Kategorie: Von der Tageskarte

Kaum passiert, schon gebloggt

Aluminimum

Als ich gestern in der Mittagspause in einem Bistro einen ausliegenden STERN durchblätterte, las ich dort eine Information – so sie denn korrekt berechnet ist –, die mich entsetzte. Online fand ich nur einen Link zu identischen Mengenangaben auf der Website des Magazins capital, und so gab ich die Information mit dieser Quellennotiz als den obenstehenden Tweet weiter. Und offensichtlich überraschte die Rechnung noch weitere, denn binnen 24 Stunden wurde sie über 100× retweetet und lebhaft diskutiert. Einige (z.B. @matthiasjax) brachten ein, es würde ja auch eine Menge dieses Abfalls recycled, die Schätzungen lagen zwischen 20 und 80%. Auch das Argument, in Privathaushalten würde viel mehr Energie durch Elektrogeräte im Standby-Betrieb verschwendet als für die Aluminiumkapselproduktion, kam zur Sprache.

Ich möchte keiner dieser Entgegnungen widersprechen. Ich habe auch bewusst die Kapselfirma nicht benannt. Und ich bin selbst beileibe kein Umweltschutzheld. Ich wollte mit dieser Information niemanden anprangern. Sondern nur zum Nachdenken anregen, weil ich das Gefühl habe, das könnten wir alle viel öfter tun.

Aluminium ist zwar das dritthäufigste Element der Erdkruste, liegt aber nie in reiner Form vor. Bauxit, das wichtigste Erz zur Aluminiumherstellung, wird unter immensem Landschaftsverbrauch sowie mannigfachen negativen Umweltwirkungen (u. a. schwermetallhaltiger Rotschlamm, Fluoride) abgebaut und mit großem Energieaufwand über die Zwischenstufen Bauxit, Tonerde, kalzinierte Tonerde und Alugussbarren zu Aluminium verarbeitet. (…) Der Einsatz von (…) Aluminium ist daher nur für langlebige Gebrauchsgüter, die von den typischen Eigenschaften dieses Materials profitieren, empfehlenswert.

(Quelle: »Auch das Äußere zählt«, Infobroschüre der Berliner Stadtreinigungsbetriebe BSR, Mai 2008)

Rund 1,13 Gramm Aluminium fallen pro Kapsel laut Naturschutzbund (Nabu) an (Quelle: ZEIT Online), eine Kapsel enthält 5 Gramm gemahlenen Kaffee. Pro Kilo Kaffee ergibt das einen Aluminiumbedarf von 226 Gramm. Ein halbes Pfund Aluminium, das mit Gütertransporten unterwegs ist und entsprechend mehr Transportenergie benötigt, eine Verpackung, die mehr Volumen beansprucht als dieselbe Menge gemahlener Kaffee in einer einzelnen (Vakuum-)Verpackung. Und selbst wenn im Idealfall 80% der 6.000 Tonnen Aluminium recycled würden, wanderten immer noch 1.200 Tonnen davon in den Müll.

Das Argument mit dem viel höheren Energieverbrauch der heimischen Standby-Geräte stimmt, selbstverständlich, aber es taugt nicht zur Gegenüberstellung. Natürlich wird dort eine Unmenge Energie verschwendet, aber eben zusätzlich. Ein bisschen erinnert mich der Einwand an die Online-Dispute nach dem Tode Steve Jobs’ à la »Wie kann man über den Tod eines Menschen so trauern, während überall Tausende Menschen weltweit verhungern.« Es geht nicht um entweder/oder, sondern um sowohl/als auch.

Ja, ich besitze ein Auto. Aber weil ich alleine in einer großen Stadt lebe und es nur mäßig nutze, ist es ein leichter, kompakter Kleinwagen, der kaum mehr als 5–6 l Benzin verbraucht. Im Sommer fahre ich, so oft es geht, mit dem Fahrrad. Ich bin begeisterter Nutzer des papierlosen Handyticket-Dienstes für den ÖPNV in Hamburg. Für Strecken über 50 km mit normalem Gepäck nutze ich fast ausschließlich die Bahn. Ja, ich trinke argentinische Weine, (Bohnen-)kaffee aus Mexiko und kaufe frische Ananas. Aber ich muss nicht im September Spargel essen oder Erdbeeren im Dezember. Ich sammle Altglas und Altpapier, aber manchmal fliege ich für eine Woche in den Urlaub. Ich brühe meinen Kaffee mit der quasi müllfreien French Press oder dem Espressokocher, besitze aber ein Smartphone, das fast jeden Tag aufgeladen werden will. Im Wohnzimmer leuchtet gemütlich ein (dauerhaft gedimmter) Deckenfluter, dafür sind in der Küche und im Schlafzimmer Energiesparlampen eingeschraubt. Meine Wasserhähne mit häufig genutztem fließendem Wasser sind mit einem Sparventil versehen, trotzdem nehme ich im Winter gern einmal ein heißes Wannenbad. Mein Radiowecker ist 28 Jahre alt, mein zeitloser schwarzer Kleiderschrank und mein schlichtes Wohnzimmerregal fast ebenso; letztes Jahr habe ich mir zum dritten Mal ein MacBook gekauft.

