Kategorie: Von der Tageskarte

Kaum passiert, schon gebloggt

Gib!

Während meiner Studienzeit war ich öfter im Schrebergarten der Eltern meines Freundes M. zum Grillen zu Gast. Auf der Parzelle stand eins der üblichen Gartenhäuschen, in dem allerlei Arbeitsgerät, der Grill, Geschirr und Besteck gelagert waren. Aber auf den Simsen und Regalen stand auch auffällig viel Zeug: Zinnteller mit Motivreliefs, bunt bedruckte gläserne Bierhumpen, geschnitzte Holzfiguren und Ähnliches. Alles optisch derart kurios und abseits von Geschmack und Stil der häuslichen Einrichtung der Eltern, dass ich M. bei einem meiner Besuche fragte, was es mit dieser Sammlung auf sich habe. Er sagte, das seien Mitbringsel und Geschenke von Bekannten, die seine Eltern ins Gartenhaus »ausgelagert« hätten, weil sie sie nicht wegwerfen wollten. So könne man auf Nachfrage der Schenkenden wenigstens wahrheitsgemäß antworten, das stünde auf einem »Ehrenplatz« im Schrebergartenhäuschen. Ähnliche Depots aufgereihter kunstgewerblicher Kuriositäten begegneten mir vereinzelt auch beim Besuch bei Jugendfreunden, in den damals beliebten »Partykellern« der Eltern. Ich vermute, auch dort waren es aus dem alltäglichen Blickfeld verbannte Geschenke.

Ich habe daraus in puncto »Schenken« drei Schlussfolgerungen gezogen:

  1. Es gibt Menschen, die sich beim Schenken keine Mühe geben wollen, den Beschenkten eine echte Freude zu machen, sondern lediglich »irgendwas« mitnehmen, um nicht mit leeren Händen zu erscheinen (Dazu gibt es auch einen grandiosen Fernsehsketch von Gerhard Polt).
  2. Oder die Schenkenden beabsichtigen zwar, den Empfängern ein von Herzen kommendes Geschenk zu überreichen und ihnen echte Freude zu bereiten, landen aber aus unbekannten Gründen komplett neben deren Geschmack, Bedarf oder Interessen.
  3. Die derart Beschenkten trauen sich entweder nicht oder halten es für unnötig, den Schenkenden ehrlich zu sagen, dass das Geschenk nicht passt oder ihnen nicht gefällt, entweder um niemanden zu kränken oder zu brüskieren oder weil man sich nur oberflächlich kennt bzw. das Geschenk zu wenig bedeutsam ist – und werden es entweder entsorgen, weiterverschenken oder an geeigneter entlegener Stelle »einlagern«.

Ich habe auch schon etliche unpassende oder unerwünschte Geschenke bekommen, sogar aus dem Kreis enger Verwandter, die mich eigentlich hätten besser kennen sollen. Am häufigsten waren es süße Spezereien, die mir mit dem Begleitsatz »Hier, das magst du doch so gerne!« überreicht wurden. Zum Beispiel Ostereier mit Knickebein (bah!), Schaumwaffeln (pfüäch!), Irgendwas mit Marzipan (meh) oder ein Glas Marmelade (¯\_(ツ)_/¯ ich bin seit Jahrzehnten schon kein Süßfrühstücker). Oder eines Tages, auch in jüngeren Jahren, kam meine Mutter von einem Stadtbummel zurück und überreichte mir anlasslos ein Kleidungsstück: »Hier, du trägst doch neuerdings immer diese Hawaiihemden!« – Ja, das stimmte im Prinzip, aber meine damalige Kollektion an schreiend bunten, gegenständlich gemusterten Hemden war eine sorgfältig kuratierte Auswahl spezieller Marken mit famosen Motiven wie tellergroßen Stiefmütterchen, Ananasstauden oder prächtigen Wildvögeln. Mutter jedoch hatte beim Versuch der lieb gemeinten Nachempfindung meines Outfitgeschmacks ein zwar buntes, aber mit belanglosen abstrakten Motiven bedrucktes Hawaiihemd von »C&A« erstanden, das fortan auf einem Kleiderbügel in meinem Schrank verstaubte, denn was ist unangenehmer als in einem Kleidungsstück herumzulaufen, in dem man sich nicht wohlfühlt? Dazu gesellten sich aus anderer Hand Urlaubsmitbringsel wie eine lederbezogene Schnabelflasche (»Porrón«) als Urlaubssouvenir einer Reise nach Mallorca (wtf?), Abenteuerbücher mit Heldengeschichten aus dem Wilden Westen (gähn!) oder Flaschen mit süßem Likör (igitt!).

Wenn man keine Möglichkeit hat, solche Gabenverfehlungen weiterzuverschenken – idealerweise in einer Kontaktsphäre, die sich nicht mit dem Kreis der Schenkenden überlappt, damit das durchgereichte Ding nicht irgendwann im Exil ungewollt wiederentdeckt wird – oder sie an Bedürftige zu spenden, bleiben nur die Mülltonne oder ein außerhalb des Blickfelds liegendes temporäres Depot. Aber wie lang ist die Halbwertszeit unerwünscher Geschenke, ehe man sie dann doch ohne Scham und Schuld entsorgen darf? Ich habe meist die in unregelmäßigen Abständen sich ergebenden, »natürlichen« Ausmist-Anlässe wie einen Wohnungsumzug, Renovierung, den Austausch oder Hinzukauf von Schränken und Regalen oder einen Frühjahrsputz (sic!) dazu genutzt. Dann kann man hinterher immer noch sagen »Oh, das muss wohl beim [hier Anlass einfügen] verlorengegangen sein!« Win-win.

Überdies ist es zwar emotional verständlich, aber objektiv unlogisch, Menschen nicht behutsam, aber ehrlich zu sagen, dass sie mit ihrer Gabe danebenlagen. Das gilt, finde ich, umso mehr, je nahestehender die Schenkenden einander sind. Denn tut man es nicht und simuliert Entzücken beim Erhalt des Geschenks, nähert sich die Wahrscheinlichkeit 100%, dass man von derselben Person regelmäßig weiterhin gut gemeinte, aber unwillkommene Präsente überreicht bekommen wird. Es wäre also eigentlich besser, man würde die gebende Person vielleicht kurz verletzen oder kränken, aber ihr dadurch die Möglichkeit geben, künftig dauerhaft sowohl treffend als auch begeisternd zu schenken. Doch wie stellt man das an?

Ich glaube, man kann das am besten tun, in dem man selbst ein Schenkvorbild wird. Egal, wie viel Mühe ich mir selbst bei der Auswahl oder Anfertigung eines Geschenkes gebe und ganz gleich, wie gut ich die beschenkte Person zu kennen glaube – jedes Geschenk birgt in sich das Risiko, aus irgendeinem mir zunächst nicht ersichtlichen Grund unwillkommen oder deplatziert zu sein. Ich darf zwar Überraschung und Freude erwarten, wenn ich jemandem ein Geschenk überreiche, aber ich sollte immer damit rechnen, dass diese Erwartung auch enttäuscht werden kann. Wenn ich ein Geschenk überreiche, und das gilt um so mehr, je aufwendiger oder kostspieliger es ist, könnte es helfen, beim Überreichen quasi vorbeugend zu sagen »Ich glaube zwar, dass ich dir mit diesem Geschenk eine Freude machen kann und dass es dir gefallen wird, aber bitte sage mir ehrlich, wenn das nicht der Fall ist. Ich nehme es auch gerne zurück (oder tausche es um), denn mir ist wichtig, dass dir etwas an meinen Geschenken liegt, weil ich dich mag«. Auf diese Weise könnte man reihum Freunde und Bekannte »proaktiv« für diese Art der Ehrlichkeit sensibilisieren und selbst, wenn es mich als Schenkenden dann schmerzt, weil daraufhin eines meiner Geschenke zurückgewiesen wird, so habe dann auch ich etwas daraus gelernt und kann die betreffende Person idealerweise künftig besser beschenken.

