Es ist Abend, längst dunkel, und ich mache auf dem Nachhauseweg mit dem Auto noch einen kleinen Schlenker zur Tankstelle in der Nähe meiner Wohnung, denn ich habe morgen früh einen beruflichen Termin und wenig stresst mich mehr, als auf Wegen, die Pünktlichkeit erfordern, noch Erledigungen einplanen zu müssen. Es ist eine kleine Tankstelle, gerade mal vier Zapfsäulen werden von dem leuchtend blauen Baldachin überspannt. Beim Tanken muss ich an den Witz denken, von dem Mann, der – nach den hohen Benzinpreisen gefragt – antwortet, das sei ihm egal, er tanke sowieso immer nur für 20 Euro. Ich tanke für dreißig. … 98 … 99 … 00 – ein Tick von mir: die kleine Genugtuung, die Wunschsumme auf dem Tanksäulendisplay centgenau zu treffen.
Es ist nichts los am Bezahltresen. Als ich aus dem Tankshop zurück zu meinem Auto gehe, kommt mit energischen Schritten ein älterer, stämmiger Mann auf mich zu, Unverständliches brummelnd. Ich denke: oh nein, bitte kein Großstadtfreak und tue, als nähme ich an, er ginge nicht auf mich zu, sondern nur in meine Richtung, als er mit lauter, zu lauter Stimme fragt: »Wie komme ich denn hier zur Autobahn? Ich muss auf die Autobahn!« Autobahnen gibt es, wie auch der Ortsunkundige ahnen mag, einige in und um Hamburg, daher frage ich nach, in welche Richtung er denn wolle. »Nach Bremen! Auf die A1! Es weiß ja keiner mehr, wie man irgendwo hinkommt! Alle, die ich frage, sagen: Keine Ahnung, ich hab ja jetzt NAWWI! Alle ham nur noch NAWWI! Immer nur NAWWI! Kennt sich keiner mehr aus, alle fahrn nur noch mit NAWWI!« Ich erläutere ihm die Strecke Richtung Elbbrücken, von dort, sage ich, sollte es dann ausgeschildert sein. Er bedankt sich nicht, fragt nur »Ham Sie auch NAWWI? Ich hab noch kein NAWWI!« Ich verneine, um den Dialog durch die Erwähnung der NAWWIfähigkeit moderner Smartphones nicht über Gebühr zu verkomplizieren. Der Mann dreht sich um, er bedankt sich nicht, geht zu seinem Wagen und ruft in die Nacht »Ich hab die Schnauze voll, ich hol mir jetzt auch NAWWI! Dann fahr ich auch nur noch mit NAWWI!«
Ich hoffe, er findet seinen Weg, denke ich, als ich ins Auto steige und mich wieder in den Feierabendverkehr einfädele. Nach Hause, es ist nicht weit. Gleich habe ich mein Ziel erreicht.
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