Was ich damit sagen will, ist: ich halte Widersprüchlichkeit nicht für einen Frevel, solange sie von Nachdenken durchsetzt ist. Blinde Bequemlichkeit oder sogar eine »Mir-doch-egal«-Haltung hingegen stoßen mich ab. Ich zumindest möchte nachdenken, mein Umweltverhalten verbessern, und auch gern auf einiges – aber eben nicht auf alles – verzichten. Grabenkriege bringen uns nicht weiter.

Never

Oh, Mann … ich will und sollte mal wieder so was von bloggen, aber im Moment durchwehen meinen Alltag zu viele To-Dos. Bis das vorüber ist, poste ich dann eben erstmal – hoffentlich interessanten – Drittcontent. Heute z.B. einen brandneuen Track einer meiner Lieblingsbands, Orbital. Das neue Album erscheint voraussichtlich im April 2012, begleitet von einer Tour durch Großbritannien.
Ein besonderes Bonbon zum Überbrücken der Wartezeit: der Track steht auf der offiziellen Website der Band als Gratis-mp3 zum Download bereit. Enjoy!

Lafer, Lichter, Schuhbeck, …

… ich komme! Nachdem ich vor einigen Monaten (via Twitter, natürlich) die famose Zufallskochrezeptseite scheissewaskocheichheute.de (Edit: inzwischen offline) entdeckt und dort eins meiner selbstkomponierten Lieblingsrezepte hochgeladen hatte, fragte mich im August Anna aus dem Projektteam, ob ich etwas dagegen hätte, wenn mein Rezept als eins von 55 in das bald erscheinende Kochbuch zur Website aufgenommen würde. Hatte ich nicht.

Geld gab es zwar keines, aber natürlich Ruhm und umgehende Aufnahme in den Olymp der Küchengötter. Und heute kamen die Belegexemplare, das heißt: das Buch ist im Handel. In einer auf 999 Exemplare limitierten Auflage ist es ab sofort hier zu bestellen. Internetseiten kann man schließlich nicht verschenken – damit hat das Werk doch auf jeden Fall schon mal eine hinreichende Existenzberechtigung. Und ich freue mich natürlich gleichermaßen doll, falls jemand das Rezept mal ausprobieren mag, ganz egal, ob aus dem Netz oder von der Buchseite. Guten Appetit!

Und hier noch der Link zur englischsprachigen Vorreiterwebsite: whatthefuckshouldimakefordinner.com

Scheissewaskocheichheute
Foto: © formschub

Bücherfragebogen [♂] – 16


16 Das 9. Buch in deinem Regal von rechts
Wie schon bei der ähnlich formulierten Frage 15 nehme ich mir die Freiheit, das Regal für diese Positionsangabe selbst auszuwählen – und finde an der angegebenen Position … ein Taschenbuch: »Geschnitten oder am Stück?« von Elke Heidenreich, damals alias Else Stratmann, aus dem Jahr 1986.

Elke Heidenreich erschuf die Kunstfigur und von ihr selbst verkörperte Rolle der »Metzgersgattin aus Wanne-Eickel« 1975, zunächst fürs Radio. Bei den Sendern WDR 2 und SWF 3, später auch im Fernsehen, zog sie in herrlich schnoddrigen Monologen über das Tagesgeschehen, Politik, Promis und gekrönte Häupter her. 1987 machte Elke Heidenreich »Schluss« mit Else Stratmann und wandte sich anderen literarischen Themen zu.

Der Rowohlt-Verlag veröffentlichte ab 1984 insgesamt vier Taschenbücher mit den gesammelten Kolumnen der Ruhrpottikone: »Darf’s ein bißchen mehr sein? – Else Stratmann wiegt ab«, »Geschnitten oder am Stück? – Neues von Else Stratmann« (s.o.), »Mit oder ohne Knochen? – Das Letzte von Else Stratmann« und »Datt kann donnich gesund sein – Else Stratmann über Sport, Olympia und Dingens …«. Bei mir im Bücherregal stehen sie alle in den Erstauflagen aus den Achtzigern, und eins davon als neuntes von rechts …

Für alle, die Else Stratmann nicht kennen: Der YouTube-User vinterhjerte hat ein rundes Dutzend Audioclips von und mit Else Stratmann/Elke Heidenreich hochgeladen, und auf der Website des Rowohlt-Verlages wird die eine oder andere Leseprobe im PDF-Format aus den nach wie vor erhältlichen Buchbänden angeboten.
Weil Elke Heidenreich keine neuen Texte ihres damaligen Alter Ego mehr nachschiebt, tröste ich mich inzwischen durchaus angemessen mit der Lektüre des famosen Blogs ihrer Dialektgenossin Ingeborch Schubiak, die sich beim WAZ-Webportal Der Westen ihre Weltsicht von der Seele schreibt (Update: das Blog ist leider mittlerweile offline oder hinter einer Paywall, aber bei den Ruhrbaronen kann man Frau Ingeborch noch lesen). Vielleicht gibt’s das ja auch irgendwann mal in Buchform …

Der komplette Fragebogen im Überblick.

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