Bei meiner eigenen Suche nach Geschenken, die gut ankommen, habe ich im Laufe der Zeit ein paar Erkenntnisse gewonnen, die mir (so glaube ich), merklich dabei geholfen haben, »treffender« zu schenken. Wie könnte das gelingen?

  • Wenn ich die Person, die es zu beschenken gilt, häufiger oder gar regelmäßig treffe, blicke ich mich in der Wohnung um oder versuche aus Gesprächen zu entnehmen, was ihr gefallen könnte. Plant sie eine Urlaubsreise, eine Anschaffung, einen Umzug? Fehlt etwas im Haushalt (»Ach, ich habe gar keinen Tortenheber, nehmen wir einfach das breite Messer!«)? Mit der Zeit konnte ich so ein recht gutes »Radar« für Geschenkebedarf und -vorlieben entwickeln.
  • Ich habe tatsächlich eine Rubrik »Geschenkideen« in einer Notiz-App auf meinem Smartphone eingerichtet, in die ich meine Wahrnehmungen umgehend (unbemerkt) eintrage. Dann erinnere ich mich auch noch zu späteren Anlässen an gute Geschenkideen.
  • Ich verschenke niemals Gutscheine für Anlässe ohne einen konkreten Termin, sei es »für einen gemeinsamen Restaurantbesuch« oder »für ein Konzert«. Meine Erfahrung ist, dass solche locker auf »irgendwann mal« oder »demnächst« datierten Coupons fast immer nicht eingelöst verfallen oder schlicht vergessen werden. Sinnvoller ist es, den Termin vorher ganz klar mit der beschenkten Person abzustimmen, z.B. »Ich habe vor, Dich an einem bestimmten Datum zwecks einer Überraschung zu treffen. Lass uns mal in den Kalender schauen, ob dir der Tag X passt (z.B. bei einem angedachten fixen Konzerttermin) oder wann Du Zeit hast (bei einem frei terminierbaren Event).« So wird erstens die Vorfreude zum Bestandteil des Geschenks, zweitens verwaisen keine Gutscheine und drittens wird möglichst sichergestellt, dass alle Beteiligten am Stichtag anwesend sein können. Geschenke, bei denen Menschen etwas zusammen unternehmen oder erleben, sind meines Erachtens ohnehin mit die schönsten.
  • Wenn die zu beschenkende Person ein leidenschaftliches Hobby hat (z.B. Angeln) oder begeistert Dinge sammelt (z.B. Porzellanfiguren), mag das zwar oberflächlich eine gute Quelle für Geschenkideen sein, aber meiner Erfahrung nach ist das aus mehreren Gründen ein Minenfeld. Erstens sind viele Menschen, je hingebungsvoller sie dieser Passion nachgehen, auf diesem Gebiet entweder Experten und besitzen ein Fachwissen, das ein unbeteiligter Schenkender gar nicht erreichen kann. Oder der ganz persönliche Geschmack des Beschenkten spielt bei seinen Anschaffungen auf diesem Gebiet eine sehr große Rolle. Beides erhöht das Risiko, mit einem Geschenk danebenzuliegen, welches diese Anforderungen nicht 100%ig berücksichtigen kann. Zweitens werden sehr wahrscheinlich auch andere Schenkende im Umfeld der Person von dieser Leidenschaft gehört haben und regelmäßig mit Gaben aus dieser Rubrik bei ihr auflaufen. Das kann nicht nur die subjektive Wertigkeit eines Geschenks in der Flut aller erhaltenen ähnlichen Gaben senken (»Oh, eine Froschfigur! Jaja, ich sammele die ja.«), auch das Risiko, etwas zu schenken, was die beschenkte Person bereits besitzt, steigt. Und nicht zuletzt kaufen sich eingefleischte Hobby- oder Sammlernerds auch oft genug selbst neue Dinge für ihre Interessengebiete hinzu. »Hab ich schon, genau so oder so ähnlich« ist deshalb eine vermeidbare Geschenkefalle, in die ich versuche, möglichst nicht zu tappen.
  • Gleiches gilt für Bücher. Jemanden zu beschenken, der viel und gerne liest, eröffnet zwar einerseits unendlich viel Raum für Geschenkideen, aber lässt andererseits auch viele Möglichkeiten, mit dem Geschenk zu scheitern. Ich versuche dann z.B. ein Buch mit einer Widmung des Autors zu erwerben. Selbst für den Fall, dass genau dieses Buch bereits im Regal stehen sollte, gäbe es dann noch etwas, was das Geschenk besonders und persönlich macht. Ansonsten achte ich auch hier darauf, was ich zu Autoren, Fachgebieten oder Genres z.B. bei Besuchen in der Wohnung oder aus Gesprächen erfahren kann. Liebt die beschenkte Person Bücher eines bestimmten Autors oder einer Autorin – lieber Finger weg: Doppelschenk- oder Selbstkaufrisiko! Oft kann bei Büchern – je nach Genre – auch ein Antiquariat ein Quell schöner Geschenkideen sein, etwa eine Erstausgabe oder ein besondere, limitierte Auflage, die im Handel längst vergriffen ist. Ansonsten spielt beim Thema Lesen auch der persönliche Geschmack eine derart große Rolle, dass aus meiner Sicht ein Wertgutschein einer Buchhandlung (in Höhe des ungefähren Kaufpreises des Buches, das ich mit unsicherem Gefühl verschenkt hätte) und der weniger wahrscheinlich verfallen wird als einer der obengenannten Eventgutscheine, möglicherweise die bessere Idee ist.
  • Ich verschenke selten Musikmedien (CDs/Vinyl), schon öfter Videomedien (DVDs/BluRays), lasse mich aber auch hier eigentlich von denselben Überlegungen leiten wie eben beim Thema Bücher.
  • Je älter die beschenkte Person ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie »schon alles hat«. Die Wohnung ist komplett eingerichtet, Bibliothek und Mediensammlung sind befüllt, Haushalt und Küche sind vollständig ausgestattet. Was kann man da noch schenken? Auch hier droht die Gefahr der Doppelbeschenkung mit Dingen, die schon im häuslichen Bestand sind. Dann macht es für mich Sinn, über ein Austauschgeschenk für verschlissene Dinge nachzudenken. Ein Ersatz für die durchgewetzte Fußmatte vor der Wohnungstür, ein schöner Blumenübertopf (ggf. samt Inhalt) anstatt der im matten Tontopf dahinwelkenden Zimmerpflanze, ein schönes, farblich passendes Badezimmerset mit Seifenschale und Zahnputzbecher im Austausch gegen die bald rissigen Utensilien vor dem Spiegel. Vorsichtig bin ich hier lediglich bei Dingen, die eine emotionale Bedeutung oder einen Erinnerungswert haben könnten, denn die wollen viele Menschen gar nicht ersetzt bekommen (wir erinnern uns: als Mutter uns als Kind einen neuen Teddybären kaufen wollte, weil beim alten schon die Füllung rausguckt).
  • Was erfahrungsgemäß immer gut ankommt, sind ess- und trinkbare Geschenke, die sich quasi von selbst verbrauchen und somit nicht dauerhaft die Wohnung zumüllen. Aber auch dabei versuche ich, bei der Auswahl etwas über das Offensichtliche hinaus zu schauen und mich vorher auf jeden Fall zu vergewissern, ob es etwas gibt, das die beschenkende Person gerne konsumiert und wenn ja, was es ist. Sie trinkt gerne Kaffee? Es gibt in größeren Städten inzwischen unzählige kleine Handwerksröstereien, bei denen man Sorten bekommt, die nicht im Supermarkt stehen. Whisky? Warum immer nur aus Schottland, inzwischen bekommt man im Fachhandel hervorragende deutsche, schwedische, dänische Marken, die den Gaumen der beschenkten Person überraschen können. Wein? Auch hier: wieso immer nur die bekannten Regionen? Famose neue Gewächse sind in Osteuropa zu entdecken: Rumänische, georgische, ungarische, moldawische Weine können auch erfahrene Weintrinker auf neue Pfade locken. Handgemachte Pralinen mit genialen experimentellen Füllungen definieren »Schokolade« neu, Brände und Geiste aus Mandeln, Mohn, Pistazien, Basilikum, oder Karotten bringen frische Aromen ins Schnapsglas. Geschenke, die zwar auf vorhandene Vorlieben treffen, aber zusätzlich auch die Neugierde auf mehr und anderes befeuern, bereiten mir persönlich den größten Schenkspaß.
  • Keinen Deko-Kram verschenken, der lediglich als Staubfänger dient und dessen einziger Zweck es ist, irgendwo hingestellt oder aufgehängt zu werden.
  • Niemals: Kleidung, Schuhe, Parfum, es sei denn, ich bin mir zu 100% sicher.
  • Nie protzen. Wenn ich Menschen beschenke, die wenig(er) Geld zur Verfügung haben, ist das Letzte, was ich durch ein Geschenk auslösen möchte, eine »Schenkschuld« für etwas materiell ebenbürtiges hervorzurufen. Im Zweifel würde ich auch dies offensiv bei der Übergabe ansprechen. Schenken ist für mich immer geben, nie hoffen auf bekommen. Und ich bin mir auch bewusst, dass viele meiner obigen Gedanken ein gewisses verfügbares Budget für die genannten Geschenke voraussetzen. Schenken ist noch unendlich viel schwieriger, wenn man knapp bei Kasse oder arm ist. Leider.

