Kategorie: Von der Tageskarte

Kaum passiert, schon gebloggt

Rückweh

Es waren zwei wunderbare Tage in Freiburg. Ich hatte nur leichtes Gepäck mitgenommen. Zum einen aufgrund der Kürze der Reise, zum anderen war erstmals dieses Jahr stabiles Sommerwetter vorhergesagt, so dass Jacke und Schirm daheim bleiben konnten.

Die Vorhersage bewahrheitete sich, von einem heftigen Schauer abgesehen, der jedoch im Nachhinein wie ein frecher Streich erschien, ähnlich einer vorwitzigen Windböe, die hitzeträgen Sommergästen unvermittelt die Hüte vom Kopf reißt.
Wann immer möglich, verbringen ich und meine Begleitung Kurzurlaube nicht in Hotels, sondern in Ferienhäusern oder Ferienwohnungen. Das ist nicht nur preiswerter, sondern bietet auch den Luxus ungetakteter Tagesabläufe. Kein Frühstücksbuffet, das bereits zur Lieblingsaufwachzeit wieder abgeräumt wird, keine Geräuschkontamination aus nachbarlichen Zimmern, mehr Privatsphäre, mehr Freiheit.

Je schöner jedoch der Zielort und die bezogene Unterkunft, desto schmerzlicher ist – auch oder gerade bei Kurzreisen – die Pein der unvermeidlichen Wiederabreise. Doch diesmal hatten wir dem etwas Besonderes entgegenzusetzen. Nach dem Frühstück packten wir wie gewohnt unsere Koffer, nur ein paar persönliche Dinge für unterwegs, wie etwas zu Lesen, blieben unverstaut. Der Vermieter hatte uns die notwendigen Handgriffe zum Einschalten der Vorrichtung gezeigt, als wir eingezogen waren und den Heimatort bereits programmiert. Um zehn sollten wir aufbrechen, so war es vereinbart. Die Wohnung lag im obersten Stockwerk, die Sicht von der großen Dachterrasse auf das gegenüberliegende Schwarzwaldpanorama war atemberaubend. Schwalben zogen ihre Kreise über dem Haus, kreischend wie Teeniegirls in der Achterbahn. Die Luft war noch kühl.

Ich ging zum Sicherungskasten im Flur neben der Tür. Der große rote Hebel unterhalb der üblichen Schalterreihen sah aus wie die Notbremse in einem Zug, daneben auf dem schwach beleuchteten Display stand in kantigen Buchstaben „HAMBURG“. Ich zog den Hebel nach unten und wartete. Nach zwei Sekunden spürte ich einen leichten Ruck, als ob in der Wohnung unter mir jemand mit Wucht, aber geräuschlos, eine Tür zugeknallt hätte. Mehr nicht. Der Flur war fensterlos. Ich blickte ins angrenzende Wohnzimmer in Richtung Terrasse. Langsam, ganz langsam begann der Berg jenseits des Geländers nach links zu driften. Ich hörte, wie das Geschirr in der Küche leise im Schrank klirrte, als sich das Haus in Bewegung setzte. Es funktionierte.

Als ich auf die Terrasse trat, spürte ich den leichten Fahrtwind. Ich sah hinunter auf den Bürgersteig vor dem Haus, der wie ein träger grauer Fluss an der Fassade entlangzufließen schien. Auf der anderen Straßenseite standen Spaziergänger, die ihr Flanieren unterbrochen hatten und zu uns nach oben sahen. Sie lachten und winkten. Ein Kind zeigte herauf, ein Hund bellte, ich winkte zurück.

Nach einer Weile nahm ich an dem Gartentisch Platz, der im Schatten des Terrassendachs stand und nahm mein Buch zur Hand. An das leise Vibrieren unter den Füßen und den stetigen leichten Wind hatte ich mich schnell gewöhnt. Etwa zehn Stunden sollte die Rückreise dauern, sicher würde ich später noch einmal ans Geländer treten und herunterschauen zu den Orten und Menschen, an denen wir vorbeizogen.

Zum ersten Mal bei einer Abreise nahm ich die Ferne mit nach Hause.

