzung oder Kompetenz interpretiert wird.
10. Nix Eigenes schreiben/nur Fremdtweets bzw. Links weiterverteilen
Wer keinen eigenen Content hat, steht im Internet in einem blühenden Garten Eden, wo die fremden Früchte verführerisch niedrig hängen. Da gibt es Newsmeldungen, Links, witzige Videos, Testberichte, Hilfsportale und und und … Das mag alles nützlich sein, vielleicht sogar für die Follower von Gewerbetreibenden, möglicherweise hat es sogar einen Bezug zu Marke oder Produkt. Aber wenn zu selten oder niemals eigene Inhalte in den Tweets auftauchen, stellt dies die Eigenständigkeit und Unverwechselbarkeit des Unternehmens massiv in Frage – vielleicht sogar bis hin zu der Vermutung, auch die Produkte könnten womöglich nur auf fremden Ideen basieren. Profilieren kann sich nur jemand, der außer Selektieren und Kombinieren auch das Kreieren beherrscht.
Soweit meine Meinung zu den zehn »No gos« für gewerbliches Twittern. Ich freue mich wie immer über Kommentare und Ergänzungen. Und hoffe, dass ich und meine Kollegen es besser machen. Vielleicht mag uns ja der eine oder andere der Leser dieses Artikels folgen und uns ein bisschen beaufsichtigen …
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