Ich bin nicht religiös, ich stelle mir keinen pflanzlichen Weihnachtsbaum in die Wohnung, nur ein paar Kerzen. Ich gehe an den Feiertagen nicht in die Kirche und singe und spiele keine (traditionellen) Weihnachtslieder. Was ich an Weihnachten gerne mache, ist mit lieben Menschen Zeit verbringen, viele köstliche (und meist selbst zubereitete) Leckereien verspeisen, mit dem einen oder anderen guten Tropfen in Kelch, Glas oder Humpen anzustoßen – und zu schenken.

Vielleicht erscheint manches banal oder selbstverständlich, was ich hier aufgelistet habe, aber falls es jemandem beim Schenken hilft, freue ich mich. Ebenso freue ich mich über Ergänzungen, Hinweise (oder auch gegenteilige Ansichten) in den Kommentaren.

World wide Weihnacht

Am vergangenen Donnerstag Abend war ich eingeladen, mit auf der Firmenweihnachtsfeier meines Mannes zu Gast zu sein. Als Veranstaltungsort dienten die Büroräume der Firma nahe dem Potsdamer Platz in Berlin, es gab ein kleines klassisches Konzert zu Beginn, danach ein Fingerfood-Buffet und begleitend die ganze Zeit gegenseitiges Kennenlernen, Konversation und ein reichhaltiges Getränkeangebot mit und ohne Alkohol.

Am Ende dieses geselligen Abends möchte ich sagen: ich war noch nie auf einer Weihnachtsfeier, die derart meiner Vorstellung von einer bunten Gesellschaft entsprach wie diese. Die jüdische Pianistin des Konzertes ist gebürtige Russin mit russischen Mutter und israelischem Vater, sie spielte Weihnachtsmusik der Renaissance aus Deutschland, Polen, der Schweiz und spricht insgesamt mindestens sieben Sprachen: Russisch, Hebräisch, Englisch, Polnisch, Deutsch, Französisch und Arabisch. Die Weine auf dem Getränkebuffet kamen aus Rumänien, Portugal und Frankreich, das Fingerfoodbuffet bot asiatisch-orientalisch-deutsch-skandinavische Fusion-Häppchen und an Wänden und Decken glitzerte bunt leuchtende Weihnachtsdekoration. Die bunte Schar der Gäste, zum größten Teil Kollegen aus dem Team des Mannes, bestand – völlig ohne Quote – 50/50 aus Frauen und Männern, das Altersspektrum erstreckte sich von etwa 11 Jahren (es war auch ein Kind anwesend) über Anfang zwanzig bis in die späten Fünfziger.

Im wilden Stimmengewirr der Partygespräche dominierte ganz klar Englisch, denn auch die bunte Schar der Gäste kam aus aller Damen und Herren Länder: sie kamen u.a. aus London, Schottland, Ecuador, Frankreich, Schweden, der Schweiz, der Tschechischen Republik, aus Italien, Indonesien, Deutschland und Armenien. Es waren Heteros und Schwule, Ledige und Verheiratete, Große und Kleine, Leichte und Schwere und alle verstanden sich wunderbar. Im Hintergrund lief ein wildes Potpourri weihnachtlicher und weniger saisonaler Musik, es wurde SEHR viel und laut gelacht, später auch getanzt – und es gab noch eine überraschende »Verschwesterung«, als die Pianistin unter den Gästen einer Frau begegnete, die ebenfalls eine russische Mutter hat. Zum Abschied herzten sich viele, die sich bis zum Beginn des Abends noch nie begegnet waren, man wurde zuvor höflich gefragt »Darf ich Dich umarmen?« und das wohlig-warme Summen dieser Feier klang auch auf der Taxifahrt nach Hause noch eine ganze Weile nach.

Für ein paar Stunden war die Welt ein bisschen weniger schwarzweiß, die Weihnachtszeit war, ganz abseits von Religion und Glauben, der Katalysator dafür und hätte ich zum Fest noch einen Wunsch frei, könnte das Alltagsleben mir aus gerne öfter so bunt und selbstverständlich vielfältig sein.

Dieser kristallene bunte Globus hängt im Foyer der Kopenhagener Oper – ein schönes Symbol für den geschilderten Abend.

Railigiös

Zu schade nur für eine Social-Media-Chronik, deshalb zusätzlich auch noch mal umgebettet und leicht editiert hier im Blog.