Reisendes Haus
Foto und Montage: © formschub

RGB

Schon als die ersten Bilder dieses Werbespots auf meinem Fernsehbildschirm erschienen, musste ich hinschauen. Der grüne Himmel, die leuchtenden Komplementärkontraste, die spannende Bildkomposition und die wie ein Turbinenchor summende Tonspur saugen Auge und Ohr förmlich ins Geschehen. Doch wofür wird hier geworben? Ein Kinofilm? Eine Videokamera? Ein Parfum?

In einem Stil zwischen »Matrix« und Wackelkamera rauschen surreal anmutende Bilder einer eigentümlich menschenleeren Stadt in den drei Farben Rot, Grün und Blau, mit einem an chromatische Aberration erinnernden Spektraleffekt verfremdet, am Betrachter vorbei. Es gibt keinen gesprochenen Text, keine wohlformulierten Werbesprüche, nur die Worte SPORT, NORMAL und ECON werden eingeblendet. Nun wird klar: es geht um ein Auto – um den neuen Honda CR-Z Sport Hybrid, dessen drei Fahrmodi mit den verschiedenfarbigen Szenen vorgestellt werden. Zum Schluss folgen noch Logo, Claim und URL. Das war’s. Für mich der innovativste und eigenständigste Autowerbespot seit langem, reduziert auf das absolut Wesentliche, super gefilmt und exzellent vertont.

Verantwortlich für die Kreation des Spots ist die Londoner Agentur Wieden+Kennedy (W+K), die vor kurzem anlässlich der Fußball-WM bereits mit dem Nike-Spot »Write Future« kreative Maßstäbe setzte. Und nun erneut, wie ich finde.

Teilchen-Tie

Was hat die Kollision subatomarer Teilchen, wie sie in einer Blasenkammer sichtbar wird, mit einer Krawatte zu tun? Auf den ersten Blick nichts. Doch als ich die seltsam wirbelnden Muster betrachtete, die bei solchen physikalischen High-Tech-Experimenten entstehen, fand ich, sie hätten durchaus das Zeug zu einem ebenso stylischen wie originellen Krawattendekor.

Da traf es sich gut, dass ich gerade nach einem persönlichen Geschenk für einen lieben Menschen suchte, der naturwissenschaftlichen Themen zugetan ist. Umgesetzt hat den wertigen Siebdruck mit silbergrauer Stofffarbe auf einer handelsüblichen dunkelblauen Seidenkrawatte das Hamburger Stoffdruckatelier Frohstoff, das ich hiermit gerne weiterempfehle.

Eine schöne und wertige Alternative zum herkömmlichen Copyshop-Stoffdruck, etwas teurer zwar, doch ich bin vom Ergebnis begeistert.

Teilchenkrawatte

Leider sind derart gemusterte Krawatten – weder mit klassischen, sich wiederholenden Mustern noch mit albernen gegenständlichen Motiven – in normalen Läden kaum zu finden. Dabei hielte die Natur noch so viele famose Krawattenmuster bereit: Zweige zum Beispiel, oder auch Gräser. Ich würde sagen, hier steckt Trendpotenzial!

Seenswürdig

Ich klicke ja wirklich nicht oft auf Werbebanner. Aber heute gab es mal eine Ausnahme. Schuld war ein auffälliges Logobanner, das mich nach dem Klick auf die offizielle Website zur Tourismusförderung des Gardasees führte. Denn abgesehen davon, dass ich der Kultur und Küche Italiens auch als Hobbykoch und Urlauber zugeneigt bin, gefiel mir spontan die bunte prominente Wortmarke und ich hoffte, auf der verlinkten Website etwas mehr über ihren Ursprung in Erfahrung bringen zu können.

Doch leider – Fehlanzeige. Zwar gibt es eine PDF-Broschüre, in deren Impressum spartanisch eine Agentur namens Plus+ genannt wird, aber allein, um deren Internetauftritt ausfindig zu machen, musste ich noch einige Googlerunden drehen. Vergebens – auch im dortigen Portfolio wird das Logo als Refenz nicht erwähnt. Schade.

Mich erinnert das grafische Konzept ein bisschen an das kürzlich vorgestellte Rebranding des Vogelparks Walsrode zum Weltvogelpark, aber ich würde nicht so weit gehen, zwischen den beiden Logos ein Plagiat zu konstatieren. Eine schöne Kreation, die Lust auf Urlaub und neugierig auf die darin abstrakt dargestellten Kulturschätze macht. Und das ist ja der Sinn der Sache.