Fernzug unser,
der Du stehst im Fahrplan,
geheiligt sei Deine Route.
Deine Ankunft nahe,
Deine Abfahrt geschehe,
wie am Zwischenhalt,
so am Zielbahnhof.
Unsere tägliche Verspätung
gib uns heute
und gewähre uns
unsere Fahrgastrechte,
wie auch wir Nachsicht gewähren gegenüber dem Personal.
Und führe uns nicht über Uelzen,
sondern auf geradem Wege
zum Fahrtziel.
Denn Dein sind das belegte Gleis
und die Weichenstörung
und die umgekehrte Wagenreihung
in Ewigkeit.
Amen.

(Verfasst im nahezu pünktlichen ICE 1585 auf der Fahrt von Hamburg nach Hannover.)

’lɛːt

Robi hat gerade meine Wohnung gesaugt. Er macht das in unregelmäßigen Abständen seit Sommer 2019. Ich hatte schon davor einen Saugroboter einer anderen Marke ausprobiert, aber das war eine Fehlkonstruktion. Sein Algorithmus bestand darin, in den Zimmern seltsame sternförmige Routen abzufahren, von Systematik oder Effizienz keine Spur. Wir mussten uns daher wieder trennen. Robi hingegen hat eine mustergültige Routenführung: Erst umrundet er die für ihn zugängliche Raumkontur gegen den Uhrzeigersinn, anschließend fährt er das umgrenzte Areal in akkuraten parallelen Zickzackbahnen ab.

So ein Saugroboter ist schon was Feines, wobei ich meinen »richtigen« Staubsauger keinesfalls missen möchte, denn Robi kann keine Regale absaugen, kommt nur mäßig schlecht in Ecken, Nischen, Ritzen und Winkel, er hat keine Polsterdüse und keine Heizkörperrippenbürste. Ein Saugroboter ist die komfortable Staubtilgung für zwischendurch, wenn ich mit anderen Dingen beschäftigt bin, keine Lust zum Manufaktursaugen habe oder wenn Besuch kommt. Saugroboter machen ihren Job gut genug für Besuch, die Wohnung sieht sauber aus und macht einen guten Eindruck in einem normalen Blickschweifradius, aber mein eigener Anspruch an Staubentfernung reicht von Zeit zu Zeit dann doch etwas weiter.

Und Robi kann sprechen. Ab Werk stehen 20 Sprachen zur Auswahl, Robis Muttersprache ist Chinesisch. Ich stellte ihn natürlich vor der ersten Inbetriebnahme auf Deutsch ein. Es ist ein bisschen schade, dass er so wenig sagt. Vielleicht gibt es ja irgendwann mal ein Softwareupdate, das die Möglichkeit bietet, ihn während der Reinigung mürrische Selbstgespräche brabbeln zu lassen, so wie ich manchmal beim Putzen. Ich könnte mir das sehr heimelig und amüsant vorstellen, murmelte Robi neben seinem Düsgeräusch vor sich hin »Mannmannmann, schon wieder alles total verdreckt. Mit mir kann man’s ja machen. Wo kommt der ganze Staub eigentlich immer her? Orr … jetzt steht hier schon wieder so ’n blödes Paar Schuhe im Weg rum – ich kann so nicht arbeiten!« Aber er sagt nur so Sachen wie »Reinigung wird gestartet« oder »Staubbehälter entnommen«.

Nach den ersten Saugdurchgängen gab Robi beim Erreichen seiner Ladestation immer nur ein sehr kurzes Wort von sich und ich brauchte einen Moment, bis ich verstanden hatte, was es bedeutet. In Lautschrift klang es so: »’lɛːt«. Und ich dachte »Lehd? Leet? Lähd? Laid?«, aber tatsächlich hieß es »Lädt.« – Na klar! Kurz, knapp, eindeutig. Doch offenbar gab es daraufhin wohl Beschwerden beim Hersteller, denn nach einigen Monaten war Robis Meldung nach einem Firmware-Update plötzlich merklich ausführlicher und seither sagt er »Gerät wird geladen«. Schade eigentlich, mir gefiel die wortkarge, etwas rätselhafte Meldung eigentlich besser, die neue Ansage war zwar missverständnisfrei, aber auch langweiliger. Die Techniker hätten lieber die sonstigen Statusmeldungen auch einsilbiger einstellen sollen: »saugt«, »steht«, »hängt fest«, »wischt«, aber die waren schon von Anfang an länger. Man sieht, ich kann mich irgendwie nicht so richtig entscheiden – die regulären Betriebsmeldungen des kleinen Helferleins hätte ich gern norddeutsch knapp, während der Arbeit könnte es aber gern ein bisschen vor sich hin schwatzen.

Das einzige Gerät, mit dem ich sonst noch in sprachlichem Austausch stehe, ist Siri auf meinem iPhone. Zu 90% bestehen meine Anweisungen im Setzen von Koch- und Back-Timern. Und jedes Mal, wenn Siri dann sagt »45 Minuten. Der Countdown läuft«, bedanke ich mich freundlich.

Man will sich ja nicht nachsagen lassen, man sei unhöflich gewesen, wenn eines Tages die Rebellion der Maschinen startet.

Shitpost

Als ich Ende Juli bei Twitter meine Followings nach Inspirationen zu Blogthemen fragte, bekam ich eine Antwort, bei der ich im ersten Moment nicht wusste, ob das ironisch gemeint war oder nicht. Ohne Emoji bin ich da ja inzwischen hilflos. Wenn ich selbst ironische Postings ablasse, versuche ich meistens, auf Emojis zum Geleit zu verzichten. Früher konnten die Menschen ja schließlich auch zwischen den Zeilen lesen, bei vielen scheint diese Fähigkeit heutzutage – so kommt es mir vor – weniger ausgeprägt zu sein. Es kommt häufiger zu Missverständnissen. Emojis sind sozusagen die Stützräder der elektronischen Kommunikation. Lässt du sie weg, kippen unerfahrene Rezipienten einfach um.
Ich habe beschlossen, den Themenvorschlag ernst zu nehmen, nachdem ich länger über das Thema nachgedacht habe. Er kam vom Twitter-User @bebal und lautete »Verdauung«.

Es ist natürlich möglich, den Vorschlag ironisch zu lesen im Sinne von »Die Leute mit Blog müssen anscheinend buchstäblich alles ins Internet schreiben, sogar zu ihrem Stoffwechsel und den damit verbundenen Ausscheidungen. Aber wen interessiert das?«. Oder man nähert sich dem Thema etwas seriöser an (es muss ja nicht gleich humorlos sein). Das möchte ich hiermit versuchen.

Das heutige Datum passt zudem zufällig auch ganz gut zu diesem Thema, denn ich komme gerade von einer Magenspiegelung bei meinem Gastroenterologen. Seit einigen Wochen plagten mich gelegentliche Magenschmerzen, Völlegefühl, Aufstoßen, Sodbrennen und ich wollte dem lieber rechtzeitig als zu spät auf den Grund gehen lassen. Mein Vater starb an Magenkrebs, familiäre Vorbelastung, dies, das – jedenfalls gibt es laut meinem Arzt keinen organischen Grund zur Beunruhigung, insofern ist das heute schon mal kein »Scheißtag«.