Visitgarda Logo

Pöm*

Gestern abend hat mich ein Aufruf der famosen @uteweber, Sommergedichte zu twittern, zu einem Beitrag inspiriert, den ich – zunächst in drei einzelnen Strophen – in meine Timeline eingespeist habe. Mir gefiel die Idee dahinter so gut, dass ich meine kleine Ode noch einmal etwas überarbeitet und um eine weitere Strophe ergänzt habe. Hier nun die »reloaded«-Fassung:

Komm, es ist Sommer!
Lass uns Luft matratzen,
Sonnen brillen, Bade latschen.
Will mit Dir Hänge matten.
Denn es ist Sommer.

Spürst Du den Sommer?
Mir ist nach Bagger seen,
Korn blumen, Eis dielen.
Jetzt muss man Sand burgen.
Ich mag den Sommer.

Das ist der Sommer:
Alle woll’n Grill kohlen,
Schwimm reifen, Liege wiesen.
Könnt‘ ich nicht Bier garten,
dann wär’s kein Sommer.

Was für ein Sommer!
Wir konnten Arsch bomben,
Freund schaften, Wellen rauschen,
tagelang Strand laken.
Das war der Sommer.

* #pöm (»poem«) – der Hashtag für die getwitterten Beiträge.
Dank an @Klabauterzwerg für die Inspiration zur »Arschbombe«!

Sommer
Foto: Sonnenuntergang auf Bornholm | © formschub

Genussreise nach Regensburg

Bei fast durchgehend herrlichstem Frühsommerwetter (siehe Foto beim gestrigen Eintrag) verbrachte ich ich in angenehmster Begleitung – nicht zum ersten Mal – die Pfingsttage in Regensburg.

Und dort ließen wir es uns richtig gut gehen: Im gemütlichen, von Kastanien-, Ahorn- und Lindenbäumen beschatteten Innenhof des Biergartens Goldene Ente (Update: inzwischen »D’Oma in da Antn«) schäumte köstliches Weltenburger Bier aus Deutschlands ältester Klosterbrauerei (seit 1050) im Halbliterkrug, beim rustikalen, seit 1135 bestehenden Historischen Wurstkuchl war ein »Kipferl« mit frisch gegrillten Würstln im Brötchen ein Muss und bei der hervorragenden Gelateria Venezia (Glockengasse 1) warteten 30 famose Eissorten darauf, verkostet zu werden.

Am Abend gaben wir Bewährtem (siehe hier und hier) den Vorzug: die Restaurants Gänsbauer (etwas edler) und Roter Hahn (unschlagbares Preis-Leistungs-Verhältnis) – letzteres gleich an drei Abenden – verwöhnten uns auf gewohnt hohem Niveau mit ihren raffinierten Küchenkreationen. Ich denke, unser Dinnerprotokoll der vier Abende spricht da für sich:

Roter Hahn

  • Spargelcremesuppe
  • Schwertfischfilet in Aromaten gebraten mit Mango-Korianderkompott auf grünem Spargel und Zitronen-Kartoffelpüree
  • Selleriecremesuppe mit Tempuragemüsespieß (siehe Foto)
  • Schweinefilet im Parmamantel auf Kartoffel- Rosenkohlgröstl und Pinienkernen (siehe Foto)
  • Carpacchio von Pulpo und Garnelen mit Chillimayonaise und Ruccolasalat
  • Filet vom Zackenbarsch gratiniert mit Spinat auf Muschel- Tomatenpasta
  • Cappuccino von braunen Champignons mit Tandorispieß
  • Hirschrücken mit Wacholderjus auf gebratenen Pilzen dazu Haselnussknödel
  • Rinderfilet unter der Bergkäsekruste auf zweierlei Bohnengemüse und Kartoffelgratin

Gänsbauer

  • Variation von Spinat und Rote Beete mit Jakobsmuschelragout
  • Gebratene Poulardenbrust auf Waldpilzrahm an Püreeduett von Erbsen und Karotten
  • Karree vom Lamm mit Rosmarinsoße und karamellisiertem Chicoree, dazu Kartoffelstroh

So, und jetzt muss ich erstmal dringend ein paar Kilometer mit dem Fahrrad umherfahren, bevor ich wieder irgendwas esse.

Selleriesuppe

Schweinefilet
Fotos: © formschub