A propos »Scheiße«. Die gehört ja zur Verdauung unweigerlich dazu. Was bei diesem Stichwort auffällt, ist ja: die Menschen reden den ganzen Tag darüber, aber merken es vermutlich größtenteils gar nicht. Sie fluchen »Scheiße!« oder »Mist!«, empören sich in »Shitstorms«, beschweren sich im Einzelhandel über »Scheißläden« und »Scheißservice«, beklagen zu recht »sexistische Kackscheiße«, haben bisweilen eine »Scheißangst«, missbilligen die publizistischen Praktiken des »Scheißblatts« mit dem rot-weißen quadratischen Logo, das sich leider einen »Scheißdreck« darum kümmern wird und so weiterhetzen wird wie zuvor. Derber gesinnte Zeitgenossen gehen aufs »Scheißhaus«, missliebige Männer betiteln wir als »Scheißkerl« und bei »Scheißwetter« bleiben wir am liebsten zu Hause.
Wenn dann aber im Vorabendprogramm ein Werbespot für ein Mittel gegen Reizdarm läuft und der Testimonialschauspieler in die Kamera erzählt, er hätte ja so furchtbare Verdauungsprobleme, die dank Trallalamed forte nun der Vergangenheit angehören, gehört das zu den »heiklen Themen«, bei denen viele Hemmungen und Schamgefühle bekommen. Würden Sie sich als Schauspieler für einen Werbespot buchen lassen, in dem Sie stellvertretend von Ihren Verdauungsproblemen erzählen? Oder sich für Inkontinenzeinlagen vor die Kamera stellen? Da ist dann plötzlich jede Freimütigkeit dahin und es wird lieber geschwiegen als gesprochen. Ist das nicht irgendwie scheiße?

Exkremente haben ja zudem auch einen festen Platz in Witzen, Komödien und Sketchen. Ich kann mich darüber nicht immer amüsieren, mir fehlt irgendwie der Reflex, automatisch zu lachen, wenn jemand »Kacke« oder »Pisse« sagt oder ein Protagonist furzen muss. Ist vielleicht genetisch bedingt, wer weiß. Deshalb fand ich auch den Louis-de-Funès-Film »Louis und seine außerirdischen Kohlköpfe« so furchtbar, obwohl ich die früheren Werke dieses großen Komödianten sonst überaus schätze. Aber allein Fäkalvokabeln in die Kamera zu posaunen oder peinliche Situationen mit Verdauungsgeräuschen in Szene zu setzen, ist dann doch etwas platt. Sehr lachen hingegen musste ich in dem Film »Kehraus« von und mit Gerhard Polt, in dem ein Darsteller am Eingang einer öffentlichen Toilette zur »Klofrau« (oder war es ein »Klomann«?) sagt: »Einmal bieseln ohne Stuhlgang.«. Es gibt noch zwei weitere Beispiele für Kot-Pointen, die mich in helle Belustigung versetzten. Ein Sketch aus der Zeit, als man mit und über Harald Schmidt noch lachen konnte, was vielleicht daran lag, dass sein Partner Herbert Feuerstein ein fester Partner seiner Sendung »Schmidteinander« war. Ohne Herrn Feuerstein war er seither meist nur mehr halb oder viertel so lustig. In dem Sketch (es gibt ihn auf YouTube) geht es um die morgendliche Visite eines Gefängnisarztes. Ich musste lachen.
Das andere Beispiel stammt aus dem Helge-Schneider-Film »Texas«. Helge finde ich auch scheiße lustig. Er hat einen bizarren, anarchischen und bisweilen surrealen Humor, aber manchmal habe ich das Gefühl, in sein Publikum bei Live-Shows verirren sich immer wieder einige Leute, die eigentlich gar nicht seine Zielgruppe sind. Das sind die, die schon lachen, wenn er noch gar nichts gesagt hat, denn das, was gleich kommt, muss ja wieder ein Mörderbrüller sein. Und so lachen sie über die Pausen vor seinem Luftholen. Nunja, zurück zur Kacke. In dem besagten Film gibt es eine Szene, in der einer der Protagonisten, der »Nasenmann«, durch direkten Kontakt mit dem eingefüllten Stoffwechselendprodukt entdeckt, dass ein ihm übelwollender Mensch in seine Stiefel abgekotet hat (auch so ein tolles Wort, bestimmt findet sich das auch irgendwo in einem amtlichen deutschen Formular). Auch diese Szene gibt’s bei YouTube und ich hab mich beim ersten Mal vor Lachen fast eingeschissen. Seither komme ich nicht umhin, wenn ich inmitten öffentlicher Wege einen Hunde- oder Pferdehaufen sehe, dieses Zitat zu äußern. Und à propos Zitat: auch Helmut Kohls Ausspruch »Wichtig ist, was hinten rauskommt« darf im Kontext dieses Blogbeitrages natürlich nicht unerwähnt bleiben.

Wo wir bei Sprache sind: Erstaunlich ist, wie viele Sprachen für feste Exkremente ganz ähnlich klingende Wörter haben: mit »caca« oder »pupu« kann man offenbar mehr als den halben Globus abdecken (sorry!). Und in Dänemark heißen Sanitärinstallateure übrigens »Kloakmester« (Kloakenmeister) und schreiben das natürlich stolz werbend auf ihre Fahrzeuge. Ich dachte, auch das sollten Sie wissen.

Auch Künstler haben sich mit Scheiße befasst. Der Konzeptkünstler Piero Manzoni hat 1961 seinen eigenen Kot in edel dosierten Portionen à 30 g in 90 hermetisch versiegelte Dosen abgefüllt und unter dem Porjektnamen »Merda d’artista« zu erklecklichen Summen veräußert. Sein belgischer Kollege Wim Delvoye entwarf in jahrelanger Arbeit und unter wissenschaftlicher Beratung eine Maschine, die aus Lebensmitteln durch chemische und physikalische Prozesse künstliche Exkremente produziert, die angeblich vom »Original« nicht zu unterscheiden sind. Die Maschine heißt »Cloaca« und auch hier wurde das Resultat handlich verpackt und eingeschweißt, auf dem Kunstmarkt angeboten. Originell ist beides allemal und ein dezenter Hinweis darauf, wie oft Scheiße, die nicht stinkt, bisweilen unter dem Namen »Kunst« irgendwo hängt oder steht.

Was sind nun meine eigenen Alltagsgedanken zum Themenbereich Verdauung? Ich bin fasziniert, dass unabhängig von Farbe, Konsistenz und Beschaffenheit der Lebensmittel, die man zu sich nimmt, das Farbspektrum der Exkremente doch deutlich monochromer ist. Vielleicht ist das wie bei Knete, wenn man alle Farben miteinander vermischt, kommt immer garantiert grau raus – und hier ist es eben braun, es sei denn, man genoss am Vortag größere Mengen Rote Bete, deren Farbstoff außerordentlich verdauungsresistent zu sein scheint und beim Blick zurück in die Schüssel jedesmal eine hitzewallende Gesundheitsbesorgnis auslöst, bis mir wieder einfällt, was ich gestern gegessen hatte.

Ich betrachte es als eine angenehme Ausprägung der Natur, dass sie den zivilisatorischen Anspruch »Alle Menschen sind gleich« dahingehend verwirklicht hat, dass wirklich jeder kacken muss. Putin muss abwursten, der Papst sucht die Keramik auf, die leider inzwischen verstorbene Queen kam Zeit ihres Lebens nicht umhin, täglich das Royal Loo aufzusuchen und auch unser Kanzler macht regelmäßig einen Haufen. Das hilft ungemein, die zugewiesene oder selbstverliehene Wichtigkeit von Menschen ein wenig bodenständiger einzuschätzen. Selbst Donald Trump … aber hier will ich diesen Gedankengang beenden, denn ich höre plötzlich seine leiernde Stimme in meinem Kopf und befürchte, er würde sogar daraus versuchen, einen persönlichen Triumph zu modellieren (»And I looked back at what I had done … and truly – what I saw there was the biggest pile of shit ever produced in the history of America.«).

Ich habe mich schon oft über sauteures Klopapier geärgert, das mit großgedruckten Prädikaten wie »extra dick«, »extra weich« oder »3lagig« wirbt, dann aber bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schon auf der Hand in seine Bestandteile zerfällt. Bis ich dann Toilettenpapier aus Bambus entdeckte. Das ist zwar leider genauso scheißteuer, aber erstens deutlich nachhaltiger als Klopapier aus Bäumen und zweitens trotz seiner dünn anmutenden Blattstärke überraschend stabil und daher wesentlich ergiebiger, denn was nützt mir ein dreilagiges Klopapier, das ich auf neunlagig falten muss, um es anständig benutzen zu können. Ich lass’ mich noch nicht verscheißern!

Über meine Verdauung ansonsten kann ich nicht klagen, daher gibt es hier auch keine Details darüber zu berichten. Sehr unangenehm aber fand ich, wenn mich bisweilen – gottlob selten – »Magen-Darm« ereilte, die Momente, wo sich der Körper nicht entscheiden kann, ob er lieber zuerst brechen oder defäkieren soll und dann einfach zu dem Schluss kommt, es wäre angebracht, einfach beides gleichzeitig zu machen. Evolution, wir müssen reden!

Viele Menschen (ich dankenswerterweise nicht) erleiden im Laufe ihres Lebens eine Darmkrankheit namens Divertikulitis oder Divertikulose, ein unangenehmer Entzündungsprozess im Dickdarm, der von Ärzten u.a. auch dadurch behandelt werden kann, dass bei schwereren Verläufen ein Teil des erkrankten Darms operativ entfernt wird. Ich hatte in meinem direkten Umfeld selbst einen Fall dieser Erkrankung. Der erste konsultierte Arzt riet in der Tat zu einer Operation. Doch dann war mal wieder zu erleben, wie wichtig eine Zweitmeinung sein kann, denn der offenbar kompetentere zweite Arzt, der zu Rate gezogen wurde, riet einfach zur regelmäßigen Einnahme (2x täglich vor dem Essen) eines pflanzlichen Stuhlregulierungsmittels, das keinerlei chemische Wirkstoffe enthält, den Körper unverändert wieder verlässt, aber diese Entzündung aber wohl allein aufgrund seines unfassbaren Quellvermögens sehr effizient behandeln bzw. präventiv verhindern kann. Der einstige Patient jedenfalls ist seit Jahren weiterhin im Besitz seines Darms in voller Länge und erfreut sich bester Gesundheit.

Einen lustigen Kotwitz zähle ich noch zu meinen persönlichen Anekdoten: Es begab sich einst während eines Dänemark-Ferienhausurlaubs, dass die drei mitgereisten Bewohner (inklusive mir) schon ein, zwei Flaschen Wein geleert hatten und es sie trotzdem nach weiterem Rebensaft dürstete. So stand denn einer auf, ging ins Zimmer mit den Weinvorräten und rief kurz darauf »Hier ist nur noch Côtes du Rhône!«, woraufhin vom Tisch geantwortet wurde »Egal, Hauptsache Côtes.« (Bitte diesen Absatz laut lesen, sonst kackt die Pointe ab).

So, ausgeschissen. Ich hoffe, ich habe die Twitter-Anregung zu diesem Blogbeitrag zum allgemeinen Wohlwollen umgesetzt. Ich freue mich auf Kommentare – auch gerne von denjenigen, die ihn kacke fanden.

Detail der Deckelbemalung eines historischen Tasteninstruments (sic!)

Freitagstexter – Gewinner

Juhu, die erste Hürde ist genommen! Immerhin vier wackere Recken trugen ihre Kurzprosa zum Revivalbild des Freitagstexters in die Kommentarspalte ein. Ich hatte zwar insgeheim mit einer ganzkleinbisschen größeren Resonanz gerechnet, aber es reicht für eine Siegerehrung und das ist schließlich die Hauptsache.

Das Küren des Gewinners möchte ich allerdings aufgrund der überschaubaren Beteiligung etwas anders gestalten als urspünglich angedacht: Denn würde ich tatsächlich unter vier Einreichungen die »Top 3« ausrufen, führte das zu einem sehr einsamen und völlig zu Unrecht unrühmlich anmutenden vierten Platz und das fände ich doof. Deshalb küre ich hier heute nur einen Gewinner und behalte meine Rangfolge der dahinterliegenden drei Beiträge für mich. 😎

Mein Favorit unter den Teilnehmenden ist der Beitrag von drikkes:
»Augenklappentext is the new Bildunterschrift.«

Herzlichen Glückwunsch, danke fürs Mitmachen und ich hoffe, es kommt zu einer weiteren Runde mit steil ansteigenden Teilnehmerzahlen!

Vielleicht braucht der Freitagstexter ja tatsächlich ein paar Experimente, um 2022ff neu auf die Spur zu kommen: vorstellbar wäre etwa eine »geschlossene« Runde nur bei Twitter oder Mastodon – mit einem eigenen Hashtag, wie z.B. #ftxt46_2022 (die 46 wäre dann die Kalenderwoche). Oder einen zweiwöchigen Rhythmus mit etwas mehr Zeit, um Teilnehmer zu motivieren? Schreibt Ideen und Anregungen gern auch hier in die Kommentare.

Schaumerma.

Freitagstexter, 11.11.2022

Jetzt, wo so viele von uns, ob Internet­veteranen, Blog­pioniere oder Twitter­methusalems, gerade in so schöner nostalgischer Stimmung sind und wir entweder aus der fluffigen Mastodonloge oder vom schwankenden Twitterdeck mit einer Mischung aus Wehmut und Popcorn­verlangen die kostspielige Havarie unseres geliebten Zwitscher­portals verfolgen, scheint mir ein Versuch naheliegend, die Wieder­belebung eines weiteren legendären Netz­rituals anzuregen: es geht um den »Freitagstexter«.

Für diejenigen, die es nicht kennen: Um 2008/2009 herum gab es in der Blogo­sphäre jede Woche eine Art kreativen »Staffellauf« unter dem obigen Namen, der sich wie folgt abspielte:

  1. Den Staffelstab besaß der/die Gewinner*in des Freitagstexter-Wettbewerbes der voran­­gegan­genen Woche. Er oder sie musste ein Blog besitzen, um daran teil­nehmen zu können.
  2. Auf dem eigenen Blog veröffentlichte die Person am Freitag nach ihrem Pokal­gewinn ein skurriles, rätselhaftes oder anderweitig inspirierendes Foto, für das sie freies Veröffentlichungsrecht oder eigenes Urheberrecht besaß.
  3. Die Netz­gemeinde war damit aufgefordert, ab sofort möglichst originelle und kreative Bild­unter­schrift­en/Begleit­texte in den Kommen­taren des Blogartikels zu hinterlassen. Die Anzahl der Kommentare pro Person war nicht begrenzt.
  4. Am nachfolgenden Dienstag um Mitternacht wurden die Kommentare geschlossen und von dem/der Blog-Gastgeber*in gesichtet. Die drei besten Kommentare (subjektiv und nach eigenem Ermessen bewertet) wurden am Tag darauf in einem neuen Blogartikel bekanntgegeben und für Platz 1 der symbolische »Freitagstexter-Pokal« verliehen.
  5. Der/die Gewinner*in bekam damit den Staffelstab weitergereicht und war somit verbindlich aufgefordert, am nachfolgenden Freitag die nächste Bild­betextungs­runde im eigenen Blog zu starten.
  6. Repeat.

Inzwischen sind Blogs möglicherweise ein wenig aus der Mode gekommen und das Kommentieren und Posten im Netz spielt sich hauptsächlich auf Social-Media-Plattformen ab. Für den Freitagstexter ist es meiner Meinung nach aber durchaus hilfreich, die Wettbewerbs­teilnahme auf ein Blog zu beschränken, denn dort versammeln sich die Kommentare übersichtlich und konzentriert an einem Ort. Ich denke, es wäre zeitaufwendiger, anstrengender und damit auch etwas motivations­hemmender, müsste sich der/die Gastgeber*in nach Ende des Wettbewerbs alle Kommentare – sei es auch unter einem eindeutigen Hashtag – auf einer oder mehreren Social-Media-Portalen zusammensuchen. Das Risiko ist hoch, dass dabei etwas übersehen wird, die Top 3 müssen bei der Siegerehrung umständlich verlinkt werden, nicht alle Teilnehmer sind überall registriert oder aktiv – das birgt viel Potenzial für Missmut und Unstimmigkeiten. Deshalb starte ich den heutigen Versuch der Reanimation des Freitagstexters auch ganz altmodisch ausschließlich über mein Blog.

Man kann natürlich als künftiger Pokalgewinner auch ohne eigenes Blog Freitagstexter-Host sein und im Falle des Pokalgewinns den Wettbewerb auf einer (idealerweise einzelnen) Plattform eigener Wahl, wie z.B. Facebook, Twitter, Mastodon oder Instagram veranstalten. Dann muss man sich allerdings bewusst sein, dass man die Teilnahme am Wettbewerb auf Menschen beschränkt, die dort einen Account haben (wollen).

Hier ist jedenfalls erstmal Euer dieswöchiger Schnappschuss. Der Abgabeschluss für Eure Bildunterschriften und Textideen ist Dienstag, der 15.11.2022 um 24:00 Uhr. Ich freue mich auf eine rege Teilnahme!

Ein paar Freitagstexter-Beiträge von damals™ gibt’s bei Interesse zum Nachlesen auch hier im Blog.

Photo by Alan Light on Flickr | Licensed under CC BY 2.0

Brotmomente

Springe direkt zum Focaccia-Rezept

Es gibt eine »Rubrik« in meinen Alltagserlebnissen, für die ich immer noch nach einem passenden Wort suche: kleine sensorische Überraschungen, die beim beiläufigen Kontakt mit vermeintlich banalen Alltagsgegenständen oder Nahrungsmitteln plötzliche, freudige Aufmerksamkeit wecken. Wenn ich zum Beispiel ein Hotelzimmer beziehe, das Bad zwecks Händewaschroutine aufsuche und beim Abtrocknen plötzlich denke »Wow, sind die Handtücher schön weich!«. Oder wenn ich in einer fremden Wohnung zu Gast bin und dort ebenfalls beim Händewaschen meine Nase aufmerkt »Oh, diese Seife riecht aber gut!«. Auch besonders hautschmeichelnde Bettwäsche, ein ungewöhnlich komfortables Sitzmöbel oder ein Gebrauchsgegenstand mit herausragend ergonomischem Design können bei mir erfreute Verblüffung dieser Art auslösen.

Am häufigsten passierte mir dies bislang in Restaurants. Das übliche Ritual ist es ja, den Platz einzunehmen, in die Karte zu schauen, eine schöne Speisenfolge sowie Getränke auszuwählen und dann bei leichter Konversation auf das Essen zu warten. Meistens wird während der Wartezeit vom Service ein Körbchen mit Brot o.ä. serviert, manchmal gibt es auch ein oder mehrere kleine Schälchen mit Aufstrichen: aufgeschlagene Salzbutter, Kräuterquark, Schmalz, ein Näpfchen mit Olivenöl oder dergleichen. Normalerweise mümmele ich das Brot entweder fast gleichgültig während des Tischgesprächs weg oder – wenn es bereits optisch und haptisch eher an Standardware erinnert – rühre ich es auch gar nicht erst an oder höre nach der ersten Scheibe damit auf, um mehr Platz für das folgende (meist bessere) Essen zu lassen.

Manchmal jedoch passiert es, dass die Unterhaltung plötzlich stockt, weil das Vorweggebäck alle Aufmerksamkeit abzieht, quasi die oben erwähnte Spontanekstase in Form bemerkenswerten Brotgenusses. Es kann ein besonders kerniges Brot sein, wunderbar duftend, unglaublich fluffig und dabei saftig, mit einer besonderen Gewürznote oder einfach eindeutig »selbstgebacken« schmecken. Dann ist das Körbchen ruckzuck leergefuttert und wird manchmal sogar nachbestellt. Oft frage ich das Personal auch, woher das Brot stammt und habe so schon etliche Male famose kulinarische Impulse bekommen oder neue Bezugsquellen entdeckt. So erfuhr ich bei meinem Besuch im Berliner Sternerestaurant »Reinstoff« (inzwischen leider geschlossen), dass das dortige Brot von der Hannoveraner Handwerksbäckerei »Broterbe Gaues« geliefert wurde, die kurz darauf mehrere Filialen in meiner Wohnstadt Hamburg eröffnete – seither bin ich regelmäßig Kunde dort (inzwischen heißt die Kette »Backgeschwister«, die Brote und ihre Qualität sind jedoch geblieben) und mein Lieblingsbrot ist das »Walnuss-Ciabatta«. Im Hamburger Restaurant »Die Bank« (inzwischen leider geschlossen) wurde vor dem Essen ein vortreffliches hausgebackenes dunkles Kaffee-Kardamom-Brot serviert, von dem ich netterweise einen Laib »to go« kaufen durfte und das ich auch schon einmal versucht habe, nachzubacken (ich kam recht dicht dran, aber das Original war besser). Es gab noch mehrere dieser unerwarteten Gaumenglücksmomente: in Berlin, in Prag – und im April 2022 in Hamburg im Restaurant »Kleine Brunnenstraße № 1«. Auch dort stellte der Kellner ein Körbchen hellen Brotes auf den Tisch – und schon beim ersten Biss war alle Achtsamkeit bei den Geschmacksknospen. Es war eine hausgebackene Foccacia, noch ofenwarm, außen mit einer rustikalen, aber dünnen Kruste, innen weich und feinporig, saftig und mit fantastischem Weizenaroma, gekrönt vom Geschmack frischer Rosmarinnadeln und zarter Salzflocken auf der Außenseite. Doch ihre bewährten und beliebten Rezepte rücken Restaurants ja leider selten heraus, und so fragte ich kurz danach in meiner Twitter-Bubble nach erprobten und geliebten Rezepten für Foccacia, denn so ein grandioses Backwerk wollte ich zu Hause auch mal zubereiten.

Die recht zahlreichen Antworten (siehe Thread zum obigen Tweet) lieferten viele gute Hinweise und Rezepte, zusätzlich ging ich auch noch einmal ins Netz und tauchte buchstäblich in den Focaccia-Kaninchenbau ein: Es gibt unzählige Rezepte und Rezeptvarianten, viele Berufs- und Hobbybäcker, Backfreaks und Foodblogger haben seitenweise Recherchen, Erkenntnisse, Tipps und Empfehlungen veröffentlicht. Es wurden Rezepturen renommierter Kochbuchautoren miteinander verglichen, eigene Verfeinerungen ausgearbeitet, es gibt gelingsichere und besonders schnelle Rezepte, welche, bei denen mehrere Mehlsorten gemischt werden oder solche, bei denen statt Hefe Sauerteig zum Einsatz kommt, was allerdings die Vorbereitungszeit auf mehr als einen Tag ausweitet, sofern man Muße, Lust und Zeit dafür hat.

Außer einigen Recherchen hatte ich jedoch seit April noch keinen eigenen Backversuch gestartet, teils war das Vorhaben aus dem Gedächtnis verdrängt, teils ergab sich keine passende Gelegenheit, denn ein solches Beilagenbrot braucht ja auch eine Grundlage, zu der es Beilage sein soll. Und wenn die heimische Menüplanung doch mal etwas Passendes enthielt, reichten entweder die verfügbare Zeit oder die verfügbaren Vorräte nicht, um noch »spontan« Focaccia zu backen. Doch dann hob Twitter das Thema wieder auf die Tagesordnung, mit einem Post von Frau @novemberregen, die nach Rezepten dafür fragte. Ich erinnerte mich an meine damaligen Twitter-Replys und reichte eine Rezeptempfehlung von @dammiLoh weiter.

Und plötzlich war die Lust am Nachbacken wieder erwacht, zumal für den gestrigen Abend eine Auswahl feiner Fischsalate vom Hamburger Isemarkt auf dem Speiseplan stand, wozu eine Focaccia die perfekte Beilage wäre. Also kaufte ich flugs ein und bereitete das empfohlene Rezept nahezu textgetreu zu (ich habe es hier ins Deutsche übersetzt und meine minimalen Änderungen integriert):

Alessandras Focaccia mit Rosmarin

Zutaten:
500 g Mehl (Type 405 oder 550)
1 Päckchen Trockenhefe
300 ml lauwarmes Wasser
50 g gutes Olivenöl + 6 EL für die Backform
10 g Zucker
10 g Salz
1–2 EL Rosmarinnadeln, vorzugsweise frisch (grob gehackt oder ganz)
1-2 TL Salzflocken

Zubereitung:
Direkt in der Rührschüssel die Hefe im lauwarmen Wasser auflösen. Dann Salz, Zucker, Olivenöl und Mehl hinzufügen. Nun den Teig bei mittlerer Geschwindigkeit (mit Küchenmaschine oder Handmixer) mit Knethaken etwa 8 Minuten lang kneten. Wenn der Teig mit der Hand geknetet wird, am besten noch etwas länger. Den Teig kneten, bis er homogen wird. Er bleibt ziemlich klebrig, aber das ist wohl beabsichtigt.

Dann den Teig direkt in der Rührschüssel abgedeckt (z.B. mit einer Topfhaube oder einem Geschirrtuch) etwa eineinhalb Stunden gehen lassen, bis er sein Volumen verdoppelt hat.

Eine hohe metallene Backform (ca. 34 x 24 cm) oder ein tiefes Backblech gut einfetten mit mindestens 6 EL Olivenöl. Den Teig aus der Schüssel in die geölte Form geben und mit den Fingern rechteckig flachdrücken, bis er den kompletten Boden der Form ausfüllt. Darauf achten, dass am Rand ein Teil des Öls vom Boden der Pfanne auf die Oberseite des Teigs gelangt. Das nach oben gelangte Öl zum Schluss auf der Teigoberfläche gleichmäßig verstreichen.

Den Teig erneut abdecken und weitere anderthalb Stunden ruhen lassen.

Jetzt ist der Teig aufgegangen und bereit zum Backen. Die Abdeckung von der Backform entfernen, mit den Fingern über die Fläche verteilt einige Vertiefungen hineindrücken und nach Belieben nochmals mit etwas Olivenöl besprenkeln. Zum Schluss gleichmäßig mit Rosmarinnadeln und Salzflocken bestreuen.

Im vorgeheizten Backofen (220 °C Ober-/Unterhitze oder 200 °C Umluft) etwa 14 Minuten backen (oder bis die Focaccia auf der Oberfläche goldbraun ist).

Fürs erste Mal war das Ergebnis ziemlich gut gelungen. Der Gier halber wurde das Gebäck noch warm in schmale, abbeißbare Streifen geschnitten und zum Fischsalatbuffet gereicht, wozu es hervorragend passte. Dennoch würde ich beim nächsten Mal (dieselbe Rezeptgrundlage vorausgesetzt) ein paar Details variieren.

Dadurch, dass die Facaccia in der Backform gebacken wurde, war sie zwar auf der Oberseite wunderbar knusprig, aber die Unterseite war für meinen Geschmack ein bisschen zu weich geblieben. Ich würde sie also entweder nächstes Mal am Ende der Backzeit aus der Form nehmen, im noch heißen, aber schon ausgeschalteten Ofen auf Backpapier noch 5 Minuten weiterknuspern lassen und schauen, ob dies das Ergebnis verbessert. Alternativ könnte ich auch nach Backvarianten suchen, bei denen die Focaccia ohne Form frei auf einem Pizzastein oder auf einem Blech (mit Backpapier?) gebacken wird, was vermutlich einen weniger üppigen Einsatz des Olivenöls mit sich brächte, aber dafür sorgen könnte, dass sie rundum etwas krosser würde.

Zweitens war mir der Teig mit der gewählten Mehlsorte »Kuchenmehl« (Typ 405 der im Supermarkt gekauften Marke »Diamant«) ein wenig zu fein und zu kultiviert, ich vermisste die rustikale, erdige Robustheit bei Teig und Kruste der im Restaurant genossenen Vorlage. Bei einem erneuten Versuch würde ich daher wohl den etwas kräftigeren Weizenmehltyp 550 ausprobieren und zudem ein wirklich gutes Biomehl oder sogar eins von einem Hofladen oder einer Handwerksmühle besorgen, denn auch der spürbare Weizen-/ Getreidegeschmack war im Debütgebäck noch lange nicht so intensiv wie in meiner Erinnerung.

Ansonsten ein tolles, schnell durchführbares und gutes Rezept, auf dem sich aufbauen lässt. Meinen ersten Versuch habe ich zunächst bewusst – außer Flockensalz und Rosmarin – nicht mit weiteren Belägen wie Tomaten, Zwiebeln usw. zubereitet, um die Teigbeschaffenheit und das Grundaroma möglichst »pur« bewerten zu können. Sowie das einmal perfektioniert ist, kann ich mir aber durchaus auch üppiger belegte Varianten vorstellen. Oder ich springe nochmal ins »Rabbit Hole« und probiere weitere Rezeptversionen aus.

Es war jedenfalls nicht mein letzter Versuch.